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FAMILIE

Eine gute Frisur gibt Sicherheit

Die Perücke ist da, jetzt kommt der Schnitt.

Sigrid Meyer Seeger betreibt ihre „Perücken-Schmiede“ direkt neben ihrer „Frisuren-Werkstatt“ in Hundsmühlen im Landkreis Oldenburg. „Ein Teil meiner Kundinnen und Kunden leben auf dem Land, und viele sprechen mit mir am liebsten Plattdeutsch“, stellt die die Frisörmeisterin immer wieder fest. „Haarverlust ist ein sehr sensibles Thema, das die Betroffenen in der Regel verunsichert.“ Wenn diese Menschen ihre Sorgen und Nöte mit Sigrid Meyer-Seeger auf Plattdeutsch besprechen können, sind sie oft regelrecht dankbar, und die Gesprächssituaton wirkt sich positiv auf die Beratungsatmosphäre aus. Bereits vor knapp 20 Jahren hat sich Sigrid Meyer-Seeger, die auf dem Hof aufgewachsen und mit einem Landwirt verheiratet ist, begonnen, sich intensiv mit dem Thema Haarersatz zu beschäftigen.

Wie eine zweite Haut

Wird eine Krebserkrankung diagnostiziert und eine Chemotherapie nötig, sind die Erkrankten meist stark verunsichert. „Gerade für die Frauen ist der Haarverlust sehr schwieriges Thema“, weiß die Frisörin. „Eine Perücke, die passt wie eine zweite Haut, gibt ihnen Sicherheit“. Besonders Kundinnen, die vor einer Chemotherapie stehen, haben viele Fragen und Sorgen, wie sich die Behandlung auf Körper und Wohlbefinden auswirken wird.

Den spärlichen Haarwuchs wegen einer Hauterkrankung kaschiert die Perücke sehr gut.

Aber auch die ästhetischen Gesichtspunkte spielen eine wichtige Rolle. Es gibt verschiedene Ursachen für Haarausfall: Alter, Hormonumstellung, Mangelzustand, Medikamente, Hautkrankheiten. So kommen Menschen aller Altergruppen in die Perücken-Schmiede, die Sigrid Meyer-Seeger direkt neben ihrer Frisuren-Werkstatt eingerichtet hat, damit die Perücken-Kunden in einer geschützten Atmosphäre sind.

Die häufigste Schädigung durch Medikamente ist die Chemotherapie. Das liegt daran, dass viele der eingesetzten Medikamente (Zytostatika) vornehmlich auf Zellen wirken, die schnell wachsen und sich häufig teilen. Das sind neben den Krebszellen auch körpereigene Zellen der Schleimhäute (im Mund, Magen und Darm, die Blutzellen und die Zellen der Haarfolikel. Die Haare fallen etwa zwei bis vier Wochen nach der Schädigung aus oder brechen nahe der Kopfhaut ab. Ob auch Wimpern, Augenbrauen oder Körperbehaarung ausfallen, hängt von der Art der Chemotherapie und von der individuellen Veranlagung ab. Wenn auch diese Haare betroffen sind, fallen sie meist etwas später aus, als die Kopfhaare.

Sigrid Meyer-Seeger bringt die Perücke einer Kundin in Form.

Kunst- oder Echthaar

Nicht jede Chemotherapie schädigt die Haarfolikel. Hat die Patientin aber vom Arzt erfahren, dass bei ihr vorraussichtlich die Haare ausfallen, ist es sehr hilfreich, wenn die sie bereits vor der Chemotherapie kommt, solange sie noch ihre eigenen Haare hat. „Dann können wir die Haarfarben für die spätere Perücke genau abstimmen und ich mache Fotos, damit wir die Frisur später ganz ähnlich hinbekommen.“ Steht der Haarton fest, schaut Sigrid Meyer-Seeger zusammen mit der Kundin oder dem Kunden die Kataloge verschiedener Hersteller durch und sie bestellt dann eine Auswahl an vorgefertigten Perücken.

Für jeden Haarton ist die richtige Farbe dabei.

Wichtig ist auch, rechtzeitig mit der Krankenkasse zu klären, welche Summe der Kosten übernommen wird. In der Regel ist das ein Betrag von um die 350 Euro. Kostenpunkt: rund 800 Euro. Eine Echthaarperücke kostet rund 1.500 Euro. Etwa 80 Prozent der Kunden entscheiden sich für eine Kunsthaarperücke. Sie sind heute so gut gemacht, dass sie kaum von einer Echthaarperücke zu unterscheiden sind. Weiterer Vorteil: Sie sind wesentlich pflegeleichter als Echthaarperücken.

Personalisierter Schnitt

Wenn die verschiedenen Perücken da sind, werden sie aufprobiert. Dann folgt der „personalisierte“ Schnitt, denn das Wichtigste ist: „Man muss sich mit der Perücke rundum wohlfühlen. Eine gute Frisur gibt ein Stück Sicherheit“, sagt die Frisörin. Sie erklärt ihren Kunden auch, wann die Haare nachwachsen und welche Besonderheiten dann auftreten können. „Lange habe ich auch Schminkkurse in Zusammenarbeit mit dem „DKMS LIFE das look good feel better“-Patientenprogramm gegeben. Zurzeit gibt es diese Schminkkurse allerdings nur online per Zoom. Unter dkms-life.de/seminare.html gibt es weitere Informationen – auch dazu, wie und wo man sich dafür anmelden kann.

Hier trägt die Kundin eine Kurzhaarperücke.

Während des ersten Corona-Lockdowns war die Situation für die Erkrankten „ganz heftig“. Sie durften nicht persönlich behandelt werden – und konnten keine personalisierte Perücke bekommen. Das wurde während des zweiten Lockdowns gelockert, sodass Sigirid Meyer-Seeger die Kunden wieder in der Perücken-Schmiede beraten durfte und die Perücken angepasst werden konnten. Mittlerweile dürfen Frisöre regulär wieder öffnen, sodass sich die gesamte Situation wohl weiter entspannen wird.

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