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„Gute Preise ausnutzen und nicht vorschnell kaputt machen“

Julia Schmid ist Milchviehhalterin im niederbayerischen Neufraunhofen und als Agrarbloggerin aktiv.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, normalerweise sind wir es gewohnt, die Prügelknaben der Nation zu sein. Gefühlt sind wir an allem Schuld, was in unserer Heimat passiert.

Schlechte Preise und Vorwürfe – das alles ist auch mir bekannt. Oft lesen wir unsere Fleischabrechnung und fragen uns, ob das schon Diebstahl ist und warum wir uns das überhaupt antun.

Seit einiger Zeit sind die Preise für Rindfleisch jedoch anhaltend auf ungewohnt hohem Niveau. Aktuell ist die Nachfrage nach Rindfleisch, insbesondere nach Jungbullen, deutlich höher als das Angebot. Der Viehbestand an Jungbullen lag mit einem Minus von 5 Prozent im Mai unter dem Vorjahresmonat und sogar 10 Prozent unter den Zahlen von Mai 2019. Wie kommt es überhaupt dazu?

Für den Bestandsrückgang von 90.000 Jungbullen innerhalb von zwei Jahren war das Zusammenspiel der durch die Corona-Pandemie bedingten Aktienkrise und der nahezu explodierenden Futterkosten mitverantwortlich. Die Lockerung der Beschränkungen hat die Nachfrage nochmals steigen lassen und nicht – wie üblich – zu einem saisontypischen Abfallen der Preise geführt. Gleichzeitig hat das aber auch mehr Tiere auf den Schlachtmarkt gezogen. Bei den Schlachtkühen beziehungsweise Färsen ist der Auszahlungspreis auf einem 9-Jahres-Hoch.

Da sehe ich aber auch ein großes Problem für uns rinderhaltende Betriebe. Ausgehungert durch die schlechten Preise der letzten Jahre und angezogen durch die aktuell hervorragenden, ist es verlockend, den eigenen Bestand zu vergrößern. Auch ich erwische mich hin und wieder bei dem Gedankenspiel, in die wegen der Rentabilität eingestellte Ochsenmast wieder einzusteigen.

Meiner Meinung nach würden wir uns damit die Preise selbst kaputt machen. Es ist nur natürlich, dass wir gute Preise für unsere Betriebe ausnutzen wollen, aber mit einem höheren Viehbestand auf den Betrieben, kommen wieder mehr Tiere auf den Schlachtmarkt und damit sinken die Preise wieder, weil sich die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage wieder verkleinert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst uns den Preis ausnutzen und nicht durch eine verständliche Gier vorschnell kaputt machen.

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