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Beifäller auf vier Rädern

Die Beifäller von Harrer & Mayer sind mit ATV schneller und körperlich weniger belastet, ihr Equipment haben sie immer vollständig an Bord

In keinem anderen Land werden ATV so viel zum Spazierenfahren verwendet wie bei uns! Die Deutschen haben noch nicht erkannt, dass es sich um kleine Nutzfahrzeuge handelt“, weiß Jonas Bogner. Er ist Juniorchef bei Fahrzeug Bogner in Weißenburg und zuständig für die Eigenmarke QSB (Quad Solutions Bogner). Der Forstdienstleister Harrer & Mayer nutzt das Potenzial dieser Fahrzeuge bereits: Die Idee entstand, weil das Beifällen zu den acht eigenen Harvestern eine laufintensive Tätigkeit ist. Nicht selten stehen die Bäume nur alle paar hundert Meter voneinander entfernt. Mit dem Auto kann man auf den Rückegassen nicht fahren, ein Traktor als Transporter für Säge, Kanister und Handwerkzeug wäre zwar möglich, aber auch zu viel des Guten.

ATV erleichtern nicht nur die tägliche Arbeit, die Mitarbeiter haben mit ihnen auch einigen Spaß

„Einer meiner Mitarbeiter hatte privat ein ATV, daher hat unser Beifäller das einfach mal ausprobiert“, erzählt Geschäftsführer Norbert Harrer. „Gleich nach dem ersten Tag sagte er, dass die Arbeitserleichterung für ihn so groß sei, dass er ohne ATV nicht mehr beifällen wolle.“ Vor allem die langen Laufwege im Bestand mit Werkzeug machten den Holzhauern schon nach wenigen Stunden körperlich zu schaffen, die eigentliche Fällung fällt dagegen kaum ins Gewicht. Mit dem leichten ATV ist man zudem nicht unbedingt an die Gasse gebunden, sondern kann auch mal durch den Bestand fahren, etwa um den Harvester zu überholen. Da dessen Fahrer ständig in Funkkontakt mit dem Beifäller steht, kann er diesen auch spontan noch einmal retour schicken, falls er wider Erwarten doch einen Baum nicht mit dem Kran erreicht. „Bisher war das natürlich lästig, weil man weit zurücklaufen musste, dort die nötigen Schnitte am Stamm ausführte, um anschließend wieder den gleichen Weg zurück zu gehen“, berichtet Harrer. Mit dem ATV dagegen ist das kaum ein Problem, die Wege sind kein Hemmnis mehr, und der Arbeiter ist – bei weniger Anstrengung – deutlich schlagkräftiger.

Weitere Einsatzbereiche

Die Forstrückeschiene von Bogner eignet sich für kleine Stämme. Die Chokerkette wird in den schräg nach hinten ragenden Schlitten gehängt. Beim Anfahren fährt der Schlitten nach hinten und hebt den Stammfuß dabei an

Harrer hat sogar schon weitere Einsatzgebiete ausgemacht, besser gesagt seine Mitarbeiter: „Das war schnell ein Selbstläufer. Plötzlich hatte jeder eine Idee, wofür man das ATV noch nutzen könne und was damit schneller oder bequemer zu erledigen sei“, erzählt Harrer. Inzwischen sind die vier ATV des Unternehmens auch bei der Pflege und der Pflanzung dabei. Da sie keine 500 kg wiegen, passen sie problemlos auf jeden Pkw-Anhänger, die in vielen Betrieben mehrfach vorhanden sind. Der Clou: Einmal auf der Waldstraße abgeladen, kann das ATV den Anhänger selbst übernehmen, denn eine Kugelkopfkupplung gehört zur Grundausstattung der Fahrzeuge und wird auch für die LoF-Zulassung benötigt. Die Firma Bogner hat das Kymco 700T dafür mit einem Anhängebock auf 1 000 kg Anhängelast verstärkt (577 kg ab Werk), natürlich mit allen dafür nötigen Papieren.

Nach dem Abladen kann man den Hänger an das ATV kuppeln und z.B. Material für Pflanzung und Zaunbau transportieren

Zaunrollen, Pfähle, Pflanzen und Werkzeug werden vom Lieferwagen auf den Anhänger geladen. So lässt sich das gesamte Equipment direkt bis zum Einsatzort transportieren, auch in den Bestand abseits von Gassen. Beim Zaunbau etwa fahren Harrers Mitarbeiter die Grenze ab, während der Pflanzung können sie mit dem Quad auch auf die Flächen, ein Traktor oder andere Fahrzeuge wären dafür zu schwer.

Ein ATV passt auf jeden Autoanhänger

Nicht zuletzt lassen sich ATV auch für leichte Rückearbeiten einsetzen, etwa bei schwachen Einzelbäumen außerhalb der Harvester-Reichweite. Für Nadelholzspitzen reicht eine kleine Winde an der Front mit 1300 kg Zugleistung, für stärkeres Schwachholz hat Bogner eine Eigenkonstruktion parat: Eine Holzrückeschiene, die den Stamm mechanisch anhebt, sodass er sich leichter schleppen lässt. Dabei erhöht das zusätzliche Gewicht die Traktion auf der Hinterachse. Wenn man sie nicht braucht, kann man die Rückeschiene einfach auf dem Kotflügel verstauen. Ihre Nutzung ist abhängig von der im Fahrzeugschein eingetragenen Zuglast und der Stützlast der Anhängerkupplung.

Modellpalette

Die Beifäller von Harrer & Mayer sind durch die ATVs schneller und weniger körperlich belastet, ihr Equipment haben sie immer komplett zur Hand

Die Kaufpreise für ATV beginnen bei Bogner ab etwa 6 000 € brutto, an diesen Modellen findet vorne und hinten je eine Kiste für Motorsägen und Werkzeug Platz. Neben Hiebs- und Pflegemaßnahmen kann man mit solchen Fahrzeugen auch die Bestände auf Käfer kontrollieren. Harrer & Mayer sammelten mit dieser Bauklasse die ersten Erfahrungen, und die Beifäller fahren noch immer mit diesen Geräten vor dem Harvester her.

Wer etwas mehr Ausstattung benötigt, bekommt für etwa 12 000 € das QSB-Forstspezial-ATV, das dann beispielsweise schon über den aufgelasteten Anhängebock samt Forstschiene, die Seilwinde und einen 110 l großes Topcase sowie einen Metallkorb an der Front verfügt. Die Basis bildet hier das Kymco MXU 700T mit 36 kW, welches zusätzlich mit Unterfahrschutz sowie Scheinwerferschutz und beheizten Griffen ausgestattet wird. Durch das zweistufige Automatikgetriebe gibt es kaum Traktionsverlust. Die Spurweite liegt bei 1,24 m, der Reifendruck von 0,35 bis 0,5 bar vergrößert die Kontaktfläche und das Anpassungsvermögen an den Untergrund.

Mit dem 66 kW starken Polaris kann man Kulturflächen pflegen, hier geschieht das mit dem ATV-Mähwerk von Rammy

Aber auch darüber ist noch nicht Schluss: Das Polaris XP 1000 leistet satte 66 kW und kann an einem Fronthubwerk mit Schnellwechseldreieck auch ein kleines Mähgerät tragen, wodurch es zum Beispiel zur Flächenvorbereitung vor dem Pflanzen genutzt werden kann. Der Brush-Cutter Rammy 120 hatte dabei auch mit dicken Büschen kein Pardon und fraß sich – natürlich etwas langsamer – durch armdicken Holunder. Im Heck hat Bogner eine praktische senkrechte Halterung für den Freischneider montiert, Praktiker wissen um dessen Transportschwierigkeiten: Selbst auf handfesten Traktoren ringen viele mit dem sperrigen aber unverzichtbaren Gerät, am ATV kann es überraschenderweise problemlos verstaut werden.

Detailansicht des ATV-Mähwerks von Rammy

Der Faktor Spaß

Aber auch der Faktor Spaß sei nicht nur für Privatwaldbesitzer wichtig, denn als Arbeitgeber möchten auch Harrer & Mayer ihren Mitarbeitern etwas bieten. Fachkräfte sind heute schwer zu bekommen, weshalb es gilt, diese auch zu halten. Die Quads sind dafür gut geeignet: Sie erleichtern nicht nur die tägliche Arbeit, sondern das Herumfahren bereitet den Mitarbeitern einfach auch Spaß. „Für die Fahrer auf Harvester und Forwarder geben wir unheimlich viel Geld aus, bestellen die ergonomischsten Sitze und besten Klimaanlagen. Da wurde es längst Zeit, dass wir den händisch arbeitenden Kollegen die gleiche Wertschätzung zuteil werden lassen“, sagt Harrer.

Der sperrige Freischneider findet am ATV dank geschickter Halterung problemlos Platz

„Für den Forstunternehmer zeichnet sich das ATV durch seine Vielseitigkeit aus, denn seine 100 km/h erlauben auch einen schnellen Einsatz, der erst eine lange Straße und dann in unwegsames Gelände führt. Private Waldbesitzer nutzen es auch gerne für die Bewirtschaftung von Flächen, die nicht dem üblichen Standard entsprechen, also Vernässung, Übergangsgelände oder eine unsymmetrische Erschließung vorliegt“, sagt Bogner. Wenn der Großteil des Bestandes nicht über 30 cm BHD liegt, biete ein ATV alles nötige, ein Traktor sei dann kaum noch nötig. Bogner selbst betreibt für den eigenen Wald sogar einen Rückewagen am ATV. Hat er eine neue forsttechnische Idee, fragt er zuerst seinen besten Freund Johannes Piephans: Der hauptberufliche Forstwirt steht ihm bei Projekten wie der Forstrückeschiene tatkräftig zur Seite – und natürlich ist er ebenfalls bereits mit einem eigenen QSB-Forstspezial-ATV unterwegs.

„In Skandinavien nutzen Forstprofis solche Fahrzeuge bereits seit 15 Jahren, nur in Deutschland haben viele das Potenzial noch nicht erkannt. Das wird sich aber ändern“, ist sich Harrer sicher. Jonas Bogner bestätigt das, er hat nach vielen Jahren der fast ausschließlich freizeitlich orientierten Kundschaft nun zunehmend Nachfrage für den Einsatz als Nutzfahrzeug festgestellt.

Von rechts: Forstdienstleister Norbert Harrer, Quadhändler Jonas Bogner und sein forsttechnischer Berater Johannes Piephans sowie Frank Strixner, Quad Instruktor und Eventmanager bei Fahrzeug Bogner bzw. QSB

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