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Die Folgen der Pandemie

Emre Gurdal leitet den Milchviehbetrieb in der Provinz Aydin in der türkischen Ägäisregion zusammen mit seinem Vater Arif.

Auf den Punkt

  • Die Corona-Pandemie wirkt sich stark auf die türkische Währung aus.
  • Dies hat wiederum gestiegene Betriebskosten für die Landwirte zur Folge.
  • Milchviehhalter wie Emre Gurdal müssen Investitionen und Sanierungen genau durchrechnen.

Eine der aktuell größten Herausforderungen für türkische Milchbauern ist die schwankende Währung im Land, die die Inputkosten in die Höhe und einige Betriebe in den Bankrott getrieben hat. Die Wechselkursschwankungen führen dazu, dass 80 Prozent der Bedarfsgüter der Landwirte in Euro und US-Dollar gehandelt werden. Dadurch sinkt der Wert der türkischen Lira und die Landwirte müssen am Ende mehr zahlen.

Obwohl die Corona-Pandemie die Milchviehbetriebe nicht direkt betroffen hat, hat sie der türkischen Wirtschaft extrem geschadet. Dies wiederum hat die Lira noch mehr unter Druck gesetzt und die Kosten für die landwirtschaftlichen Betriebsmittel sind weiter in die Höhe gestiegen.

Auf Bio gesetzt

Angesichts solcher Herausforderungen legt der Biobetrieb Gurdal sein Hauptaugenmerk darauf, die Milchleistung seiner 350 Kühe zu steigern, aber gleichzeitig jeder Expansionsverlockung zu widerstehen. Emre Gurdal leitet den Milchviehbetrieb in der Provinz Aydin in der türkischen Ägäisregion zusammen mit seinem Vater Arif in der dritten Generation.

„Seit fast 60 Jahren wird hier Milch produziert. Mein Großvater gründete den Milchviehbetrieb. Dann ging dieser an meinen Vater über, mit dem ich derzeit den Betrieb gemeinsam leite“, sagt Emre. Angefangen hat alles mit 40 bis 50 Färsen. Jetzt ist die Herdengröße auf 350 Kühe gewachsen. Mit Nachzucht und Trockensteher sind es sogar 450. „Wir sind auch eine der ersten Farmen, die den Embryotransfer in der Türkei ausprobiert hat“.

Auf rund 300 ha Land wird das Futter für die Rinder angebaut. Nur Sojabohnen- und Sonnenblumenmehl kauft der Betrieb zu.

Auf rund 300 ha Land wird auch das Futter für die Rinder angebaut. „Wir bauen jedes einzelne Futtermittel auf unseren eigenen Feldern an, mit Ausnahme unserer Proteinquellen wie Sojabohnen- und Sonnenblumenmehl; die kaufen wir zu.“ Die einzelnen Futterbestandteile für die Rationen werden per Computer berechnet und mit einem 12 m³ großen Vertikalmischer durchgerührt. Die Holsteinkühe werden dreimal am Tag gemolken. „Aufgrund der Tatsache, dass wir Biomilch produzieren, ist unser durchschnittlicher Ertrag etwas niedriger als erwartet. Wir erzielen etwa 32 l Milch pro Kuh und Tag mit einem Fettanteil von 3,7 Prozent und einem Proteinanteil von 3,2 Prozent“, sagte Emre. Die betriebseigene Milch verkauft der Betrieb an den lokalen Verarbeiter Tire Dairy Cooperative, der rund 2,3 türkische Lira, etwa 19 Cent/l Milch zahlt.

Investitionen abwägen

Die Temperaturen in diesem Teil der Türkei können schnell über 40 °C liegen. Deshalb werden die Kühe überwiegend im Stall gehalten. „Wir füttern unsere Tiere normalerweise drinnen, aber zu bestimmten Zeiten des Jahres lassen wir sie auch im Freien grasen. Die Kühe werden nach ihrer Milchleistung und ihrem Trächtigkeitsstatus in Gruppen eingeteilt“, sagt Junglandwirt Emre Gurdal.

Das Geld ist knapp. Investitionen in neue Technologien müssen gut überlegt sein. Dennoch investierte der türkische Milchbauer in neue Ventilatoren, schließlich können in der Türkei schnell Temperaturen über 40 °C erreicht werden.

Insgesamt zehn Mitarbeiter und ein Tierarzt kümmern sich um die Rinderherde der Familie Gurdal. Je nach saisonalem Arbeitsbedarf kann sich die Anzahl der Mitarbeiter des Biobetriebs auf etwa 20 Personen erhöhen. Bei variierenden Ausgaben für Arbeitskräfte und vor dem Hintergrund einer stark schwankenden Währung wägt Emre Investitionen in neue Technologien stets ab. „Wir versuchen, so viel wie möglich in neue Technologien zu investieren, ohne über Bord zu gehen“, sagt Emre. Unumgängliche Investitionen sieht der Junglandwirt beispielsweise in seinem neuen Herdenmanagementsystem, dass er extra für die Tierkontrolle gekauft hat.

Auch Ventilatoren hat der Betrieb nachgerüstet, um Hitzestress bei den Kühen im Stall zu reduzieren. Zudem hat der Milchviehhalter für ein optimiertes Kolostrummanagement ein neues Pasteurisierungsgerät angeschafft. „Diese Maßnahmen fanden in den letzten sechs Monaten statt, da wir immer versuchen, unser Bestes zu geben, um glücklichere Rinder zu haben“, sagt er.

Auf dem Biobetrieb Gurdal werden die Kühe dreimal am Tag gemolken. Die Milch wird umgerechnet für 19 Cent/l an die lokale Molkerei verkauft.

Für die Zukunft will der Familienbetrieb das Tierwohl weiter erhöhen statt die Anzahl der Kühe. „Wir denken nicht daran, weiter zu wachsen. Der Betrieb ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Daher haben wir noch einige Renovierungsarbeiten an den Gebäuden zu erledigen.“ Letztendlich soll dadurch auch das Wohlergehen der Rinder verbessert werden.

Dem Landwirt macht nicht die bevorstehende Modernisierung, sondern etwas anderes Sorge. „Das größte Problem der Milchwirtschaft in der Türkei sind derzeit die Wechselkursschwankungen. Unsere türkische Lira hat in den letzten Jahren den Großteil ihres Werts verloren“, resümiert Emre bei unserem Besuch vor Ort. Jedoch erhöhe sich das Einkommen der Menschen in der Türkei nicht im gleichen Maße wie die Ausgaben. Viele hätten dadurch Geld verloren; einige von ihnen seien bereits bankrott. Auch in der Landwirtschaft zeichne sich das Bild ab.

„Die weltweite Corona-Pandemie hat unseren Biobetrieb nicht direkt getroffen, aber sie hat die Wirtschaft in der Türkei stark beeinflusst und tut es noch. Die dadurch entstandenen Währungsschwankungen haben wiederum unsere Betriebskosten erhöht, sodass wir die Auswirkungen des Virus auch bei uns spüren“, sagt Milchviehhalter Emre Gurdal. (jd) 

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