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Meinung

Beutenklima – komplexe Lösungsansätze

Der Weg zu mehr Verständnis führt womöglich zurück zu Ursprüngen und über einen Blick über Grenzen hinaus. Um unser Handeln im Umgang mit Bienen erfolgreicher zu gestalten, muss man einige Fragen stellen und viel hinterfragen. Die Lösungen kommen nicht gleich morgen, sind vielleicht aber seit gestern schon da, nur dass wir sie nicht gesehen haben.

Die bestehenden Beutensysteme können mit Modifikationen sicher weiterbenutzt werden, sinnvolle Hilfsmittel, und neue technologische Gadgets (Werkzeuge) finden begründbare Einsatzmöglichkeiten. Die notwendige Diskussion um Wärmedämmung, diffusionsoffene Deckel, variierbare Lüftungssysteme mit multifunktionaler Kontrollmöglichkeit des natürlichen Bienenfalls sollte aber immer abgeglichen werden mit den natürlichen Notwendigkeiten und Mechanismen, die ein Bienenvolk benötigt und selbst zur Verfügung stellen kann, um gesund zu sein und zu überleben.

Ein Blick in die Imkerei südlicher Nachbarn wie zum Beispiel Italien könnte helfen, in bevorstehenden Hitzeperioden mehr Handlungsoptionen zu haben. Denn wenn Bienenstandorte optimiert sind und sich um Wasser und Nahrungsversorgung der Völker gekümmert wurde, stellt sich nicht so sehr die Frage, ob Warm- oder Kaltbau die bessere Variante ist, ob Styropor oder Holz, Metall oder Holzdeckel sich mit Vorzügen übertreffen.

Sicher helfen eine Thermofolie oder ein Thermo- schied kränkelnden oder schwachen Völkern besser über die Runden zu kommen, doch habe ich auch schon Völker in widrigen Umständen in Bezug auf Standort und Bienenwohnung gesehen, die genetisch und ernährungsbedingt so gut aufgestellt waren, dass sie all diese Missstände locker kompensiert haben und eine für Imker und Bienenvolk traumhafte Saison aufs Parkett brachten. Sicher schlummern in unseren den Bienen angebotenen Behausungen noch einige Tatsachen, die nicht beachtet werden. So zum Beispiel auch das Strömungsverhalten in den angepassten Bruträumen, welches unter Umständen Schimmel oder einen Mehrverbrauch hervorruft und somit der Bienengesundheit nicht unbedingt zuträglich ist.

Das Imkerei-Metier ist nicht einfach, viele kleinste Bausteine und Umstände haben enormen Einfluss. Das zu erkennen und zu verstehen und in Handlung umzusetzen, ist die Aufgabe. Helfen tut sicher dabei auch das Anpassen und Verändern der Sprache: Wer nachhaltig erfolgreich Bienen halten möchte, sollte beginnen, mit ihnen zu leben und nicht von ihnen. Und die erste Frage, die sich in einer erfolgreichen Beziehung gestellt werden sollte: Was braucht mein Partner, um sich entfalten zu können, ohne zu ignorieren, was ich selbst benötige, um ein vollwertiger Partner zu sein?

Innerhalb der Imkerschaft können wir viel voneinander lernen, doch ein Freizeitimker hat andere Ambitionen als ein Berufsimker. Wer also neu beginnt, darf sich schon mal fragen, ob er wirklich eine 10er- oder 12er-Riesenkiste oder einen Doppelbrutraum braucht oder ob ein anderes System mit 6 Waben, was nach oben wächst und nur einen 10-kg-Honigraum hat, viel geeigneter ist für ihn und seine Biene. Vielleicht steigt warme Luft ja auch nach oben und womöglich ist der notwendige CO2-Gehalt zur Winterruhe in einer vertikal ausgerichteten Architektur von den Bienen besser zu halten?

Vielleicht bremse ich den Honigertrag durch Maßnahmen wie Wachsausbau oder frühzeitige Brutentnahme oder lasse den Bienen einfach ihren Honig zu einem vernünftigen Anteil und reduziere den Honig-Zucker-Tausch, arbeite aber mit gut gezüchteten Königinnen, die Selbstheilungsvermögen an ihre Töchter, die Arbeitsbienen, weitergeben? Vielleicht nenne ich die Bienenbehausung auch nicht mehr Beute oder spreche von Kellerhaft, sondern beginne, mit der Wahl meiner Worte auch mein Denken zu beeinflussen und letztendlich in ein vernünftiges Handlungsmuster zu gelangen.

Autor

Lutz Eggert

arbeitet seit 2008 als Berufsimker mit Spezialisierung auf Königinnenzucht. Für den Verband Buckfast Mecklenburg-Vorpommern stellt er die Drohnenlinien für die Belegstelle Gelm und arbeitet eng mit Imkern in D-A-CH und Italien zusammen. www.pin-test.com, www.systemimkerei.de

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