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Der Kampf gegen die Wassermassen

Bis hierhin stand das Wasser im Jungviehstall von Familie Deckers. Inzwischen ist wieder alles sauber und trocken.

Es ist Tag elf nach dem großen Unwetter. Auf dem Betrieb von Judith und Christoph Deckers im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen ist davon nicht mehr viel zu sehen. Es ist sauber und trocken. Aber man merkt den beiden nach wie vor den Schock über die Wassermassen an, die ihren Betrieb am 14. und 15. Juli erreichten. „Es war einfach schrecklich“, sind sie sich einig. „Drei Tage lang haben wir gegen die Wassermassen gekämpft. Und danach nur Verwüstung.“

Ein reißender Fluss

Das Betriebsleiterehepaar bewirtschaftet einen Milchviehbetrieb mit 140 Milchkühen und Nachzucht sowie 70 Hektar Ackerland und 20 Hektar Grünland. Dass die 200 Meter vom Betrieb entfernt liegende Wurm über das Ufer tritt und seine Felder überschwemmt, kennt Christoph Deckers schon. „Ich habe das in meinem Leben schon etwa sechsmal erlebt, aber noch nie in diesem Ausmaß“, meint der 46-Jährige. Aus dem kleinen Flüsschen sei ein reißender Fluss geworden. „Das war hier für uns ein Jahrhunderthochwasser.“

Normalerweise trete die Wurm bei einer Niederschlagsmenge von 80 Milliliter pro m2 über, diesmal seien es 130 gewesen. In kürzester Zeit sei das Wasser durch die Hofeinfahrt zu den Wohngebäuden und den darunterliegenden Jungviehställen geschossen. Judith und Christoph Deckers musste 35 Stück Jungvieh evakuieren. Sie kamen zu einem Nachbarn und in einen gepachteten Stall in zehn Kilometer Entfernung zum eigentlichen Hofgelände. Weitere 30 Jungtiere musste das Ehepaar Deckers von der Weide holen und auch die 30 Schweine von der Weide direkt am Haus an einen trockenen Ort verbringen.

Wie hoch die Schäden sind, können Judith und Christoph Deckers noch nicht beziffern. Da der Hof in einem ausgewiesenen Hochwassergebiet liegt, haben die beiden keine Elementarschadensversicherung. Christoph Deckers rechnet bei insgesamt sechs Hektar Weizen und auch bei sechs Hektar Raps mit Ertragseinbußen. Ob bestimmte Flächen überhaupt befahrbar sind, ist für ihn fraglich. Auch wisse er noch nicht, was er mit dem Aufwuchs seiner stark verdreckten Wiesen macht und wie stark seine Futtervorräte in Mitleidenschaft gezogen wurden. „Die Rundballen haben einen Meter hoch im Wasser gestanden. Einige sind sogar weggeschwommen. Auch die Maissilage, die Pressschnitzelsilage und unser Futterstroh standen unter Wasser.“

„Die Rundballen haben einen Meter hoch im Wasser gestanden. Einige sind sogar weggeschwommen."

Christoph Deckers

Als Lieferant der Molkerei Hochwald war der Betrieb ebenfalls von den Folgen des Hochwassers betroffen. Der Spediteur war hochwassergeschädigt und konnte seine Fahrzeuge nicht einsetzen. Außerdem gab es Probleme bei der Zufahrt zum Hochwaldwerk im Gewerbegebiet von Erftstadt. Deckers musste seine Milch aber nicht - wie Hochwaldlieferanten aus anderen Regionen- wegfließen lassen.

Erleichtert sind die beiden, dass Wohnhaus und Kuhstall von den Wassermassen verschont geblieben sind. Allerding ist ein Mietshaus stark in Mitleidenschaft gezogen. In jedem Fall möchten sie ein solches Hochwasser nicht mehr erleben. „Das Schlimmste war die Angst, dass das Wasser noch weiter steigen könnte“, blickt Christoph Deckers zurück. Drei Nächte hätten sie nicht geschlafen und Existenzangst gehabt.

Das Jungvieh aus dem Stall musste evakuiert werden, konnte aber schon nach drei Tagen zurück auf den Betrieb.

Große Hilfsbereitschaft

„Aber wir sind mit einem dicken blauen Auge davongekommen. Keiner von uns ist verletzt und alle unsere Tiere sind gerettet. In anderen Regionen hat es die Menschen noch viel härter getroffen“, versichern Judith und Christoph Deckers und sind sogar ein bisschen dankbar – vor allem für die Hilfe, die sie erfahren durften. Alle in der Familie, Mitarbeiter und Freunde hätten mit angepackt, zahlreiche Landwirte hätten Hilfe angeboten. „Schon am Freitagsnachmittag nach der Katastrophe war hier alles wieder in Ordnung und wir konnten unsere Tiere auf den Hof zurückholen. Die große Hilfe war einfach Wahnsinn.“

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