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Bienengesundheit

Sicher überwintern dank Hyperthermie

Windeleinlage zur Kontrolle des Abfalls.

Wenn Sie bereits im Frühjahr und zur Sommersonnenwende die Entmilbung erfolgreich durchgeführt haben, sollten sich Ihre Bienenvölker nochmals prächtig entwickelt haben und Ende August bereits die ersten gesunden Winterbienen ohne virale Schäden durch die Varroamilben geschlüpft sein.

Doch jetzt im Herbst ist es nochmals wichtig, die Augen offen zu halten und eine Diagnosetasse (Windeleinlage) einzulegen. Die Windel wird mit Raupenleim oder Vaseline eingestrichen, um das Austragen der toten Milben durch die Ameisen zu verhindern. Nach einigen Tagen können wir die Diagnosetasse kontrollieren, um damit den täglichen Totenfall der Varroamilben zu ermitteln. Indem wir die gezählten Milben durch die Anzahl der Tage dividieren, können wir den täglichen Totenfall bestimmen und auch die Varroa-Belastung der Bienenvölker erkennen. Wichtig ist: Bei allen Völkern am Bienenstand eine dementsprechende Kontrolle durchführen!

Wenn Sie nach den Empfehlungen in dieser Serie die Milben im Juli auf null reduziert haben, so müssten Sie „rein theoretisch“ eigentlich gar nichts mehr tun. Aber die praktische Erfahrung lehrt uns etwas anderes! In den meisten Fällen ist im August und Anfang September die Varroa-Population noch sehr niedrig. Doch gegen Ende September können von außen eingetragene Milben dieses Bild in sehr kurzer Zeit wesentlich ändern, deshalb ist zu dieser Zeit unsere Aufmerksamkeit besonders wichtig. Warum das so ist? Die Sache ist einfach zu erklären: Bienen aus Völkern der Umgebung (z. B. von einem Schwarm, der im Mai/Juni abgegangen ist) mit sehr vielen Milben entscheiden sich, dass sie „flüchten“ wollen und betteln sich bei unseren Völkern ein. Diese Bienen bringen Futter mit und werden deshalb auch gerne aufgenommen. Der Haken aber ist, dass sie nicht nur Futter mitbringen, sondern auch Varroamilben. So kann es dazu kommen, dass innerhalb kurzer Zeit (z. B. 1 – 2 Wochen) mehrere hundert Milben von sich einbettelnden Bienen eingetragen werden und unsere Bienen gefährden.

Was ist zu tun?

Um dem Risiko der Reinfektion durch fremde Bienen aus zusammenbrechenden Völkern aus der Nachbarschaft entgegenzuwirken, werden wir zwischen Ende September und Ende Oktober nochmals eine thermische Behandlung der verdeckelten Brut durchführen.

Auszählen des Tagesabfalls der Milben.

Der richtige Zeitpunkt ist dann, wenn nur noch ein bis drei Waben mit verdeckelter Brut im Volk sind. Da zu dieser Zeit noch immer ca. 60 % der Varroamilben in der geschlossenen Brut sind, können wir diese ganz einfach ohne Chemie, mit der thermischen Behandlung im Varroa Controller abtöten und so unsere Herbstbehandlung chemiefrei erledigen. Die restlichen 40 % der Varroamilben sitzen nicht in den behandelten Brutwaben, sondern auf den Bienen. Diese wollen sich nochmals vermehren. Wir können sie abfangen, wenn wir nochmals neun Tage abwarten, bis sie in die zwei bis drei Waben mit offener Brut geschlüpft sind. Diese lassen sich dann ebenfalls thermisch behandeln und wieder ins Bienenvolk zurückgeben. So haben wir die Restentmilbung ebenfalls ohne Chemie gemacht und die Bienen haben auf diese Art und Weise eine sehr gute Ausgangssituation, um den Winter ohne Probleme durch die Varroamilbe zu überleben. Aufgrund der Temperatur zu dieser Jahreszeit sollte sehr zügig gearbeitet werden und die Bruträhmchen sofort aus dem Bienenvolk in den vorgewärmten und betriebsbereiten Varroa Controller eingehängt werden. Die dadurch entstehende leere Wabengasse bleibt für diese Zeit leer und wird von den Bienen abgedeckt. Die anschließenden offenen Brutwaben werden gut von den Bienen versorgt und nach der Behandlung kommen die warmen Bruträhmchen aus dem Varroa Controller wieder an diese Stelle zurück. Sie bringen damit sogar mehr Wärme in den Bienensitz zurück und das Bienenvolk wird sich sehr rasch wieder beruhigen. Nach der letzten Behandlung wird die Diagnosetasse gereinigt, um damit nach 14 Tagen den Milbenfall erneut zu kontrollieren. Jetzt werden Sie die restlichen Milben, die durch die Behandlung abgefallen sind, auf der Tasse finden. Dies kann danach noch ein bis zwei Wochen dauern, da zu dieser Zeit bereits der Bienensitz enger wird und die toten Milben schwerer runterfallen. Aber ab Mitte November sollte der tägliche Milbenfall bei 0,2 bis 0,4 Milben pro Tag liegen, um im Frühjahr mit 100 Varroamilben zu starten. Um Ihnen eine weitere Hilfestellung zu geben, möchte ich Ihnen noch erklären wie Sie den Befallsgrad im Bienenvolk während der jeweiligen Jahreszeit berechnen können.

Der Umrechnungsfaktor

Die kombinierte Wärmebehandlung im Bienenjahr.

Mit einem Umrechnungsfaktor lässt sich berechnen, wie viele Milben im Volk sind. Dazu multipliziert man den natürlichen Milbenabfall pro Tag mit dem Umrechnungsfaktor. Das hilft uns, unter der Schadschwelle von 1000 Milben pro Volk zu bleiben. Von Mai bis September beträgt der Umrechnungsfaktor 100 bis 300 und von Oktober bis November 300 bis 500. Das bedeutet, wenn Sie im September pro Tag noch zwei tote Milben auf Ihrer Diagnosetasse finden, so sind bei einem angenommenen Umrechnungsfaktor von 300 noch bis zu 600 Varroamilben im Volk. Im November wären bei 0,5 Milben pro Tag und einem Umrechnungsfaktor von 500 noch bis zu 250 Milben im Volk. Wobei wir nicht vergessen dürfen, dass es im Herbst sehr häufig zu Reinfektionen kommt und wir genau deshalb sehr achtsam sein müssen, um die Schadschwelle auch im Herbst nicht zu überschreiten.

Bienenvölker, bei denen das Ganzjahreskonzept eingehalten wurde und die auf diese Art behandelt wurden, werden die Schadschwelle nie überschreiten, den Winter gesund überleben und Ihnen im nächsten Bienenjahr viel Freude bereiten. Mit der Hyperthermie haben wir die Möglichkeit, jederzeit zu reagieren, wenn wir einen erhöhten Milbenfall feststellen – wenn nötig auch während der Tracht oder eventuell früher im Herbst, um eine Gefährdung der Völker zu verhindern. Wichtig ist jedoch das Beobachten während des ganzen Bienenjahres, um früh genug zu reagieren. Denn wenn wir bereits Bienen mit verkürztem Hinterleib oder deformierten Flügeln im Bienenvolk finden, ist es zu spät. Dann kann auch die Wärmebehandlung keine Wunder mehr bewirken. Deshalb möchte ich Sie daran erinnern, dass nur unter Einhaltung des Ganzjahreskonzepts eine völlig chemiefreie Imkerei möglich ist.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung der chemiefreien Imkerei mit der Hyperthermie und werde in meinem nächsten Beitrag die Wirtschaftlichkeit dieser Behandlungsform unter die Lupe nehmen.

Serie

Chemiefreie Imkerei mittels Hyperthermie

  • Teil 1: Im Februar 2022 habe ich die Wichtigkeit der Frühjahrsbehandlung mit der Hyperthermie beschrieben.
  • Teil 2: Im Mai habe ich den vorteilhaften Einsatz der Bannwabe mit anschließender Hyperthermie vorgestellt.
  • Teil 3: Nun zeige ich Ihnen, wie Sie die entscheidende, kombinierte Herbstbehandlung mittels Hyperthermie und Restentmilbung machen können, um sicher zu überwintern.
  • Teil 4: Im Dezember werde ich über die verschiedenen gemeinschaftlichen Nutzungsformen der Hyperthermie samt einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung berichten.

Videotipp

Hier wird der Gesamtjahresplan (Frühjahr, Sommer, Herbst) kompakt zusammengefasst:

tinyurl.com/youtube-​Gesamtjahresplan

Fragen zur Hyperthermie

Falls Sie Fragen zu einem meiner Themen haben, können Sie diese gerne auf meiner Facebook-Seite „Freunde der Hyperthermie“ stellen. Dort finden Sie auch die Ankündigungen meiner Webinare zur chemiefreien Imkerei. Schreiben Sie mir auch gerne eine E-Mail: office@imkerei-tratsch.at

Autor

Kurt Tratsch

ist Imkermeister und bewirtschaftet in der Steiermark ca. 200 Bienenvölker an ca. 10–14 Standorten in verschiedenen Höhenlagen.

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