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„Wir brauchen langfristige Sicherheit“

Michael und Hendrik Becker (v.l.) halten 180 Mastbullen in Halligdorf im Landkreis Uelzen.

Michael Becker wünscht sich vor allem Sicherheit. „Das wäre die Voraussetzung, damit wir weitermachen können: Sicherheit bei den Fleischpreisen und langfristige Sicherheit durch eindeutige Vorgaben, die nicht in fünf Jahren wieder verschärft werden“, erklärt der Bullenmäster aus Halligdorf, Kreis Uelzen.

Bullenmast seit 50 Jahren

Seine Familie mästet seit rund 50 Jahren Bullen. Nachdem die Milchkühe damals den Betrieb verlassen haben, lebten Beckers Eltern einige Zeit von 30 Bullen. 1988 baute die Familie einen neuen Maststall, in dem sie heute 180 Bullen mästet. Becker bewirtschaftet den Betrieb gemeinsam mit seinem Sohn Hendrik. Neben der Bullenmast gehören 40 Hektar Ackerfläche (Mais, Weizen und Ackergras) zum Hof. Ein weiterer Betriebszweig ist die Lohnarbeit.

Die Bullen kauft Becker mit fünf bis sechs Monaten in Gruppen von je 30 Tieren. Zum Teil stehen die Fresser in den ersten Wochen in einem Altgebäude auf Stroh, bevor sie in den Maststall mit Betonspaltenboden umgestallt werden. Für Bullen unter sechs Monaten sind weiche Böden gesetzlich vorgeschrieben. Das Schlachtalter liegt bei 16 bis 18 Monaten, sodass die Tiere rund ein Jahr auf dem Betrieb sind.

Becker teilt die Tiere in der Vormast in Fünfergruppen ein. Das Platzangebot pro Tier liegt in den 13 m² großen Buchten bei 2,6 m². „Als wir 1988 gebaut haben, hat keiner nach dem Platzangebot gefragt“, blickt der Landwirt heute zurück. „Gebaut haben wir ursprünglich für sieben Tiere pro Bucht. Aber da haben wir gemerkt, dass das nicht passt, gerade in der Endmast. Die Tiere müssen vernünftig liegen und zur Tränke kommen können. Sie sollen sich wohlfühlen und das können sie nicht, wenn nicht alle gleichzeitig liegen können.“

Weniger Tiere pro Bucht

Die Niedersächsische Tierschutzleitlinie für die Mastrinderhaltung fordert in Altbauten ein Platzangebot von 2,7 m², allerdings erst in der Endmast ab einem Gewicht von 650 kg. Daher kann Becker die Mindestfläche einhalten, wenn er ein Tier pro Bucht früher verkauft, sodass die übrigen Bullen mehr Platz haben, wenn sie die Gewichtsgrenze überschreiten. Diese Möglichkeit entfällt ab 2030, wenn die Leitlinie auch für Altbauten Mindestplatzangebote von 2,75 m² ab 450 kg und 3,5 m² ab 650 kg vorsieht sowie eine weiche Liegefläche. Dann muss Becker ein Tier weniger pro Bucht einstallen. Stufe 2 der Haltungsform-Kennzeichnung der Initiative Tierwohl (ITW) fordert sogar schon ab 400 kg ein Mindestplatzangebot von 3 m² (Tabelle). Haltungsstufe 3 geht noch darüber hinaus mit 4 m² ab 400 kg. Dafür dürfte Becker nur noch drei statt fünf Tiere pro Bucht einstallen.

Mehrkosten ausgleichen

Zusätzlich sollen in den nächsten Jahren die Vorgaben des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung (Borchert-Kommission) kommen. Diese werden wahrscheinlich noch über den bisherigen Kriterien liegen, vermutet Wilfried Naue, Fachberater bei der LWK Niedersachsen. Der Verlust an Tierplätzen und die Kosten für die geforderte weiche Unterlage müssten über einen Zuschlag auf die Notierung oder einen Festbetrag pro verkauftem Bullen ausgeglichen werden. Laut Naue würden die Mehrkosten je kg Schlachtgewicht im Betrieb Becker für Haltungsstufe 2 bei 17 Cent und für Stufe 3 bei 73 Cent liegen (Tabelle). „Die Frage ist, was der Lebensmitteleinzelhandel bereit sein wird, als Aufschlag für das erhöhte Platzangebot zu zahlen und ob der Verbraucher bereit ist, mehr Geld je kg Schlachtgewicht zu zahlen. In der Folgenabschätzung zur Borchert-Kommission heißt es, es soll einen Zuschlag geben und eine intensive Förderung, damit die Landwirte den Verlust an Tierplätzen ausgleichen können. Aber derzeit wissen wir noch nicht, wie das aussehen wird.“

Die finanzielle Situation bereitet auch Becker Sorgen. Die Direktkosten seien stark gestiegen – die Einnahmen nicht. „Als ich in der Landwirtschaftsschule war, hat Rindfleisch 8,20 DM gekostet, heute sind wir bei 4,20 Euro. Was sonst kostet heute noch das gleiche wie vor 40 Jahren? Für jeden Turnschuh oder Schlepper ist der Preis in dieser Zeit auf das Drei- oder Vierfache gestiegen. Es ist haarsträubend, was wir Landwirte uns da gefallen lassen.“

Blick in die Zukunft

Für Becker ist momentan fraglich, ob Weitermachen bei seiner Betriebsgröße eine Option ist. „Mein Ziel war immer, den Betrieb schuldenfrei an meine Kinder zu übergeben und das könnte ich jetzt. Ich will nicht in einen Stall investieren und die nächste Generation hat dann die Last damit.“ Der Umstieg auf einen anderen Betriebszweig ist für den Betrieb keine Option. Direktvermarktung oder Pensionspferdehaltung wären mögliche Wege, aber dazu fehle die Nähe zu einer größeren Stadt, sodass sich beides nicht lohnen würde.

Naue sieht für die Zukunft des Betriebs Becker verschiedene Möglichkeiten. „Um weiterzumachen, wäre die wirkungsvollste Lösung, rechts und links einen Strohbereich an den Stall anzuschleppen, um mehr Platz zu schaffen.“ Das erscheint auch für Becker die sinnvollste Option. Platztechnisch wäre es möglich, da auf beiden Seiten des Stalles freie Flächen vorhanden sind. Ein Problem sieht er allerdings in der Beschaffung von Stroh, das er aus weiter Entfernung zukaufen müsste. Wie sich eine Fläche von 4 m² oder mehr auf das Verhalten der Bullen auswirkt, ist für ihn ebenfalls noch fraglich. Laut Naue könnte auch der Ausstieg ein möglicher Weg sein, weil sich die Mast mit weniger Tieren nicht rechnet.

Bis auf weiteres werden Beckers wohl abwarten und weiter machen wie bisher. „Wir können bis 2030 so weitermachen und dann entscheiden oder abwarten, was die Borchert-Kommission ergibt. Aber irgendwann demnächst müssen wir uns orientieren.“

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