Gewalt im Tierreich

Dass Tiere die besseren Menschen sind, ist eine bis heute weit verbreitete Aussage. Auch die Wissenschaft war lange der Annahme, dass sich Tiere gewissermaßen selbstlos in den Dienst ihrer Art stellen und bei ihnen alles allein um die Erhaltung derselben geht.

Menschliches und tierisches Verhalten galt also als grundlegend verschieden. Insbesondere schrieb man Tieren jenes für den Menschen so typische Verhalten ab, allein seine eigenen individuellen Interessen zu verfolgen. Doch im Laufe der letzten Jahrzehnte bröckelte diese Auffassung und musste nach und nach korrigiert werden. Denn es stellte sich zunehmend heraus, dass auch Tiere „egoistische“ Strategien verfolgen.

In diesem Zusammenhang wurden besondere, zum Teil absonderlich wirkende Verhalten nachgewiesen. Wie beim Menschen auch wird nämlich manipuliert, betrogen und selbst vor Zwang und Gewalt nicht zurückgeschreckt.

Lange galt es auch in der Biologie als unumstößlich, dass wildlebende Tiere ein anderes Gruppenmitglied für ihre Zwecke nicht ausnutzen würden. Tiere galten, vermenschlicht ausgedrückt, als „unverdorben“ und fair im gegenseitigen Umgang. Mit der aufkommenden vergleichenden Verhaltensbiologie, dessen Urvater Nobelpreisträger Konrad Lorenz war, kamen erste Zweifel an dieser Annahme auf. Lorenz selber, der unter anderem umfangreiche Verhaltensuntersuchungen an Dohlen durchführte, stieß dabei auf Abweichungen von dieser Regel.