Aus der Feder von Susanne Wiborg
Kam, sah und siegte
Sie kam ursprünglich als Brutei aus Hagenbecks Tierpark und wurde von ihrer Besitzerin liebevoll aufgezogen. Nach fünf Jahren Hühnerglück knackte der neue Hund der Familie die Stalltür und tötete die anderen Hennen. Penny, die einzige Überlebende, sollte nun zu uns kommen für den Rest ihres Rentenalters – vorausgesetzt, meine Mädels würden den ungewöhnlichen Zwerg tolerieren.
An Warnungen fehlte es nicht. Erfahrene Hühnerhalter schilderten Mobbingszenarien, dass mir ganz anders wurde, aber versuchen wollten wir es. Penny reiste also an, und das nicht etwa im Transportbehälter. Sie thronte ganz entspannt auf dem Arm ihrer Besitzerin, legte den Kopf mit der riesigen, puscheligen Haube schief und sah aus blanken dunklen Knopfaugen ruhig zu mir auf. Ich war hin und weg. Auf der Stelle war mir klar, weshalb diese uralte chinesische Rasse so viele Fans hat: Seidenhühner sind unwiderstehlich, weil noch skurriler, als Hühner es ohnehin schon sind. Ihren Federn fehlen die Häkchen, die die Strahlen normalerweise zusammenhalten, sodass das Gefieder aussieht und sich anfühlt wie ein dichter, weicher Pelz. Gekrönt wird dieser Flauschball von einem dunkelvioletten Reptiliengesicht mit türkisblauen Ohrscheiben und einer Mütze, die den britischen Horse Guards alle Ehre machen würde. Dazu war Penny, ganz hühneruntypisch, die Coolness in Person. Gelassen musterte sie von ihrer hohen Warte aus die neue Umgebung.
Sie warf scharfe Blicke unter ihrer überdimensionalen Mütze hervor – und die acht Hennen stoppten und beäugten den Eindringling mit langen Hälsen.
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