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Propolis

„Unwissenheit schützt vor Strafe nicht"

Sandra Haßler ist Lebensmittelchemikerin und hat sich 2011 mit dem Unternehmen LEMIKOS selbstständig gemacht. Hier berät sie Unternehmen unter anderem bei Kosmetik-Zulassungen. Zudem ist sie selbst Hobbyimkerin.

Imker dürfen rohe Propolis verkaufen, eine Propolis-Tinktur aber nicht – warum?

Propolis hat ja einige gute Eigenschaften, beispielsweise dass sie entzündungshemmend ist. Dies ist eine medizinische Wirkung. Deshalb stuft die Überwachung viele Propolis-Produkte wie Tinktur oft nicht als Kosmetikprodukt - sondern als Arzneimittel - ein.

Wo ist hier der Unterschied?

Kosmetische Produkte sollen pflegen, gesund​erhalten, parfümieren oder auch den Körper und unser Aussehen schützen. Wenn Sie eine Salbe herstellen, haben Sie mit Fetten noch andere pflegende Inhaltsstoffe. Die haben Sie in der Tinktur aber nicht, das ist ja nur Alkohol und Propolis. Die Motivation ist hier eine andere – somit gilt es als Arzneimittel. Hier greift die Arzneimittelverordnung, bei Kosmetik die Kosmetikverordnung.

Doch auch die hat es in sich.

Richtig. Auch hier müssen Sie sich beim CPNP-Portal registrieren und dort die Rezeptur melden. Dann müssen Sie eine Produktinformationsdatei führen, mit der Rezeptur und den Rohstoffdaten, ein Sicherheitsbericht muss erstellt werden, die Verpackung muss geeignet sein. Und zum Schluss müssen Sie es richtig kennzeichnen. Das ist schon aufwendig, mit viel Papierkram. Zudem müssen Sie Ihr Produkt unter GMP-Bedingungen herstellen.

Wie teuer kann das werden?

Bevor Sie anfangen, müssen Sie die Propolis im Labor analysieren lassen, damit man dort kennzeichnungspflichtige Allergene herausfinden kann. Das kann locker 500 Euro kosten. Und das bei jeder Charge. Den Sicherheitsbericht müssen Imker auch extern machen lassen, dazu braucht man eine chemische Ausbildung, das kann auch zwischen 300 und 600 Euro oder mehr kosten.

Für den Hobbyimker lohnt sich das also nicht?

Leider nicht. Wer da keinen Finanzierungsplan hat, geht mit einem Minus raus. Die Kosmetikverordnung gilt für Groß und Klein gleich, kleinere Mittelständler haben da genauso zu kämpfen. Das gilt auch für Cremes oder Salben mit Bienenwachs.

Und wenn ich eine Tinktur verkaufen möchte?

Dann brauchen Sie eine Zulassung für ein Medizinprodukt, da sind die Hürden aber noch höher.

Manche Imker verkaufen Propolis-Produkte dann eben als Möbelpolitur. Ist das zulässig?

Eine Möbelpolitur gilt als Reinigungsmittel, dann greift die Chemikalienverordnung. Hier müssten Sie beispielsweise Gefahrstoffsymbole draufmachen, das ist aber nicht so kompliziert wie bei Kosmetik. Es sollte dann aber eine entsprechende Verpackung haben: Nicht in der Medizinflasche oder im schön verzierten Tiegelchen. Sonst wird die Überwachung misstrauisch.

Für den Eigenbedarf dürfen Imker trotzdem Tinkturen oder Salben herstellen. Darf ich die Produkte denn verschenken?

Kniffliges Thema. Sie bringen es ja in Verkehr, auch wenn Sie es verschenken. Wobei es schon einen Unterschied macht, ob Sie es auf einem Markt als kostenloses Muster verschenken oder im Freundeskreis oder der Familie. Doch selbst da wäre ich vorsichtig.

Das ist sehr ernüchternd.

Solche Gespräche führe ich leider öfter, mit Imkern und Start-Ups. Ich verstehe da den Unmut der Imker. Es hat aber auch etwas mit Verbraucherschutz zu tun: Die Kunden müssen sich darauf verlassen können, dass das Produkt sicher ist.

Muss ich etwas beachten, wenn ich Propolis-​Produkte von Händlern weiterverkaufe?

Nein, derjenige, der auf dem Etikett steht, ist auch für das Produkt verantwortlich.

Welche Strafen kann es geben, wenn man ohne Zulassung Propolis-Produkte verkauft?

Wenn die Kontrolleure auf dem Markt ein Propolis-Produkt mitnehmen, geht das ins Labor. Dort wird nach den Inhaltsstoffen und der Kennzeichnung geschaut. Bei einer Beanstandung muss man das Produkt dann vom Markt nehmen, meist droht ein Ordnungsgeld. Es hängt aber immer von der Verhältnismäßigkeit ab, bei ersten Vergehen gibt es oft erst mal eine Ermahnung. Es gilt aber: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Haßler!

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