Kriegspsychologe

Für Erhard lag es deshalb nahe, die öffentliche Stimmung in die richtige Richtung zu lenken: „Ich glaube, es ist immer noch besser, die Wirtschaft gesundzubeten, als sie totzureden.“

Mit der Kraft der Psychologie versuchen derzeit auch viele Weltpolitiker die hohen Weizenpreise, die Mitte Mai den höchsten Stand aller Zeiten erreicht hatten, nach unten zu reden. Das ist an sich ein ehrenwertes Unterfangen, denn viele arme Menschen rund um den Globus können sich das tägliche Brot nicht mehr leisten. Weil der Ukrainekrieg und die Blockade der Häfen am Schwarzen Meer als Hauptursache für die hohen Weizenpreise angesehen werden, sprechen derzeit Politiker aus der ganzen Welt in Moskau vor, um den russischen Präsidenten Putin zur Öffnung der Häfen und Seewege zu bewegen. Mit Erfolg: Eine vage Andeutung Putins gegenüber dem türkischen Präsidenten Erdogan genügte, um den Weizenpreis auf Talfahrt zu schicken.

Das Herbeireden eines niedrigeren Weizenpreises hielt allerdings keine Woche an. Am Montag dieser Woche, als klar wurde, dass Putin die Welt wieder einmal getäuscht hatte und statt die Häfen zu öffnen die Getreidesilos in der Hafenstadt Mykolajiw bombardieren ließ, machten die Preise einen großen Teil der Verluste wieder wett. Die Psychologie ist eben doch nur die Hälfte der Geschichte.