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Für die Kühe von Morgen

Katharina und Nils Postma leiten den Milchviehbetrieb der Postma GbR in Lambrechtshagen bei Rostock.

Auf den Punkt

  • Familie Postma achtet sehr auf die Gesundheit ihrer Kälber und die Aufzucht ihrer Jungtiere.
  • Zum Management gehört auch eine transparente Kommunikation mit Mitarbeitern.
  • Für die Kälbergesundheit ist auf dem Betrieb bereits die Trockensteherfütterung entscheidend.

Die Iglus reihen sich im Windschatten der Ställe aneinander. Sie sind von 1 bis 54 durchnummeriert. Auch auf den Nuckeleimern sind Markierungen auf den ersten Blick erkennbar. „Mit den Strichen auf den Eimern machen wir deutlich, wie viel Kolostrum das jeweilige Kalb bereits aufgenommen hat“, erklärt Katharina Postma. „So ist es auch für Mitarbeiter sofort ersichtlich, wie sich ein Kalb entwickelt.“

Die Landwirtin leitet das Herdenmanagement auf dem Betrieb Postma in Lambrechtshagen bei Rostock in Mecklenburg-Vorpommern, den ihr Mann Nils Postma leitet. Das Ehepaar hält 1.080 Tiere, davon 500 melkende Kühe und 580 Tiere als weibliche Nachzucht. Besonders sorgfältig schaut Familie Postma auf die Kälbergesundheit. „Nur aus gesunden Kälbern können leistungsstarke und langlebige Milchkühe heranwachsen“, sagt Katharina Postma.

Neugeborene Kälber erhalten innerhalb der ersten zwei Lebensstunden die Erstversorgung mit Kolostrum.

Vor der Geburt beachten

Auf dem Betrieb der Familie Postma beginnt die Kälbergesundheit bereits mit dem Trockenstellen. „Wir haben ein besonderes Auge auf die trockengestellten Kühe. Sie erhalten beim Einstallen in die Trockensteherbox eine Klauenpflege und die Mutterschutzimpfung“, erklärt die studierte Landwirtin. Die Trockenstehbox auf Tiefstreu bietet den Tieren ein optimales Tier-Fressplatz- und Tier-Liegeplatz-Verhältnis. „Kurz vor der Kalbung messen wir wöchentlich den Urin-pH-Wert der Kühe, um die Fütterung optimal auf sie einzustellen“, erklärt sie.

Um alle Mitarbeiter auf dem aktuellen Stand zu halten, werden alle tierbezogenen Daten eines neugeborenen Kalbs in einer hofinternen WhatsApp-Gruppe notiert. „Wir arbeiten mit Mitarbeitern und auch Aushilfen zusammen“, sagt Katharina Postma. „Da ist es wichtig, dass alle Daten, besonders die der neugeborenen und anfälligen Kälber, für alle Mitarbeiter leicht einzusehen sind.“

Die Anzahl der Kolostrummahlzeiten hält Familie Postma mit Strichen auf den Tränkeeimern fest. 

Brix-Wert entscheidend

Das neugeborene Kalb erhält in der Abkalbebox innerhalb der ersten zwei Lebensstunden die Erstversorgung mit Kolostrum.

„Die Jungtiere bekommen hier 4 l geprüfte und mit Eisen angereicherte Biestmilch aus unserer Kolostrumbank“, sagt Katharina Postma. „Bei der Biestmilch achten wir vor allem auf den Brix-Wert und damit auf einen hohen Antikörpergehalt.“

Vor einigen Jahren ging Familie Postma dazu über, bei jeder Kuh die Kolostrumqualität zu prüfen und die Daten dazu zu notieren. „So haben wir einen Überblick, wie viel Kolostrum wir in welcher Qualität zur Verfügung haben. Die Biestmilch frieren wir dann mit einem Eisenzusatz in Coloquick-Beuteln ein und tauen sie zeitnah nach der Geburt eines Kalbs auf“, sagt sie.

Die weiblichen Kälber erhalten nur Biestmilch mit einem Brix-Wert von über 24. „Die männlichen Kälber erhalten, wenn das hochwertige Kolostrum nicht verfügbar ist, eher das mindere Kolostrum“, erklärt die Milchviehhalterin.

Mit dem Fokus auf die Biestmilchqualität konnte Familie Postma auch Rückschlüsse auf die Fütterung während der Trockenstehphase ziehen. „Dank der gesammelten Daten können wir ganz genau sehen, wenn wir zwar viel Kolostrum, aber in minderer Qualität oder sehr wenig Kolostrum zur Verfügung haben. In solchen Phasen haben wir uns dann auf die Suche nach der Ursache begeben. Häufig liegt dieses Problem in der Fütterung der Trockensteher“, beschreibt die Landwirtin.

So konnten sie einen betriebsspezifischen, kritischen Proteingehalt von 14 Prozent in der Trockensteherration ausmachen, ab dem die Qualität des Kolostrums bei den frischabgekalbten Kühen nachlässt. „Das hätten wir ohne das Sammeln und Auswerten dieser Daten nicht herausfinden können“, ist Katharina Postma überzeugt. „Das ist ein wichtiger Grenzwert, der bei uns auf dem Betrieb die Kälbergesundheit entscheidend beeinflusst.“

Katharina Postma (l.) und ihre Kollegin Lisa Uster leiten das Herdenmanagement der Postma GbR.

Kolostrummahlzeiten notieren

Nach der Erstversorgung wird das neugeborene Jungtier in ein gereinigtes und desinfiziertes Iglu eingestallt. Hier erhält es sechs weitere Mahlzeiten mit Kolostrum. „Nach den sechs Mahlzeiten stellen wir die Kälber auf eine Ad-libitum-Vollmilchtränke um“, erklärt Katharina Postma, „aber auch schon vorher versuchen wir, die Menge des Kolostrums je Mahlzeit nicht zu stark zu begrenzen. Die Kälber erhalten auch hier mindestens 4 l pro Tränkeeinheit.“ Die Vollmilchtränke wertet Familie Postma auf 16 Prozent Trockenmasse auf. Zudem vertränken sie Milchaustauscher, den sie mit 160 g/l anmischen.

Nach der zweiwöchigen Igluphase kommen immer fünf Kälber in eine Strohbox. „Wir achten darauf, dass diese Gruppen möglichst homogen sind“, sagt Katharina Postma. „Dafür erfassen wir nach dem Ausstallen aus dem Iglu das Gewicht der Kälber.“ In den Gruppenbuchten erhalten die Kälber nach einem festen Tränkeplan Vollmilch ad libitum.

Auf den Tränkeplänen sind alle Details zu einer Tiergruppe notiert.

Tränken nach Plan

„Auf dem Tränkeplan, der an jeder Gruppenbucht hängt, notieren wir außerdem die Tiernummern, das Einstallungsgewicht, das Datum der Impfung und gegebenenfalls Erkrankungen. So hat jeder Mitarbeiter sofort einen Überblick über den Status einer Kälbergruppe“, erklärt die Milchviehhalterin.

Die Kälber bleiben bis zum Abtränken in den Gruppenbuchten auf Stroh. Sie erhalten hier noch weitere drei Wochen Vollmilch ad libitum mit Milchaustauscher aus einer Milkbar. „Anschließend erfolgt das Abtränken, ebenfalls nach einem genauen Plan. Auch dieser wird je Gruppe notiert“, erklärt sie. „So kann jeder, der die Kälber füttert, genau sehen, welche Menge die Gruppe bekommen muss.“

Nach dem Absetzen von der Milch kommen die Kälber in den Jungviehstall, wo sie in größeren Gruppen auf mit Gummimatten ausgelegten Spalten gehalten werden. „Vor dem Umstallen erfassen wir noch einmal das Gewicht einer Gruppe“, sagt die Landwirtin. „So haben wir einen guten Überblick über die Entwicklung und die Zunahmen während der Tränkephase.“

Dank dieser Daten konnte Familie Postma auch Defizite in der Kälberfütterung aufdecken. „Wir konnten vor einiger Zeit erkennen, dass sich die Kälber nicht ganz optimal entwickelten. Gemeinsam mit einer Futtermittelberatung begaben wir uns auf die Suche und stellten fest, dass das Kraftfutter der Kälber besser an ihr Wachstum angepasst werden musste. Seitdem wir ein neues Futter einsetzen, entwickeln sich die Jungtiere während der Tränkephase gut“, sagt die Landwirtin. Die durchschnittlichen Zunahmen der Kälber liegen zwischen 900 und 950 g je Tier und Tag.

Der Milchviehstall wurde im Jahr 2008 auf dem Betriebsgelände errichtet. 

Nah an der Wissenschaft

In der Kälberaufzucht arbeitet Familie Postma häufig mit Aushilfen und Werksstudenten zusammen. „Unser Betrieb liegt sehr nah an der Universität Rostock, sodass wir häufig Praktikanten, Werksstudenten oder auch Bachelor- oder Masterabsolventen auf unserem Betrieb beschäftigen“, sagt Katharina Postma.

Sie schätzt vor allem die Nähe zur Wissenschaft, die durch diese Zusammenarbeit entsteht. „Gleichzeitig müssen wir aber auch auf eine transparente Kommunikation zwischen uns und unseren Mitarbeitern achten – besonders weil wir häufig mit Aushilfen oder Teilzeitkräften zusammenarbeiten.“

Dafür setzen die Milchviehhalter auf die betriebsinterne WhatsApp-Gruppe und auf klare Pläne. „Wir haben nicht nur in unserem Büro einen Plan hängen, sondern auch auf dem Hof an allen relevanten Stellen, zum Beispiel in der Futterküche oder an den Kälberbuchten“, beschriebt sie.

Mithilfe der Werksstudenten bewarb sich der Betrieb 2019 beim Tiergesundheitspreis des Pharmaunternehmens MSD. „Die Bewerbung war eine Teamarbeit unserer damaligen studentischen Aushilfen“, sagt Katharina Postma. „Für unsere Kälberhaltung und -aufzucht erhielten wir den fünften Platz.“

Gezielt behandeln

Die Kälberbehandlungen führt der Betrieb in Absprache mit dem Hoftierarzt selbst durch. „Wir haben früher die Kälber gegen Flechte geimpft, weil wir immer mal wieder einen Ausbruch hatten. Dieses Problem haben wir damit gut in den Griff bekommen“, sagt die Landwirtin. Außerdem impft sie die Jungtiere gegen das Bovine Respiratorisches Syncytialvirus (BRSV). „Durch die Abtränkphase kommen die Kälber in der Regel noch gut durch, aber im Jungviehstall nach dem Absetzen gibt es ab und zu noch gesundheitliche Einbrüche.“ Das sei auch auf die nicht optimalen Bedingungen im Jungviehstall zurückzuführen.

„Die Kälber kommen hier direkt auf mit Gummimatten ausgelegten Vollspaltenboden. Das ist für manche Tiere ein harter Übergang. Daher versuchen wir, in den ersten Lebenswochen eine gute gesundheitliche Basis zu schaffen, damit alle Kälber möglichst robust abgesetzt werden können“, erklärt sie.

Im Jungviehstall erhalten die weiblichen Tiere einmal täglich die Ration, die sie bereits in den Kälberbuchten erhalten. „Eine Umstellung wollen wir für die Tiere hier vermeiden“, sagt Katharina Postma. Die älteren weiblichen Tiere bekommen auf der anderen Seite des Stalls die Ration der Trockensteher.

Zur Herde gehören 580 Milchkühe. Zudem hält Familie Postma 500 Stück weibliche Nachzucht. 

Pünktlich besamen

Die Besamungsanwärterinnen werden mit einem Heat-Time-Halsband ausgestattet. „So bekommen wir von den Tieren bereits frühzeitig eine Aktivitätskurve, um den Erstbesamungszeitpunkt möglichst optimal zu treffen“, sagt die Landwirtin. Die Färsen erreichen ein Erstkalbealter von 23 bis 24 Monaten. Dank des genauen Erfassens der Daten rund um die Geburt und während der Aufzucht konnten wir besonders die Kälbergesundheit deutlich verbessern“, fasst Katharina Postma zusammen. Dank dieses Managments legt sie damit den Grundstein für leistungsstarke Milchkühe. ●

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