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Meinung

AFB-Impfung: Es sind noch viele Fragen offen

Man kann das Prinzip der Impfung nicht 1:1 von Wirbeltieren auf Insekten und damit Bienen übertragen. Wie Sie in der Stellungnahme des Bieneninstituts Celle lesen können, funktioniert das Immunsystem von Insekten völlig anders als bei uns. Bisher sind die grundlegenden Mechanismen, auf denen eine Impfung basieren könnte, nicht hinreichend untersucht. Damit fehlt die solide Basis für deren Entwicklung.

Laut dem Hersteller wirkt ihr Produkt über die Fütterung: Die Arbeiterinnen fressen Futter mit getöteten Faulbrut-Erregern. Die werden dann angeblich in das Königinnenfutter eingebaut. Fragmente davon werden dann wiederum in die Eierstöcke der Königinnen eingebaut, was so zu resistenteren Larven führt. Für mich klingt das wie ein Schuss von hinten durch die Brust ins Auge. Nichts von diesem angeblichen Wirkmechanismus findet sich in der einzigen Veröffentlichung zum Thema.

Das allein würde vielleicht noch nichts heißen. Bei Medikamenten und Impfungen werden nicht unbedingt alle Daten veröffentlicht. Sie müssen nur der zulassenden Behörde vorliegen. Auf den öffentlich zugänglichen Seiten der USDA, der zuständigen US-Behörde, finden sich aber keine weiteren Details. Die Seite des Herstellers verweist auf eine frühere Arbeit, auf die sich die Entwicklung der Impfung stützt. In dieser wird postuliert, dass Wachsmotten-Weibchen, die als Larve mit Bakterien gefüttert wurden, eine Art Immunität an ihre Nachkommen weitergeben. In den von ihnen gelegten Eiern fand sich mehr Aktivität der für „Immunität“ zuständigen Gene. In einer weiteren Studie wird die Rolle des Vitellogenin bei dieser Weitergabe beschrieben, sogar bei Honigbienen. Das klingt alles zunächst vielversprechend, aber der Sprung zu einer Impfung ist dann doch etwas groß. Ich stimme den Cellern zu, dass es wissenschaftlich ein sehr interessantes und wichtiges Thema ist. Und vor allem darin, dass noch sehr viele Fragen offen sind. Für eine praktische Anwendung reichen die Daten nicht aus. Was sich auch darin widerspiegelt, dass die gefeierte „Zulassung“ in den USA eben nur unter Vorbehalt und für einen begrenzten Zeitraum vergeben wurde. Das ermöglicht erst die klinischen Studien, die der Hersteller angeblich schon durchgeführt hat.

Dazu kommen noch die methodischen Fehler, auf die das Institut in Celle hinweist: Die Sterblichkeit wurde höchstwahrscheinlich unterschätzt, die Königinnenausfälle bei den Versuchsvölkern sind zumindest auffällig. Aber gehen wir mal davon aus, dass diese Kritikpunkte die Qualität der Ergebnisse nicht beeinträchtigen. Auch mit diesem guten Willen wäre eine geringere Larvensterblichkeit von 30-50% noch kein Schutz vor der Faulbrut. Es bedeutet auch nicht, dass die Sporenlast im Volk generell um 30-50% reduziert wird. Diesen Schluss ziehen die Autoren der Studie und sagen, dass sich so Ausbrüche der Faulbrut verhindern ließen. Das ist nicht mit den veröffentlichten Daten gedeckt.

Aber selbst wenn die Larvensterblichkeit um 99% reduziert würde, hätte ich ein Problem mit dieser „Impfung“: Sie ändert nichts am Ursprung des Problems, dem vorbeugenden Einsatz von Antibiotika. In Deutschland und anderen europäischen Ländern ist die Amerikanische Faulbrut größtenteils unter Kontrolle, weil auf gute Praxis und Früherkennung gesetzt wird. Was außerdem generell der Bienengesundheit zuträglich ist. Im Gegensatz zur Varroa lässt sich die Faulbrut mit guter Praxis und Sanierung kontrollieren. Ich bin zwar eine große Befürworterin von Impfungen, aber eben nur, wenn diese auch wirksam sind. Diese erscheint mir eher wie heiße Luft.

Autorin

Dr. Claudia Garrido

ist Biologin und berät Firmen und Institutionen bei Projekten zum Schutz von Bestäubern in der Landwirtschaft sowie bei der Zulassung von Varroamedikamenten. Ihre Webseite: www.bee-safe.eu

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