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Abluftreinigung mit Wärmetauscher kombinieren lohnt sich

In der Ferkelaufzucht wird viel Wärme benötigt - die aktuell sehr teuer geworden ist.

Die TA Luft ist Ende vergangenen Jahres novelliert worden. Für bestehende Schweineställe mit „großer“ BImSchG-Genehmigung fordert sie die Nachrüstung einer Abluftreinigung - soweit dies verhältnismäßig ist. Der Begriff „verhältnismäßig“ ist nach aktuellem Stand noch Auslegungssache und liegt im Ermessen der Landkreise. Auch in Niedersachsen haben schon einige Landkreise Briefe an betroffene Schweinehaltungsbetriebe verschickt, zunächst soll wohl erst einmal der Status quo erfasst werden.

Auslegung TA-Luft unklar

Auch wenn die Umsetzung der TA Luft in Teilen noch nicht geklärt ist, stellen sich betroffene Betriebe die Frage, ob und wie sie diese ggf. umsetzen können. Eine Abluftreinigungsanlage bedeutet hohe Anschaffungskosten, erst recht bei einer Nachrüstung, wenn diese überhaupt möglich ist. Zu den Anschaffungskosten kommen laufende Betriebskosten dazu. Die sind aktuell in Folge der hohen Energiepreise deutlich gestiegen. Die Abführung der Stallluft durch den/die Filter benötigt mehr Energie als eine normale Stalllüftung, weil die Ventilatoren dabei höhere Strömungswiderstände der Abluft überwinden müssen. Ein höherer Stromverbrauch bedeutet auch immer mehr CO2-Emissionen, ein Thema, das für die Landwirtschaft immer wichtiger wird.

Ein Forschungsprojekt an der Universität Bonn befasst sich mit der Fragestellung, wie sich eine Abluftreinigung mit einer Wärmerückgewinnung kombinieren lässt. Speziell in der Ferkelerzeugung und der -aufzucht gibt es einen hohen Wärmebedarf – neben dem Strombedarf für Fütterung, Lüftung oder Beleuchtung. Überwiegend werden hierzulande Öl oder Gas zur Bereitstellung der Wärme im Ferkelbereich genutzt - es sei denn, es gibt Abwärme von einer Biogasanlage. Die gestiegenen Öl- und Gaspreise machen sich auch hier bemerkbar. Das Interesse an einer Wärmerückgewinnung ist demzufolge momentan sehr groß. Es gibt diese Technik zwar schon lange, sie hat durch die veränderte Kostensituation jedoch stark an Aktualität gewonnen. Zwar steigt beim Einsatz eines Wärmetauschers der Bedarf an elektrischer Energie für die Ventilatoren – auch hier steigen die Strömungswiderstände der Luftmassen - doch meist wird ein Vielfaches an thermischer Energie rückgewonnen.

Namhafte Hersteller

In dem Forschungsprojekt der Universität Bonn („EnergARA“) arbeitet man mit drei namhaften Herstellern von Wärmerückgewinnungsanlagen in Deutschland zusammen. Diese entwickelten verschiedene Ansätze, wie man eine Abluftreinigung für eine Wärmerückgewinnung nutzen kann, sprich, wie sich die beiden Systeme kombinieren lassen. Das Projekt wurde gefördert vom Landwirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen und läuft über dreieinhalb Jahre.

Wie Projektmitarbeiter Hauke F. Deeken im Rahmen eines Vortrags auf der EuroTier informierte, ergaben sich deutliche Kostenersparnisse bei einer Kombination beider Techniken, bei den heutigen Energiepreisen ist die Amortisationszeit deutlich reduziert.

„Durch die hohen Energiekosten verkürzt sich die Amortisationszeit für Wärmetauscher heute ganz erheblich.“

Hauke F. Deeken

Im Rahmen des Projektes wurde in einem Ferkelaufzuchtstall (4.140 Plätze plus 128 Plätze Jungsauenaufzucht und 110er-Jungsauen-Deckabteil) mit Abluftreinigung sowie zwei Wärmetauschern der Energieverbrauch über einen Zeitraum von einem kompletten Jahr erfasst. Es wurden Temperaturfühler an verschiedenen Stellen platziert sowie die Luftvolumenströme in den Wärmetauschern erfasst, um deren Heizleistung berechnen zu können. Zudem waren im Stallgebäude 13 Stromzähler eingebaut, um den Strombedarf aller Verbraucher konkret erfassen zu können. Auch der Gasverbrauch wurde gemessen. Der Stromkonsum der einzelnen Ventilatoren im Stall wurde nochmals detaillierter erfasst.

Wie Deeken betonte, waren die Wärmetauscher nicht nur im Winter im Einsatz (Januar bis März/Oktober bis Dezember jeweils zu 100 %), sondern ebenso in den übrigen Monaten (45-70 %). In den Sommermonaten leisten die Wärmetauscher einen wichtigen Beitrag für ein gutes Stallklima, indem die Differenz zwischen Tag- und Nachttemperatur reduziert wird. Insbsondere bei kalten Außentemperaturen konnte mehr gelüftet werden, was das Stallklima verbessert und als positiv für Tier und Mensch zu bewerten ist.

Viel Energie für Wärme

Im Ergebnis wurde zunächst festgestellt, dass im Versuchsbetrieb jährlich 136 kWh je Tierplatz bereitgestellt wurden. Dies liegt in der Größenordnung von bekannten Werten aus der Literatur. Rund 77 % hiervon waren thermische Energie zur Raumheizung. Größter Verbraucher an elektrischer Energie war die Lüftung mit 12 %. Über die Hälfte hiervon (57 %) ging auf den Mehraufwand zum Betrieb der Wärmetauscher zurück. Die Wärmetauscher sorgten aber dafür, dass zwei Drittel der im Stall benötigten Heizwärme nicht von außen zugeführt werden musste, sondern aus der Stallluft zurückgewonnen wurde.

Die sich daraus ergebende Rechnung ist, dass im Jahresverlauf für 42.034 Kwh aufgewendete elektrische Energie (Wärmetauscherbetrieb) ca. 291.518 kWh thermische Energie zurückgewonnen wurden. Das ist ein Verhältnis von fast 1:7! Der tatsächliche Energieaufwand (Strom und Flüssiggas) zum Betrieb des Stallgebäudes lag somit bei 65 kWh pro Tierplatz und Jahr, die weiteren 71 kWh pro Tierplatz und Jahr wurden durch die Wärmerückgewinnung bereitgestellt.

Im Rahmen des Projektes konnte anhand der erfassten Daten zudem ermittelt werden, welche Energieverbräuche es in diesem Stall ohne Wärmetauscher gegeben hätte – bei gleichen Luftvolumenströmen und gleichen Temperaturen.

Vergleicht man diese Werte mit den (theoretisch berechneten) Werten für den Stall ohne Wärmetauscher, werden die Einsparungen sichtbar (Tabelle). Mithilfe der Wärmetauscher konnten rund 46,5 % eingespart werden, an CO2-Emissionen 35,5 % und an Energiekosten 9,5 %. Im Versuchsjahr 2019/20 waren das bei der damaligen Kostensituation (LNG 0,055 €/kWh; Strom 0,250 €/kWh) 0,23 € pro verkauftem Ferkel bzw. rund 1,10 € pro Tierplatz/Jahr. Bei den Energiepreisen von April 2022 (LNG 0,174 €/kWh; Strom 0,323 €/kWh) wäre die Ersparnis 8,92 € pro Tierplatz/Jahr oder 1,47 € pro verkauftem Ferkel gewesen.

Schnelle Amortisation

Laut Deeken würde sich eine Investition in Wärmetauscher bei heutigen Energiepreisen in kürzester Zeit, in dieser Fallstudie in zwei Jahren, amortisieren. Aufgrund variierender Anschaffungskosten, insbesondere bei Nachrüstungen, ist dies jedoch immer betriebsspezifisch zu prüfen.

Als Fazit des Projektes betonte Deeken, dass eine Wärmerückgewinnung in der Ferkelaufzucht fossile Brennstoffe einspart sowie das Stallklima verbessert werden kann. Die Energiekosten für Heizung, Lüftung und Abluftreinigung können (im Projektstall in ca. 35 % des Jahres) durch die eingesparten Gaskosten kompensiert werden. Hinzu kommt, dass die CO2-Emissionen deutlich gesenkt werden können. Somit ist die Kombination von Abluftreinigung und Wärmetauscher als ökonomisch und ökologisch sinnvoll anzusehen.

Die Hersteller von Wärmerückgewinnungsanlagen verzeichnen derzeit denn auch eine große Nachfrage nach der Nachrüstung bestehender Ställe. Dabei werden auch Betriebe sein, über denen die TA Luft mit ihren neuen Anforderungen wie ein Damokles-Schwert hängt.

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