Gute Verträge statt das Recht des Stärkeren

Das riecht schon nach Verzweiflung: In der letzten Sekunde soll eine längst begonnene Arbeit noch abgeschlossen werden. Fraglich ist, wie weit die kommende Bundesregierung dieses Werk am Leben halten wird. Man ahnt allerdings das Kalkül: Auch wenn nicht jeder Paragraf umgesetzt werden sollte, der ein oder andere wird es schon schaffen.

Friedrich Merz, der CDU-Kanzlerkandidat, haucht hingegen einem längst beerdigten Projekt neuen Atem ein: TTIP, dem nie abgeschlossenen Handelsvertrag mit den USA. Merz’ Gedanke erscheint mir nicht falsch – eine Welt, die aus den Fugen gerät, braucht neuen Kitt. Verträge sind in unserer Welt dieser Kitt. Warum aber ausgerechnet jetzt Donald Trump an TTIP weiterverhandeln sollte, wo er selbst 2017 das Projekt ins Grab gelegt hatte, erschließt sich mir nicht.

Wenn man ein altes Vertragswerk ausgraben wollte, würde mir – alt genug bin ich und Friedrich Merz dürfte sich erst recht daran erinnern – ein anderes einfallen: die WTO, die Welthandelsorganisation. Zumindest galt zu ihrer Zeit das Interesse dem Wohlergehen einer großen Staatengemeinschaft, nicht nur einem einzelnen Staat mit Machtfülle. Allerdings, auch das muss gesagt sein, hat sich der Kitt all der Handelsverträge als nicht so stark erwiesen, dass sich Staatenlenker wie Trump oder gar Putin hätten binden lassen. Trotzdem: Das ist kein Grund, das Recht des Stärkeren als Maßstab gelten zu lassen.