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In fünf Schritten zum Ökolandbau

Bereits vor der ersten Umstelleraussaat oder Investition in Technik zur mechanischen Unkrautregulierung wie Striegel oder Hacke müssen dringend einige betriebswirtschaftliche Aspekte ausreichend bedacht und geplant werden.

Das Interesse vieler Landwirtinnen und Landwirte nach einer zukunftsfähigen Ausrichtung des Betriebs, die gesellschaftlichen Forderungen hin zu einer nachhaltigeren und ressourcenschonenderen Landwirtschaft sowie veränderte politische Rahmenbedingungen, rücken den Ökologischen Landbau als möglichen Lösungsweg in den Fokus. Landwirte spüren die Auswirkungen der Klimaveränderung schon jetzt sehr deutlich.

Es stellt sich daher die Frage der Resilienz des eigenen Betriebes an veränderte klimatische Rahmenbedingungen und ob hier der Ökologische Landbau unter anderem durch die Diversifizierung der Fruchtfolge das Anbaurisiko zukünftig streut. Nicht zuletzt sind viele mit der konventionellen Marksituation unzufrieden. Doch lohnt sich ein Umstieg von konventioneller auf ökologische Wirtschaftsweise wirklich für jeden Betrieb und welche Überlegungen gibt es vor einer Umstellung zu beachten? Da im Folgenden allgemeine Empfehlungen aus der Praxis dargestellt werden, können sich im Einzelnen für landwirtschaftliche Unternehmungen, gerade im Bereich der Sonderkulturen, durchaus Abweichungen von den beschriebenen Beispielen ergeben.

1. Ökolandbau ist keine Sanierungsmaßnahme

Deutlich höhere Erzeugerpreise, welche über dem konventionellen Durchschnitt liegen, veranlassen so manche Landwirte auf den ersten Blick über einen Einstieg in den Ökolandbau nachzudenken. Dass sich der weitaus kleinere Markt für ökologische Erzeugnisse sehr dynamisch gestaltet und gerade die Qualitäten und Erträge im Ackerbau deutlicher schwanken als in der konventionellen Wirtschaftsweise, sollte dabei nicht außer Acht gelassen werden.

Die erhöhte Flächenförderung des Ökologischen Landbaus, welche als Überbrückung zum Umstieg gedacht ist und auf die übliche Betriebsprämie aufsattelt, scheint verlockend, eine Umstellung ist aber auch mit erheblichen Kosten verbunden und der Betrieb hat gerade die ersten Jahre eine echte Durststrecke zu überwinden. Entschließt sich ein Landwirt heute zur Umstellung auf ökologischen Landbau, so muss ein zweijähriger Umstellungszeitraum durchlaufen werden, in dem zwar schon nach den EU-Rechtsvorschriften für den Ökologischen Landbau gewirtschaftet wird, aber die Erzeugnisse noch nicht als anerkannte Bioware verkauft werden dürfen. Grundsätzlich gilt, dass Betriebe welche in Bezug auf die Rentabilität, Stabilität und Liquidität zum jetzigen Zeitpunkt gut aufgestellt sind, den Zeitraum der Umstellung wesentlicher besser meistern als Betriebe, welche sich konventionell schon in finanzieller Schieflage befinden. Der Umstellungszeitraum kostet nicht nur Kraft, sondern auch Geld.

2. Im Voraus ausreichend Informationen einholen

Eine Umstellung sollte gut überlegt und nicht überstürzt werden. Ein mindestens einjähriger, besser noch mehrjähriger Informationszeitraum vor dem geplanten Beginn der Umstellung ist zu empfehlen. Beispielsweise bieten in Deutschland die Offizialberatungen der einzelnen Bundesländer (Landwirtschaftskammern, Landesämter etc.) Umstellungsinteressierten eine unabhängige einzelbetriebliche Umstellungsberatung. Berater informieren in einer häufig finanziell geförderten Erstberatung über das System Ökologischer Landbau und den Grundprinzipien, auf welchen diese Wirtschaftsweise beruht. Des Weiteren wird auf die Richtlinien der EU-Öko-Verordnung, welche den Handlungsrahmen der Landwirte vorgibt, sowie auf Fragen der Förderung eingegangen.

Zusätzlich bieten die deutschen Öko-Anbauverbände ebenfalls Beratung auf Grundlage der jeweiligen Verbandsrichtlinien. Welche Vorteile eine zusätzliche Mitgliedschaft in einem Bio-Anbauverband hat, ist häufig auf den ersten Blick nicht ersichtlich und bedarf einer genaueren Erklärung. Unter anderem am Beispiel der Vermarktungsmöglichkeiten zeigt sich in vielen Fällen, dass eine Verbandsmitgliedschaft sinnvoll und teilweise gefordert wird.

Da der Ökologische Landbau den Kreislaufgedanken verfolgt und viele Betriebe sich in den letzten Jahren auf Betriebszweige ohne Viehhaltung spezialisiert haben, stellt sich auch die Frage der organischen Nährstoffzufuhr. Ein zentraler Beratungsschwerpunkt ist zudem die Betrachtung der verschiedenen Kulturen mit ihren Vermarktungspotenzial und die Gestaltung der Fruchtfolge. Viele Fragen drehen sich häufig auch um die Möglichkeiten der Beikrautregulierung. Oftmals zeigt sich nach einer mehrstündigen Erstberatung schon inwieweit sich Betriebsleiter mit dem System wirklich identifizieren können und welche betrieblichen Herausforderungen sich ergeben.

Beispielsweise rückt eine Umstellung hier schon in weite Ferne, wenn in der Vergangenheit bestimmte chemische Präparate gegen Lagerschädlinge in der Getreidelagerung oder chemische Keimhemmungsmittel in der Kartoffellagerung eingesetzt wurden, welche im Ökolandbau aufgrund der Rückstände nicht erlaubt sind. Ein Neubau in bestimmten Größenordnungen ist hier oftmals nicht rentabel. Im Bereich der Rinderhaltung könnte die geforderte Weidehaltung ein Ausschlusskriterium für Betriebe sein, welche keine arrondierten Flächen am Stallgebäude besitzen, um den Rindern Zugang zu Weideflächen zu ermöglichen. Aber auch das nicht vorhanden sein einer Molkerei, welche Biomilch verarbeitet und Lieferanten aufnimmt, ist für Milchviehbetriebe ohne eigene Verarbeitung in der Regel ein Ausschlusskriterium.

Besonders die eigene Familie aber auch das soziale Umfeld kann einer Umstellung kritisch gegenüber stehen, sodass umstellungswillige Betriebsleiter häufig innerfamiliäre Konflikte klären müssen und gegenüber der Kritik aus dem sozialen Umfeld ein „dickes Fell“ aufweisen müssen.

Der Ökolandbau ist oft mit mehr Arbeitsaufwand verbunden. Roboter wie der Farmdroid FD20 könnten dabei künftig Entlastung bringen und Kulturen wie Zuckerrüben rentabler machen.

Der steigende Vermarktungsaufwand wird in der Praxis oftmals unterschätzt. Es sollte dringend vorab geplant werden, wohin beispielsweise der Mais aus der Umstellung geliefert wird.

3. Betriebswirtschaftliche Analyse ist die Grundlage

Auch wenn der Wille und die Entschlossenheit zur Umstellung schon sehr ausgeprägt sind, ist es doch von Vorteil, die Umstellung nüchtern in Zahlen zu betrachten. Über die Jahre sinken gerade im Getreideanbau die Erträge, während sie sich beispielsweise beim Körnermaisanbau häufig auf vergleichbarem konventionellem Niveau halten. Die notwendigen Investitionen in Stall- und Gebäudetechnik sowie Technik der Außenwirtschaft müssen mit einkalkuliert werden. Zu beachten sind zudem arbeitswirtschaftliche Aspekte. Je nach Betriebsausrichtung müssen gegebenenfalls zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt oder Saisonarbeitskräfte organisiert werden.

In der Praxis werden häufig mehrjährige Lieferverpflichtungen eingegangen, welche bei einer möglichen Umstellung weiterhin erfüllt werden müssen. Ob sich dies jedoch auch noch unter ökologischer Bewirtschaftung rechnet, sollte genau kalkuliert werden. Ist ein Teil der Betriebsfläche gepachtet, so sollten die Pachtbedingungen überprüft und Kontakt zum/r Verpächterin aufgenommen werden. Häufig stößt die Information, dass in Erwägung gezogen wird zukünftig die Flächen nach den Richtlinien des Ökologischen Landbaus zu bewirtschaften, bei Verpächter auf positive Resonanz. Sollte dies nicht der Fall sein und es ist zukünftig keine Verlängerung des Pachtzeitraums nach Pachtende zu erwarten, so sollte auch der Flächenverlust mit in die Kalkulation aufgenommen werden.

Beantragt ein Landwirt in Niedersachsen die BV 1 Förderung für Ökologischen Landbau im Agrarantrag, so wird ein fünfjähriger Verpflichtungszeitraum eingegangen. Würde innerhalb dieses Zeitraums festgestellt werden, dass Gründe für eine Rückumstellung zu konventioneller Bewirtschaftung überwiegen, so müsste die gesamte Fördersumme seit Beginn des Förderzeitraums zurückgezahlt werden.

4. Vermarktungswege vor dem Anbau erschließen

Der steigende Vermarktungsaufwand wird in der Praxis oftmals unterschätzt. Da bei Ökobetrieben häufig nicht mehr nur ein Kontrakt mit dem örtlichen Landhandel erfolgt, sondern teilweise mehrere Abnehmer gleichzeitig unterschiedliche Erzeugnisse abnehmen, steigt auch der Zeitbedarf hinsichtlich der Vermarktung. Zusätzlich befinden sich die Betriebe der abnehmenden Hand oftmals nicht in räumlicher Nähe, sodass mit zusätzlichen Fracht- und Lagerkosten kalkuliert werden muss.

Die unterschiedlichsten Vermarktungswege sollten bedacht werden: von der Vermarktung des Getreides über Erzeugerzusammenschlüsse bis zur Direktvermarktung von Tierprodukten über Online-Plattformen oder eigenem Hofladen. Hier sollten unter anderem die persönliche Neigung, betriebliche Gegebenheiten und der Arbeitskräftebedarf eine Rolle spielen. Eine Frage könnte sein: Ist mir der Kontakt zum Verbraucher im täglichen Hofalltag wichtig oder gebe ich die Vermarktung meiner Produkte an den Handel ab?

5. Einen festen Zeitplan für die Umstellung erarbeiten

Ist am Ende nach reichlicher Information und betriebswirtschaftlicher Kalkulation der Entschluss gereift, den Betrieb auf Ökologischen Landbau umzustellen, so muss der Zeitpunkt der Umstellung gut gewählt werden. Im Ackerbau bietet sich häufig der 1. Juli des Jahres als Umstellungsbeginn an. Bis zu diesem Termin können noch letzte chemische Pflanzenschutzmaßnahmen in den Ackerkulturen durchgeführt werden, bevor die Ernte dann etwa ab Mitte Juli beginnt.

Zwölf Monate nach Umstellungsbeginn darf das landwirtschaftliche Erzeugnis als sogenannte Umstellungsware vermarktet werden. Das hieße in dem Fall, dass die Ernte des Winterweizens im Jahr des Umstellungsbeginn noch als konventionelle Ware vermarktet wird. Im darauffolgenden Jahr kann die Ernte (nach dem 1. Juli) dann als Umstellungsware vermarktet werden. Erst Ackerkulturen, welche 24 Monate nach Umstellungsbeginn der Flächen angebaut wurden, dürfen zur Ernte als anerkannte Bio-Ware verkauft werden.

Sollten Sie Fragen rund um den Ökologischen Landbau haben, oder wünschen Sie eine betriebsindividuelle Umstellungsberatung, kontaktieren Sie gerne die Berater aus dem Fachbereich Ökologischer Landbau der LWK Niedersachsen.

Fazit

  • Der Einstieg in den Ökolandbau sollte sowohl aus persönlicher als auch betrieblicher Sicht wohl überlegt sein.
  • Betriebsleiter, die bereit für Veränderungen sind und neue Herausforderungen nicht scheuen, bringen gute Voraussetzungen für die zukünftige Bewirtschaftung des eigenen Betriebs nach Öko-Richtlinien mit.
  • Besonders wichtig ist es, vorab die kommenden zwei Umstellungsjahre zu planen.
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