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Kühe in der Karibik der Nordsee

Jens Olufs bewirtschaftet auf Föhr einen Milchviehbetrieb mit 140 ha Grünland.

Auf den Punkt

  • Jens Olufs ist Milchviehhalter auf der Nordseeinsel Föhr in der kleinen Gemeinde Alkersum.
  • Seine Landwirtschaft betreibt er zwischen Tourismus und Naturschutz.
  • Eine große Herausforderung sind jedes Jahr die Fraßschäden der Wildgänse auf dem Grünland.

An der Stadtausfahrt von Wyk auf Föhr weist ein Hinweisschild zu den Inseldörfern. Kein Name der Dörfer ist genannt. Vorbei an reetgedeckten Häusern und saftigen Wiesen führt die Landstraße nach kurzer Zeit nach Alkersum. Zu der kleinen Gemeinde Alkersum im Landkreis Nordfriesland auf der Insel Föhr gehören rund 400 Einwohner.

Am Rande des kleinen Orts liegt der Betrieb von Jens Olufs. Der 48-jährige Milchviehhalter ist in seiner Familie Landwirt in fünfter Generation. „Die Landwirtschaft hat sich erst vor rund 170 Jahren – ab 1850 – auf Föhr etabliert“, sagt er.  Zuvor lebten die Föhrer hauptsächlich von der Seefahrt und dem Walfang. Die Frauen blieben auf der Insel und betrieben etwas Landwirtschaft für die Selbstversorgung. Für eine intensivere Landwirtschaft mussten viele Flächen damals aufwendig entwässert werden. Die Marschfelder wurden dazu in einer speziellen Art in sogenannte Beete gepflügt, sodass in den Furchen das Oberflächenwasser ablaufen konnte. „Erst dieses Urbarmachen der Flächen hat die Landwirtschaft auf der Insel ermöglicht“, sagt Jens Olufs.

In seiner Familie folgten Generationen geschickter Landwirte, die den Betrieb in Alkersum stetig weiterentwickelten. Die Milchvieh- und Rinderhaltung war dabei immer fester Bestandteil. Vor gut 20 Jahren übernahm Jens Olufs den Betrieb von seinem Vater Johann. Heute gehören zum Betrieb 190 melkende Kühe und 180 Jungtiere, 200 ha Ackerland sowie fünf Ferienwohnungen und vier Wohnungen für Dauermieter.

Neben der Milchviehhaltung ist das Vermieten von Ferienwohnungen ein wichtiger Betriebszweig.

Milch aufs Festland

Die Kühe werden an drei DeLaval-Melkrobotern gemolken. „Wir haben uns bereits vor 15 Jahren für den Einsatz von Melkrobotern entschieden“, erklärt Jens Olufs. „In den nächsten Jahren steht daher eine Erneuerung der Melktechnik an.“

Die Milch liefert er an das Deutsche Milchkontor (DMK). „Diese Lieferbeziehung ist aus mehreren Fusionen der ehemaligen Molkereigenossenschaften entstanden“, erklärt er.

Im Boxenlaufstall sind 190 melkende Kühe untergebracht.

Die Transportkosten zum oder vom Festland machen das Leben auf der Insel aufwendiger und teurer. „Wir sind in Teilen auf die Fähre angewiesen und von den Gezeiten abhängig“, sagt der Landwirt. Vieles sei aber auf der Insel vorhanden, beispielsweise zwei Landmaschinenwerkstätten und ein Tierarzt. Zweimal in der Woche kommt ein Viehhändler auf die Insel. Ihm verkauft Jens Olufs einen Teil seiner männlichen Kälber. „Einen weiteren kleinen Teil der Kälber verkaufe ich an einen Mäster auf der Nachbarinsel Amrum. Er mästet die Tiere und verkauft das Fleisch an Touristen. Für ihn ist es wichtig, dass die Tiere auf einer Insel geboren sind.“

Jungvieh im Tierwohlstall

Einen Teil der Kühe besamt Jens Olufs mit gesextem Sperma der Rinderzucht Schleswig-Holstein eG für die Bestandsergänzung. Bei den restlichen Tieren ist ihm das Einkreuzen einer Fleischrasse wichtig. „So kann ich für die männlichen Kälber einen besseren Preis erzielen als für reinrassige Schwarzbuntkälber“, sagt er.

Vor vier Jahren baute der Milchviehhalter einen neuen Jungviehstall neben dem Boxenlaufstall. „Diesen plante und baute ich nach ökologischen Standards und nutzte dafür die Förderung aus dem Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) des Landes Schleswig-Holstein.“

Vor vier Jahren baute Jens Olufs einen neuen Jungviehstall nach höchsten Tierwohlstandards.

Der Stall ist wie eine freitragende Halle konstruiert. Auf der rechten Seite sind die Färsen in einem Laufstall untergebracht. Auf der linken Seite des zentralen Futtertischs befinden sich die Abkalbeboxen und die Kälbergruppenbuchten. In einem vorderen Teil der Halle sind zudem die Iglus für die neugeborenen Kälber untergebracht.

Für die kommende Verschärfung der Kälbertransportverordnung ist Jens Olufs gut aufgestellt. „Wir haben in diesem Stall ausreichend Platz, um die Kälber bis zum 28. Tag zu halten“, sagt er. Außerdem habe er bereits die Genehmigung für den Bau eines Boxenlaufstalls nach dem Vorbild des Jungviehstalls.

Tourismus als Einkommensquelle

Rund 40 Landwirte gibt es auf der Insel Föhr derzeit, darunter 26 Milchviehhalter und einen Schweinehalter. Die 26 Melker auf der Insel erzeugen zusammen jährlich rund 26 Mio. Liter Milch. Die Landwirte auf der Insel teilen sich die 6.000 ha landwirtschaftliche Nutzfläche.

„Wir sind ein Teil des immer kleiner werdenden Anteils an Einheimischen auf der Insel“, sagt Jens Olufs. „Viele junge Menschen verlassen die Insel.“ Auf die rund 9.000 Inselbewohner kommen 30.000 Gästebetten. Etwa die Hälfte davon werden von Insulanern bewirtschaftet. Die andere Hälfte gehört Investoren vom Festland. „Das Leben auf Föhr ist in den vergangenen Jahrzehnten immer beliebter und begehrter geworden“, sagt er.

Jens Olufs bewirtschaftet den Betrieb in der fünften Generation.

Mit der immer größeren Beliebtheit der Insel Föhr seien hier auch die Preise gestiegen. Besonders Land und Immobilien seien teurer geworden. „Auf Föhr ist ein Großteil der landwirtschaftlichen Nutzflächen Grünland“, sagt Jens Olufs. „Der Preis für 1 ha Grünland hat in den vergangenen Jahren stark angezogen. Ohne im Betrieb auf mehrere Standbeine zu setzen, kann man als Landwirt da kaum noch mithalten“, sagt er.

Jens Olufs und seine Familie haben gelernt, mit dem Tourismus zu leben. „Meine Mutter begann in den 1970er-Jahren, Ferienwohnungen zu vermieten. Das haben wir bis heute beibehalten. Das Vermieten von Ferienwohnungen zu angemessenen Preisen ist nach wie vor einer unserer Betriebszweige“, sagt er.

Da der Betrieb zentral auf der Insel liege, sei die Auslastung der Ferienwohnungen jedoch etwas geringer als in den Orten am Strand und dem Touristischen Zentrum der Insel in Wyk auf Föhr. „Von Frühjahr bis Herbst sind unsere Wohnungen aber immer ausgebucht“, sagt er.

Massive Fraßschäden durch Wildgänse

Neben den willkommenen Gästen auf der Insel und auf dem Hof von Jens Olufs kommen besonders im Frühjahr auch unliebsame Gäste hinzu. „Wir bewirtschaften 200 ha. Davon sind 140 ha Grünland“, sagt er. „Auf einem Teil der Flächen machen wir Vertragsnaturschutz für den Landkreis Nordfriesland. Das funktioniert gut für beide Seiten.“ Im Frühjahr zur Zugzeit der Vögel rasten jedoch Tausende Gänse auf den Grünlandflächen nördlich des Hofes im Zentrum der Insel. „Zu den hier immer heimischen Graugänsen kommen dann noch Kanadagänse und Weißwangengänse hinzu“, erklärt Jens Olufs. „Sie fallen in Scharen auf unseren Flächen ein und vernichten einen Großteil des ersten Schnitts.“ Jetzt – Mitte Mai – sei auf vielen Grünlandflächen nach dem Wegzug der Gänse nicht einmal genug Aufwuchs vorhanden, um Jungrinder hier weiden zu lassen. „Hinzu kommt ein viel zu trockenes Frühjahr, das den Aufwuchs jetzt noch einmal verzögert“, sagt er.

Für Jens Olufs ist klar, dass er in den nächsten Jahren seinen Bestand abstocken muss, wenn die Wildgänse weiterhin in dieser großen Zahl auf seinen Flächen rasten. „Ich versuche, der Naturschutzbehörde und auch dem Landwirtschaftsministerium in Schleswig-Holstein das Problem zu verdeutlichen, aber bisher blieb das ergebnislos“, sagt er. Eine Entschädigung für den Ertragsausfall zu erhalten, sei ein Anfang. „Eigentlich brauche ich aber die Futterfläche. Von der Entschädigung könnte ich Futter vom Festland kaufen. Das ist teuer und die Transportkosten auf die Insel tun ihr Übriges“, berichtet er. „Am liebsten wäre mir, wenn ich mein Grünland im Frühjahr normal ernten oder beweiden lassen könnte.“

Trotz dieser Herausforderungen ist Jens Olufs mit Überzeugung Landwirt. „Auf der Insel gibt es andere Einkommensalternativen zur Landwirtschaft. Ich könnte den Lebensunterhalt für mich und meine Familie beispielsweise auch mit Tourismus finanzieren, doch das würde für mich nicht passen. Die Kühe und das Leben mit der Natur gehören für mich einfach dazu. Ich wollte nie etwas anderes als Landwirt und Milchviehhalter sein“, erklärt er. ●

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