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Mulchen und die Insekten schützen

Zerkleinert, aber noch kein Pflanzenbrei: Christian Zurhake ist zufrieden und zeigt den gemulchten Aufwuchs.

Ein unterschätzter Lebensraum seien Straßen und Wegränder, wie Sinja Zieger vom Landschaftspflegeverband Landkreis Göttingen (LPV) empfindet, denn schließlich würden diese Bereiche nicht genutzt, sie seien „eh da“ und würden zudem die Landschaft vernetzen.

Oftmals seien die Wegränder aber mit zu vielen Nährstoffen angereichert durch die Bewirtschaftung der angrenzenden Äcker – in der Folge wachsen eher die Gräser und Brennessel – und würden falsch gepflegt. Damit könnten die Wege ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen.

Ansprüche gestiegen

Der LPV empfiehlt daher ein insektenschonendes Mähen mit nicht schlagender oder rotierender Technik, die mehr Insekten überleben lässt und zudem ein Abtragen des Mähgutes, um die Nährstoffe abzufahren und so Blühpflanzen zu fördern.

Der klassische Mulcher, der den Aufwuchs fein zerkleinert, mit der Stützwalze alles Lebende am Boden zerdrückt und zudem durch die Sogwirkung auch alles Leben über dem Boden hochsaugt, kommt in der Analyse des LPV mit 100 Prozent Insektensterblichkeit am schlechtesten weg. Bei einer Maschinenvorführung von LPV und der Firma Müthing bei Klein Schneen (Lk Göttingen) wurde der Mulcher kürzlich zumindest teilweise rehabilitiert. Müthing zeigte, dass sich Mulchtechnik und Insektenschutz nicht ausschließen müssen. Denn der Mulcher habe sehr wohl seine Berechtigung, wie Produktmanager Christian Zurhake verdeutlichte. Der Mulcher sei im Ackerbau generell nicht mehr wegzudenken, etwa zur Zerkleinerung von Ernteresten aus phytosanitären Gründen.

Ökotop-Mulcher mit vorgebautem Insektenscheuch-Einrichtung. Geführt wird sie über die Hydraulik und vier Stützräder.
Auch für kleinere Anwendungen im Kommunalbereich geeignet. Hier mit 1,40 m Arbeitsbreite und dem Insektenaufscheucher.

Doch Kritiker monieren: So gut die klassischen Mulcher im Acker funktionieren, so sehr sind sie in der Landschafts- und Wegepflege ein Kompromiss, denn die Schlegelmäher/Mulcher vieler Hersteller haben nur die Funktion der Aufwuchsbeseitigung und legen eine regelrechte Matte aus gemulchten Aufwuchs auf der Oberfläche ab. Diese ist dann nur schwer vom Unterwuchs zu durchdringen, die unerwünschten Dunkelkeimer und Schatten ertragenden Pflanzen werden gegenüber den eher lichtbedürftigen Blühpflanzen gefördert. Das Verfahren habe zwar bislang ausgereicht, die ökologischen Ansprüche sind jedoch in den vergangenen Jahren gestiegen.

Ökologische Vorteile

Müthing hat darauf reagiert und geht mit seinen Vario-Mulchern einen anderen Weg: Statt den Aufwuchs abzuschlegeln, sorgt im Gerät eine einstellbare Gegenschneide dafür, das besonders fein zerkleinerte Pflanzenreste hinterlassen werden. Diese Mulcher laufen mit Stützwalze, das Mähgut wird zur schnelleren Verrottung lose dahinter abgelegt.

Einen Schritt weiter geht Müthing mit dem „Ökotop-Mulchgerät“, bei dem mit einem angebauten Insektenretter schon vor dem Mulchgerät an dem Aufwuchs befindliche Fluginsekten und am Boden sitzende Vögel, Kleinlebewesen und Jungwild aufgeschreckt werden und fliehen können sollen. Durch Y-Schlegel im Gerät kann der Mulcher in einer Arbeitshöhe von ca. zehn bis zwölf Zentimetern über dem Erdboden eingestellt werden.

Positiver Nebeneffekt: Diese Schlegel erzeugen keine Sogwirkung. Statt einer breiten Stützwalze, die die Tierwelt zerdrücken würde, überfahren lediglich die vier Stützräder die Fläche. Durch das System sollen die Vorteile des Mulchers mit ökologischen Vorteilen kombiniert werden.

Einig waren sich LPV und Müthing darin, dass ein Mähen oder Mulchen immer einen Eingriff ins „Ökosystem Wegrand“ darstellt. Daher trage vor allem das abschnittsweise Mähen und das Stehenlassen von Streifen dazu bei, dass Teilbereiche nicht oder erst später bearbeitet werden und sich das Biotop dadurch regenerieren kann.

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