Es bleibt weiterhin spannend

Totgesagte leben länger“, lautet ein bekanntes Sprichwort. Das trifft auch für das noch vor ein paar Monaten für gescheitert erklärte Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten zu. Jüngst stellte EU-Kommissionsvizepräsident, Handelskommissar Dombrovskis einen erfolgreichen Abschluss des Abkommens in Aussicht, da sich die Mercosur-Staaten nicht mehr gänzlich gegenüber dem Klimaschutz verschließen würden. Brasilien hat unter seinem Präsidenten Bolsonaro plötzlich die Nachhaltigkeit für sich entdeckt und verspricht die Einhaltung von Klima- und Umweltschutzstandards. Leider nur in den Vertragsdokumenten! Die Abholzung des Regenwaldes durch die Agrarkonzerne und die Umwandlung der Flächen zum Anbau von Exportkulturen wird weitergehen, obwohl Teile der Bevölkerung kaum genug zum Essen haben. Wer soll die ausgehandelten Standards kontrollieren oder gar Sanktionen bei Vertragsverletzungen verhängen? Verfahren vor dem WTO-Schiedsgericht ziehen sich meist über Jahre hin und enden dann oft im Nirwana politischer Interessen. Die Front der Gegner des Abkommens unter den EU-Staaten beginnt zu bröckeln. Nur Österreich hält die Fahne hoch und verweigert bisher seine Zustimmung. Begründet wird der Sinneswandel mancher Staatenlenker mit der Aussicht auf mehr Wirtschaftswachstum durch Zollsenkungen und besseren Zugang zu den lateinamerikanischen Märkten. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie muss herhalten, um die Interessen von global agierenden Agrarkonzernen und Großindustrie durchzusetzen. Für die Landwirtschaft werden die Warenströme zur Einbahnstraße nach Europa. Die vermeintlichen Chancen für uns Bauern stehen nur auf dem Papier, weil wir durch unsere hohen Produktionsstandards, gepaart mit der kleinteiligen Betriebsstruktur nicht konkurrenzfähig sind gegen südamerikanische Agrarbarone. Wie positionieren sich unsere Regierung und Landwirtschaftspolitiker? Unsere Kanzlerin möchte noch zum Abschluss ihrer Kanzlerschaft den erfolgreichen Abschluss des Abkommens verkünden, da sind Verzögerungen durch Einwände der Bauern nur hinderlich. Agrarpolitiker aus Regierung und Opposition übertreffen sich momentan gegenseitig mit wohlfeilen Ratschlägen, wie dann mit der schwieriger werdenden Lage umzugehen ist. Gleichzeitig wird Druck aufgebaut durch immer neue Ziele, Erwartungen und Forderungen, die zum Kollaps vieler Familienbetriebe führen werden. CO2 Reduktionsziele, Pflanzenschutzeinsparungen von 50 Prozent, neue Tierhaltungsformen usw. zu verkünden ist nicht schwer. Erfüllen müssen die oft dem Zeitgeist geschuldeten Vorgaben allein die Bauern! Politiker, die den Schwarzen Peter immer nach Brüssel schieben wollen, sind unglaubwürdig, denn in den dortigen Gremien sitzen auch Vertreter unserer Regierungsparteien. Es wird noch spannend werden bis zur Bundestagswahl im Herbst. Gelingt es der Großindustrie, besonders der Automobilindustrie, die Politik zur Unterschrift unter dem für die europäischen Landwirtschaft so nachteilig ausgearbeiteten Mercosur-Vertrag zu bewegen? Handelsverträge sind sicherlich wichtig, aber zu fairen Bedingungen, auch für die Landwirtschaft.