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Hecklenker

Bei seitlich hängenden Rückegassen kann man mit dem hinteren Bogie hervorragend gegensteuern

Ein Forwarder hat üblicherweise eine Knicklenkung. Manche Kombimaschinen, die ihre Wurzeln vielleicht eher bei den vierrädrigen Standardschleppern haben, wie z.B. der Felix von Pfanzelt, oder die WF-Tracs, besitzen eine sogenannte Kombilenkung, mit einer zusätzlichen Achsschenkellenkung an der Vorderachse. Aber dass man den Achsbogie am Hinterwagen noch einmal separat einschlagen kann, ist fast noch weniger bekannt. Dabei hat die Firma Rottne das schon vor dreißig Jahren am Typ Rapid zum ersten Mal eingesetzt.

Eigentlich sollte es solche Schlängelgassen gar nicht mehr geben. Die Realität im Privatwald sieht oft anders aus

Im Hundegang mit versetzten Rädern lassen sich sowohl Forstwege als auch Gassenspuren manchmal schonender befahren

Wofür ist das gut?

Das aktuelle Modell mit diesem Feature ist der Rottne F 13D, der mit 14 t Nutzlast die Mittelklasse unter den blauen Schweden repräsentiert. Den hat die Firma Seiler aus Horgau jetzt (neben einem F10B und einem F11) seit gut einem Jahr im Einsatz. Davor gab es den F12 und auch dieser Typ tat bei Seilers schon seit 2007 Dienst. Offenbar ist Georg Seiler mit dieser Technik also gut gefahren bisher. Aber was sind eigentlich die Vorteile dieser Zusatzlenkung?

 

Die Prospektunterlagen des Herstellers heben vor allem darauf ab, dass der Lenkwinkel, der bei der reinen Knicklenkung 43° betragen würde, sich durch das Einschlagen am hinteren Bogie auf rekordverdächtige 54° erhöht. Das verspricht einen deutlich verringerten Wendekreis, oder anders formuliert: eine sehr gute Wendigkeit um enge Ecken herum. Außerdem ist die Zusatzlenkung normalerweise mit dem Knickgelenk gekoppelt, was die Maschine zu einem echten Spurläufer macht. Will heißen: Die hinteren Rädern laufen in der Kurve genau in derselben Spur wie die vorderen und es gibt weniger Scherwirkungen auf den Boden.

Dieser rote Hebel ist für die Lenkung bei Straßenfahrt

Aus dem Führerhaus immer im Blick: Der gut gekapselte Behälter der Zentralschmierung

Auf Wunsch lassen sich die Hinterräder aber auch mit Hilfe eines kleinen Joysticks an der linken Armlehne (die Hauptlenkung sitzt rechts) ganz separat steuern. Diese Möglichkeit nutzt der Juniorchef Stefan Seiler beim Rücken sehr intensiv und zeigt uns beim Besuch im Hieb auch gleich warum: Nach der reinen Lehre der Walderschließung werden Rückegassen ja immer genau in Falllinie und kerzengerade angelegt. Im Einzugsbereich der Firma Seiler, rund 50 km rund um Augsburg bzw. Zusmarshausen gibt es jedoch nicht nur die legendären langen Fichten, sondern auch sehr viel Privatwald, namentlich kleine Körperschaftswälder mit ideellen Flächenanteilen der Mitglieder. In einem solchen haben wir uns heute getroffen. Die Gassenstruktur ist hier über lange Zeit gewachsen und bei der Anlage haben die Vorfahren wohl oft genug nach dem Motto gehandelt: „Der Baum ist zu schad zum Wegschneiden – da fahr´mer drumrum!“

Das Ergebnis sind echte Schlängelgassen – romantisch anzusehen, aber für jeden Standard-Forwarder ein echter Graus. Der F13 bewegt sich hier elegant zwischen den Bäumen hindurch, obwohl er mit seiner 800er Bereifung auch 2,99 m breit ist. Immerhin ist diese Reifengröße bei der Maschine möglich - bei anderen Herstellern wäre hier schon die magische 3-m-Grenze für die Fahrzeugbreite überschritten, die eine Straßenzulassung und/oder unproblematischen Tiefladertransport erlaubt. Zugelassen sind aber alle Maschinen im Unternehmen, weil sie den Großteil ihrer Einsatzorte tatsächlich auf der eigenen Achse anfahren. Für das Langholz bzw. als Kombimaschine haben die Seilers deswegen auch zwei Pfanzelt Felix im Einsatz, die mit 40 km/h über die Landstraße düsen können.

Ja, die Wagenlenkung kostet Geld, sie bietet uns  aber auch einen echten Mehrwert

Auch auf die Querneigung haben die Altvorderen seinerzeit beim Holzrücken noch nicht geachtet, dementsprechend hängen hier die Gassen bisweilen kräftig zur Seite. Für knickgelenkte Maschinen ist diese Fahrsituation im beladenen Zustand normalerweise fatal: Das hohe Gewicht drängt die Fuhre seitlich ab, der Fahrer muss gegenlenken. Stellt er den Vorderwagen jedoch nach oben an, so lenkt er mit dem hinteren Achsbogie automatisch nach unten.

Der Mini-Joystick obenan der linken Armlehne ist für die Lenkung am Hinterwagen zuständig

Hangabtriebskraft

Das ist die große Stunde für die Wagenlenkung: Stefan Seiler kann auch mit den Hinterrädern gleichzeitig gegen den Hang lenken und schlägt der Hangabtriebskraft damit ein Schnippchen. Während Standardmaschinen in so einer Situation hässliche Rutsch-Spuren hinterlassen würden oder im schlimmsten Fall mit dem Umkippen kämpfen, zieht der doppelt gelenkte Rottne F 13D hier sauber seine Bahnen.

Apropos sauber: Zwei unabhängige Lenksysteme ermöglichen, wie wir alle wissen, den so genannten Hundegang, bei dem die Vorderachse in der Geradeausfahrt seitlich versetzt zu den Hinterrädern läuft. Was zunächst mal vor allem ulkig aussieht, lässt sich durchaus auch nutzbringend einsetzen: In Kombination mit den extrem breiten Reifen kann Stefan Seiler damit sowohl auf einem aufgeweichten Forstweg als auch in der Rückegasse leichtere Verdrückungen wieder „glattfahren“. Sein Bemühen um eine ansprechende Optik wird auch sehr schön deutlich, als wir die soeben gerückte Fuhre Papierholz abgeladen haben: Mit einem selbstgebauten „Klopfer“ im Greifer sorgt Stefan für eine perfekt glatte Polterstirnfläche. Das ist eine echte Augenweide, zumal er diesen Holzstapel aus Platzmangel schon kunstvoll im Bogen um die Wegkreuzung herumgezogen hat.

Blitzsaubere Arbeit: Mit diesem „Klopfer“sorgt Stefan Seiler für eine absolut glatte Polterstirnfläche

Luxusausstattung?

Also gut, jetzt haben wir gesehen, was man mit der Wagenlenkung alles anstellen kann. Aber rechnet sich der technische Aufwand?

Der Rottne F 13D besitzt diese Ausstattung serienmäßig, insofern gibt es keine exakte Zahl, was das Feature zusätzlich kostet. Aber laut Hersteller darf man grob 10.000 € kalkulieren. Das ist kein Pappenstiel, zugleich aber auch nicht überteuert, wenn man berücksichtigt, dass die Mechanik zwar relativ gut geschützt zwischen Reifen, Bogie und dem Rahmen versteckt ist, zugleich aber auch gewaltige Kräfte übertragen muss, zumal wenn die Fuhre voll beladen ist.

Wir stellen die Frage dem Unternehmer. Der deutet auf seine Maschine und sagt: „Wir haben hier zum Beispiel auch die Kabinenfederung Komfort Line bestellt. Die ist bei Rottne ja ziemlich aufwändig konstruiert und kostet ähnlich viel wie die Wagenlenkung. Wenn jetzt jemand rein betriebswirtschaftlich rechnet, könnte er auf die Idee kommen, dass sich diese Art der Gesundheitsvorsorge eigentlich nie bezahlt machen wird.“ Im Laufe der Diskussion kommen wir noch auf mehrere Beispiele von Zusatzausstattungen an dieser Maschine, die man als „Luxus“ abwerten könnte, wenn man wollte. So gibt es eine automatische Zentralschmieranlage, der Fahrer muss sich separat nur noch um den Greifer kümmern. Das hydraulisch absenkbare Stirngitter kostet auch Geld, macht auch „nur“ die Arbeit etwas angenehmer.

„Die Hecklenkung dagegen ist für uns sowas wie ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem wir den Waldbesitzern Mehrwert bieten können. Das wird zwar nicht direkt mit einem Preiszuschlag entgolten, sichert uns aber Aufträge, selbst wenn wir vielleicht mal nicht die Günstigsten sind.“

Vielleicht kommen jetzt auch andere Unternehmer auf den Geschmack? Mit der technischen Alleinstellung des Rottne F 13D ist es auf jeden Fall bald vorbei: Die Firma Vimek wird ihren neuen Forwarder auch mit einer Hinterwagenlenkung anbieten.

Kurzes Stelldichein zur Mittagspause: Georg Seiler, sein Sohn Stefan und ihr Fahrer Martin Leichtle (v.rechts)

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