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DORFLEBEN

Eine Schreiberin des heiligen Wortes

Ob kleines oder großes Bildnis, ob Kreuz oder Triptychon – Barbara Teubners Ikonen strahlen von innen heraus.

Es sind bildliche Darstellungen des geschriebenen und gesprochenen Wort Gottes. Ikonen sind Bilder, die biblische Geschichten erzählen. Schaffende dieser Kunstrichtung, die Ikonographen, verdanken ihre Namensgebung dem griechischen Sprachgebrauch. In der orthodoxen Christenheit finden diese Kultbilder eine tiefe religiöse Verehrung.

Für die Tätigkeit Ikonen zu schreiben, fühlt sich Barbara Teubner aus Otternhagen in der Region Hannover, schon seit über 35 Jahren berufen. Sie haben richtig gelesen, es heißt tatsächlich „Ikonen schreiben“. Somit ist jede Ikonographin und jeder Ikonograph, Schreiberin oder Schreiber des heiligen Wortes und bringt mit Pinsel und Farbe biblische Geschehnisse zum Ausdruck.

Die Leidenschaft für Ikonen entdeckte Barbara Teubner zur der Zeit, als ihre Kinder noch klein waren. Im Grunde genommen war sogar die „Sesamstraße“ für ihre Liebe zu Ikonen verantwortlich. Denn nach dieser Kindersendung folgte damals eine Reportage über die Heiligenbilder der Ostkirche, die die junge Ehefrau und Mutter dreier Kinder sofort in den Bann zog. Mit großem Interesse verfolgte sie die Reportage und erlangte erstmals davon Kenntnis, dass die Ikonenmalerei nicht ausschließlich Mönchen vorbehalten war, sondern auch Frauen diesem schöpferischen Handwerk nachgingen. „Ich habe mich dann gleich ans Telefon gesetzt und dort angerufen“, berichtet sie. Nicht viel später habe sie sich ihre ersten Malutensilien zugelegt und ihr Studium der Ikonenmaltechnik begonnen. Ihre Lehrmeister auf ihrem Weg waren ein russischer Ikonenmeister, Professor Berger in Sinsheim und ein griechischer Ikonenmaler vom Berge Athos.

Farben mit Bedeutung

Mittlerweile ist sie Fachfrau auf ihrem Gebiet, hat unzählige Ikonen gefertigt, Auftragsarbeiten für Kirchen umgesetzt und ganze Kirchen ausgemalt. Die Franziskus-Kirche mit ihrem Taufaltar-Triptychon, einem dreigeteilten Gemälde, und die Elisabeth-Kirche zu Schwarzenbek mit den großen Kanzel-Ikonen machten im Jahre 1991 bis 1994 den Anfang. Es folgten Jahre in denen sozusagen der Pinsel keine Ruhe fand und unter Führung der ruhigen Hand der Kunstschaffenden eine große Anzahl unterschiedlicher Ikonen entstanden. Ihnen gemein ist die „wunderbare Ausstrahlung von Ruhe und Würde“, sagt Teubner und erklärt, dass jede Farbe ihre eigene Bedeutung habe. So stehe Gold für das Himmlische und Kostbare, Rot symbolisiere das Göttliche und Blau das Irdische.

Eine schimmernde Ei-Ikone mit Krippenmotiv: Das Jesuskind in der Wiege umgeben von Mutter Maria sowie Esel und Ochse.

Ungefähr 800 Ikonen hat die Otternhagener Künstlerin bisher angefertigt. Für die Jakobskirche in Hamburg fertigte sie eine Dreifaltigkeits-Ikone, zur Weltausstellung „Expo 2000“ in Hannover ein Altar-Triptychon, für die Rochuskapelle in Bingen eine Altar-Ikone im Barock-Rahmen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass das Bildnis erst nach der Weihe durch einen orthodoxen Priester zur Ikone wird. Beim aufmerksamen Betrachten einer Ikone wird Interessierten nicht entgehen, dass nirgends an dem Kunstobjekt eine Signatur zu finden ist. Dieses rühre daher, dass die jeweilige Künstlerin oder der Künstler „hinter seinem Werk zurückstehe“, sagt die Ikonographin. Dadurch gebührt der Ikone die vollkommene Aufmerksamkeit und nichts lenkt von dem dargestellten Bildnis ab.

Geduld ist gefragt

Die Entstehung einer Ikone ist nicht ganz einfach, erfordert viele Arbeitsschritte und insbesondere Geduld. Zuallererst muss auf eine mit Leinentuch vorbehandelte Holztafel eine mehrschichtige Kreidegrundierung aufgetragen werden. Anschließend wird sie geschliffen, bis keine Unebenheit mehr vorhanden und eine glatte Oberfläche entstanden ist. Nun wird das Motiv eingraviert. Nachdem ein Haftmittel aufgetragen wurde, darf die Vergoldungsarbeit beginnen und die Ikone wird mit Blattgold ausgelegt. Es entstehen der himmlische Hintergrund und die Heiligenscheine.

Wenn der Goldbelag trocken und damit polierfähig ist, kommt ein Achatstein zum Einsatz. Das vorsichtige Polieren mit diesem sorgt dafür, dass das Gold seinen strahlenden Glanz erhält. Erst hiernach entsteht das eigentliche Bild, zu dem bis zu zwanzig Farbschichten erforderlich sind. Diese lassen nach Fertigstellung den Eindruck entstehen, „dass das Bild von oben Licht erhält und von innen heraus strahlt“, sagt die Ikonenmalerin.

Gemalt wird nach alter traditioneller Maltechnik (Malkanon) und mit Eitempera-Farbe (wasserverdünntes Eigelb als Bindemittel mit einem Pigment), die Barbara Teubner selbst anmischt. Hierzu arbeitet sie gemahlene Pigmente und Halbedelsteine in eine Ei-Emulsion ein. Auf diese Weise entstanden viele Ikonen, die in Kirchen, Klöstern, Kapellen in nah und fern ihre neue Heimat gefunden haben. Zum Malen selbst, empfiehlt sie Interessierten, von Mönchen gesungene, kirchliche Liturgien. Diese eignen sich sehr gut als musikalische Untermalung, während des Malprozesses.

Ein geöffnetes Altar-Triptychon, das aus drei Teilen besteht, einer Mitteltafel und zwei kleineren Flügeln.

Viele ihrer Exponate durften sich über zehn Jahre lang im Ikonen Museum in Neustadt am Rübenberge präsentieren. Dieses befand sich in einem im Jahr 1707 erbauten Fachwerkhaus im Zentrum der Stadt, das auch als Storchenhaus bekannt ist. Denn schon seit ungefähr siebzig Jahren bietet der Storchenhorst auf dem Dach des Hauses Jahr für Jahr Familie Adebar ein Zuhause.

So fanden die erlesenen Kostbarkeiten, die Barbara Teubner schuf, exakt 300 Jahre nach Bau dieses Hauses, im Jahr 2007 einen Raum hinter Mauern mit historischem Hintergrund. Der Rahmen, in dem sie ihre Ikonen ausstelle, müsse passen, sagt die Künstlerin. Und anknüpfend an die Vergangenheit, in der das Fachwerkhaus noch als Lehrer- und Schulhaus diente, stand das Gebäude auch Schülern wieder offen.

Denn um ihr Wissen weiterzugeben, bot die Künstlerin im Storchenhaus Malkurse für Anfänger und Fortgeschrittene an. „Das war eine wunderbare Aufgabe in einer guten Atmosphäre“, sagt Barbara Teubner. Unter ihrem geschulten Blick und mit ihrer helfenden Hand, konnten Malschülerinnen und Malschüler eine kleine Ein- oder eine etwas größere Zweitagesikone anfertigen und stolz mit nach Hause nehmen.

Nach zehn Jahren schloss das Ikonenmuseum seine Pforten, was natürlich nicht heißen sollte, dass die Künstlerin ihr Wissen nicht mehr weitergeben würde. Es folgten drei Jahre, in denen sich ihre Werke im Glockenpalast in Gifhorn, einem Zentrum des Kunsthandwerks, wiederfanden. Für diese Zeitspanne führte Teubner ihre Seminarteilnehmerinnen-und teilnehmer dort in die Lehre der Ikonographie ein. Auch leitete sie Vergoldungs- und Restaurationskurse, womit sie die einzige Ikonenrestauratorin in Deutschland sei, wie sie sagt. Vor kurzem wurde die dortige Ausstellung geschlossen und die Künstlerin nutzt nun ihr privates Atelier.

Ikonen mit Ausstrahlung

Festzuhalten bleibt, Ikonen sind zwar vom Ursprung her Kultbilder der orthodoxen Christenheit, doch haben sie ihren Einzug und ihre Bestimmung auch in der westlichen Welt gefunden. Somit verbinden sie die Kirchen des Ostens und des Westens miteinander auf ihrem gemeinsamen Weg zur Ökumene. „Gebete in Farbe“, wie Barbara Teubner die Ikonenmalerei bezeichnet, sind Bilder, die etwas bewirken und etwas ausdrücken wollen. „Betrachten wir Ikonen mit den Augen des Herzens und lassen ihre tiefe Ausstrahlung auf uns wirken.“

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