Standpunkte
Voll unter Strom – oder so
Wer hat noch Großvaters Geschichten vom Bergwaldanstieg im Schein flackernden Kerzenlichts im Ohr oder wie er im Absehen 1 bei Restmond den Keiler anvisierte? Oder von urigen Hüttenabenden mit Petromax-Lampe? Auch ein Blick in alte Jagdausstatterkataloge mag angesichts des heute unausweichlichen Themas elektronischer oder zumindest auf Strombasis verwendeter Jagdutensilien nachdenklich stimmen. Wer nicht aus einem jagdlichen Elternhaus oder Umfeld kommt, dürfte als frisch gebackener Jungjäger staunen, dass schon vor Jahrzehnten mit vergleichsweise simplen Mitteln erfolgreich gewaidwerkt wurde (oft aufgrund anhaltender Ausbildung durch einen Lehrprinzen…).
Vor einem halben Jahrhundert sah vieles spartanischer aus
Begeben wir uns doch auf eine amüsante Katalog-Pirsch. Dabei stieß ich auf den 1968/69er Hauptkatalog „60 Jahre Frankonia“. Kurz um: Neben einer Tisch- und drei Hängelampen und einem Hüttengrill schien das Thema Strom noch nicht sonderlich verankert zu sein. Gerade mal zwei mit Monozellen-Batterien betriebene Handstrahler, deren Leistung heute nur noch ein müdes Grinsen hervorrufen dürfte, wurden da vor gut einem halben Jahrhundert angepriesen. Verzeihung, fast hätte ich die Beleuchtung der handkurbelbetriebenen Scheibenzuganlage für Luftgewehr und Zimmerstutzen unterschlagen.
Die Zahl angepriesener Geweihleuchter übertraf die praxistauglicher Taschenlampen bei Weitem.
Ein Jahrzehnt später gab es nicht viel mehr – Frankonia-Hauptkatalog 1980/81: Die LG-Schützen erfreuten sich inzwischen mehrerer batterie- bzw- kabelbetriebener Scheibenanlagen. Im Wandel der Mode war die Zahl der Geweihstangenleuchter wohl auf einen mit sechs Glühbirnen geschrumpft. Erwähnt sei noch ein Handfunksprechgerät für 8 Mignonzellen, das 20 km Reichweite verhieß. Und eine ganze (!) Seite widmete sich – vor nunmehr vier Jahrzehnten – immerhin neun batterie- und akkubetriebenen oder per Pkw-Zigarettenenanzünder versorgten Lampen bzw. Handscheinwerfern.
Per Knopfzelle versorgte Leuchtabsehen an Zielfernrohren waren auch noch kein Thema. Und ohne Batterie kamen auch sämtliche Armbanduhren aus, die im Teilkatalog 2 angepriesen wurden (zugegeben: der enthält dann doch 25 Geweihlampen für Glühbirnen). Wärmste Ansitzbekleidung war durchaus ein Thema, aber selbst Einlegesohlen aus Filz oder Lammfell bekunden, dass es noch keine elektrisch erzeugte Körperwärme gab.
Muss ich betonen, dass man Akkumotorsägen, Wildkameras und Drohnen vergeblich in seinerzeitigen Vollausstatterkatalogen sucht?
Wir schreiben inzwischen das Jagdjahr 2021/ 22, zwei Generationen (à 25 Jahre) sind seit unserem geistigen Nostalgie-Trip ins Land gegangen: Die Kataloge und Internetshops der großen Jagdausstatter wie solche der auf Teilgebiete spezialisierten Anbieter quellen inzwischen förmlich über. Insbesondere, was die verschiedensten elektronischen Geräte zur Jagdausübung und für den Revierbetrieb angeht – und das für unterschiedlichste Anforderungsprofile und Geldbeutel.
Natürlich hängt das Bedürfnis bei der Auswahl jagdlicher Hilfsmittel von den eigenen Revierverhältnissen, Wildvorkommen oder Jagdmöglichkeiten et cetera ab. Folglich kann es auch keine Ideal-Checkliste geben, die allen Waidleuten gleichermaßen gerecht würde. „Personalisiert“ heißt – ähnlich wie beim Jagdwaffenkauf – also auch hier das Zauberwort. Nachstehende Einzelerfahrungen und -meinungen mögen aber dazu beitragen, Impulse beim Anlegen oder der Vervollständigung der persönlichen Jagdausrüstung zu vermitteln.
Martin Weber
Es kommt auf den Umgang an
Technik und Elektronik im täglichen Jagdbetrieb: Ist das gut oder schlecht? Eine schwere Frage, wie ich finde. Einerseits bietet uns die Technik Wege und Möglichkeiten, unsere Jagdausübung tierschutzgerechter und wildschonender zu gestalten. So sollte durch die Verwendung von Nachtsichttechnik die Wahrscheinlichkeit von Fehlabschüssen eigentlich sinken – richtige und verantwortungsvolle Bedienung vorausgesetzt. Auch Wildkameras sind eine tolle Sache, um das Verhalten des Wildes ohne größere Störungen im Revier auszukundschaften – doch auch mit ihnen und vor allem mit der Sendefunktion kann Schindluder (der nächtliche Hirsch an der Kirrung ...) getrieben werden. Ähnlich verhält es sich mit Drohnen: Sie sind eine tolle Sache für die Kitz- bzw. Jungwildrettung, oder um Hunde in Maisfeldern effizienter und tierschutzgerechter zu navigieren bzw. über die Notwendigkeit eines Einsatzes zu entscheiden. Ob ein drohnennavigiertes Angehen von Wild durch Durchgehschützen jedoch noch einer waidgerechten Jagdausübung entspricht, muss jeder für sich beurteilen.
Egal, ob Wärmebildkamera, Wildkamera, Heizweste, Entfernungsmesser, Leuchtpunktvisier oder Drohne: Die Jagd sollte ein Handwerk bleiben, das sich bei all der notwendigen Effizienz auch eine gewisse Eigen-Faszination erhalten sollte. Mit voll elektronisch überwachten Abschussrampen tun wir uns jedenfalls keinen Gefallen. Gegen einen bewussten und zweckgebundenen Einsatz der uns zur Verfügung stehenden Mittel spricht meiner Meinung jedoch nichts. Denn für all die Technik, die der Markt uns derzeit bietet, gilt Ähnliches wie für Schusswaffen. Es ist nicht die Waffe, die Ungemach stiftet, sondern immer der Mensch dahinter.
Rasso Walch
Immer unter Strom
Ganz ohne strombetriebene Ausrüstung geht es für mich eigentlich nie zur Jagd, denn mein Fernglas mit integriertem Entfernungsmesser habe ich fast immer dabei. Allerdings wäre eine leere Batterie in diesem Fall kein Grund, den Ansitz oder die Pirsch frühzeitig zu beenden, denn es geht auch ohne. Schließlich bin ich durch den regelmäßigen Einsatz in der Vergangenheit mittlerweile sehr geübt im Schätzen der Entfernungen, sodass ich ihn in den Revieren, in denen ich jage, kaum noch brauche. Außerdem habe ich mindestens die Lampe des Smartphones, regelmäßig aber auch eine Taschenlampe dabei – der Anschuss lässt sich im Lichtschein logischerweise deutlich schneller finden.
Ich habe zwar Waffen, die mit Optiken inklusive Leuchtpunkt ausgerüstet sind, am häufigsten begleitet mich aber eine ohne illuminiertes Absehen zur Jagd. Nachtsicht- bzw. Wärmebildtechnik besitze ich nicht. Die hohen Investitionskosten bei stetiger Innovation lassen mich hier noch abwarten. Schließlich will ich kein Gerät – ohne dessen Hilfe ich bisher auch gut zurecht kam –, das nach drei bis vier Jahren veraltet ist; gegebenenfalls auch durch Gesetzesänderungen. Ständiger strombetriebener Begleiter auf der Jagd ist bei mir mindestens eine meiner Kameras, die ich natürlich zum Fotografieren nutze, aber dank großen Zooms auch regelmäßig zum Ansprechen von Wild. Zudem setze ich im Revier gern auf Wildkameras – Rehböcke lassen sich so schließlich deutlich störungsärmer bestätigen als durch stundenlanges Ansitzen. Ein Ausrüstungsgegenstand, der zwar nicht in meinem Besitz ist, aber meiner Meinung nach trotzdem unverzichtbar ist, sind entsprechende Drohnen zur Kitzrettung.
Sascha Numßen
Kein echtes Bedürfnis
Ich würde mich als konservativ-altmodischen Jäger bezeichnen, der statt Heizweste lieber auf Merinowolle und Loden setzt. Zudem nervt doch das ständige Überwachen, ob man ja genug Batterien, Akkus, Powerbanks oder Ladekabel dabei hat. Ein Zubehör möchte ich aber nicht mehr missen: den Schalldämpfer!
Klar habe auch ich Wärmebildkameras und digitale Aufsatz-Nachtsichtgeräte getestet. Das war immer neu und spannend. Aber in „unserer“ Jagd im württembergischen Allgäu brauche ich das nicht. Zumindest noch nicht! Denn wir haben Sauen maximal als Durchzügler im Revier, die unser Portemonnaie nicht belasten. Also fehlt mir schlicht und ergreifend der finanzielle Druck. Deshalb verurteile ich auch keine von der Sauenschwemme Betroffenen, die alle legalen technischen Mittel ausschöpfen.
Ich persönlich packe meine sieben Sachen halt zusammen, wenn es dunkel ist. Und nachdem ich seit 1994 jage, ist der Druck auch nicht mehr so groß, unbedingt mit Beute nach Hause kommen zu müssen. Anblick ist mir oft viel wichtiger. Denn unser Wild braucht vor allem eins: Ruhe! Nicht zuletzt durch den Corona-bedingt ausgefallenen Jahresurlaub 2020 quälten sich noch mehr Erholungssuchende und plötzlich das E- Bike entdeckende „Sportler“ durch Feld, Wald und Flur. Mit allen negativen Einflüssen für die Wildtiere.
Zu guter Letzt fallen mir aber doch noch zwei batteriebetriebenes Geräte ein, die ich immer im Jagdrucksack dabei habe: Eine leistungsstarke Akku-Taschenlampe für Wildunfall, Anschuss-Findung & Co. sowie ein Laser-Entfernungsmesser, mit dem man in fremden Revieren, in den man die Distanzen nicht genau kennt, schnell für die nötige Klarheit sorgt!
Kathrin Führes
Ohne Technik – ohne mich
Ich bin gewiss alles andere als ein Ausrüstungsfanatiker. Dennoch halte ich technischen Fortschritt auch bei der Jagd für wichtig. Auf strombetriebene Geräte könnte – und wollte – ich gar nicht mehr verzichten. Es muss nicht alles bis aufs kleinste Detail „ans Stromnetz angeschlossen“ sein, aber ich denke, dass ein elektronischer Gehörschutz oder auch Wildkameras mittlerweile wohl im Besitz der meisten Jäger angekommen sind. Auch die Wärmebildkamera zum Hasenzählen würde ich nicht mehr missen wollen. Anders sieht es bei mir derzeit noch mit Nachtsichtvor- oder -aufsatzgeräten aus.
Da Schwarzwild bei uns nicht vorkommt, habe ich für sie aktuell keine Verwendung, auch wenn ich die Entwicklung in dem Bereich mit Spannung betrachte. Anders als bei so manch einem Kollegen darf auch bei mir das Handy bei der Jagd nicht fehlen. Die Möglichkeit zu haben, im Notfall schnell und einfach Hilfe rufen zu können, will ich mir unter keinen Umständen nehmen lassen. Und ein strombetriebenes Gerät steht bei mir noch ganz oben auf der Wunschliste: Ein Fernglas mit Laserentfernungsmesser.
Helena von Hardenberg
Weniger ist mehr
Tatsächlich jage ich relativ „energiearm“. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich hauptsächlich tagsüber bzw. in der Dämmerung auf die Jagd gehe. Drei kleine Kinder schließen kalte nächtliche Sauenansitze derzeit aus. In dieser Jagdart steckt von der Heizweste über die Wärmebildkamera bis hin zum Restlichtverstärker sicherlich das meiste technische Equipment eines Jägers. Doch auch ansonsten halte ich jagdliche Technik am liebsten so abgespeckt wie möglich. Je mehr ich mitschleppe, desto mehr kann ich verlieren. Außerdem darf man den ganzen zusätzlichen Kram wie Ersatzbatterien oder Powerbank nicht vergessen. Versagt z.B. die Batterie am Rotpunkt-Visier ist Hahn in Ruh.
Die Technik bietet uns Jägern einerseits mehr Möglichkeiten, andererseits schafft sie teils Abhängigkeiten, die uns auf der anderen Seite einschränken. Für mich geht es bei einer Drückjagd auch ohne Heizsohlen oder tagesaktuelle Jagd-WhatsApp-Gruppe. Das Tippen hält mich nur davon ab, Wild rechtzeitig mitzubekommen und endlich mal abzuschalten, für mich allein zu sein, die Natur zu beobachten und meinen Gedanken nachzuhängen. Dabei möchte ich mich weder durchs Handy ablenken noch vom roten Blinken meiner Wärmebild- oder Zieloptik – das deren baldigen Totalabsturz androht – stressen lassen. Schließlich suche ich bei der Jagd auch mentale Erholung. Was ich allerdings immer dabei habe, ist ein aktiver Gehörschutz. Da ist es dann aber auch egal, wenn der Akku mal leer ist …
Florian Standke
Technik, die begeistert?
Eins ist Fakt: Die zahllosen Akkus, Batterien, Ladegeräte sowie Ladekabel gehen mir tierisch auf die Nerven! Was habe ich schon gesucht und geflucht – und den Keller durchwühlt. Unfassbar! Da wären Vor- und Aufsatzgeräte, Wärmebildkameras, Stirn- und Taschenlampen, Smartphones, Powerbanks, Heizsohlen und -westen, Wildkameras, Entfernungsmesser, Adapter und vieles mehr. Selbstverständlich benötigen die meisten Geräte nicht die gleichen Energielieferanten. Warum auch? Das wäre ja viel zu einfach. Und obendrein auch noch praktisch. Und günstiger. Nein, stattdessen laufen einige mit abnehmbaren herstellerspezifischen Akkus, andere mit AAA- oder AA-Batterien, wieder andere mit 18650 und bei den nächsten sind die Akkus fest verbaut. Selbstredend unterscheiden sich auch die Ladegeräte – USB-C, USB, Mini-USB, spezielle Ladestationen – es herrscht Durcheinander.
Besonders vor mehrtägigen Jagdausflügen bin ich schon am Vortag damit beschäftigt, die Technik zu checken. Möchte ich Letztere missen? Auf keinen Fall! Besonders Vor- und Aufsatzgeräte sowie Wärmebildgeräte sind bei der Schwarzwildjagd eine große Hilfe.
Christian Liehner
Für den Moment zufrieden
Vorab: Ich jage überwiegend in Revieren, in denen zwar Schwarzwild immer wieder mal vorkommt, aber die Schäden (noch) nicht durch die Decke gehen. Ich kann mir also eine abwägende Haltung zum Thema „Technik“ zum aktuellen Zeitpunkt leisten – in anderen Revieren sieht es da sicherlich anders aus.
Bei der Frage „Welche Elektrogeräte hast du dabei?“ kam ich erst einmal ins Grübeln: Rotpunktvisier und andere Helferlein wie Gehörschutz und Entfernungsmesser gehörten für mich schon bei der Jagdausbildung zum akzeptierten Standard, über die ich nie viel nachgedacht habe. Anders sieht es da bei Wärmebildgeräten oder infrarotunterstützten Restlichtverstärkern aus. Hier steckt natürlich viel Potential für die Jagd. Weit schnürende Füchse können mit der Wärmebild verfolgt und ihre Wege ausgekundschaftet werden. Austrittszeitpunkte lassen sich rund um die Uhr überprüfen und Erkenntnisse über das Verhalten des Wildes gewinnen.
So weit möchte ich die Technik aber aktuell gar nicht treiben. Schon aus Selbstschutz. Denn die kurze Erfahrung mit einem Leih-Wärmebildgerät hat mir gezeigt – aus Jagen mit allen Sinnen wird allzu rasch ein kurzes Scannen mit dem Gerät, bevor man sich wieder dem Handy zuwendet. Ganz auf mich gestellt, fühle ich mich eben doch ganz anders „elektrisiert“, sobald die Dämmerung hereinbricht oder ich ein Stück ausgemacht habe. Nicht zuletzt ist die technische Aufrüstung auch eine Geldfrage. Ich komme die nächste Zeit wohl noch gut ohne aus. CL
Hartmut Syskowski
Sich auf das Nötige beschränken
Als Gastjäger führe ich meist nur Fernglas, Waffe, Zieldreibein, Jagdmesser und Bergegurt, abends Rotlicht-Stirnlampe und Taschenlampe (ggf. Reservebatterien in der Westentasche). Beim Winteransitz wärmen mich „stromlose“ Kleidung und ein Ansitzsack aus Loden und Funktionsfasern.
In der Fremde kommt ein Laser-Entfernungsmesser mit integriertem Ballistikrechner für Steilschüsse hinzu. Den Zielfernrohrleuchtpunkt verwende ich sporadisch. Spielt der Mond nicht mit, geht es halt früher heim.
Wohl respektiere ich, reduziert man bei hohen Feldschäden schwerpunktmäßig überhöhte Sauenbestände per Nachtziel-Vorsatzgerät. Solches ist selbst unter schwierigen Bedingungen kein Waidwerk, sondern nur ein Auslöschen aufgrund einseitiger Überlegenheit. Es verursacht solches erst recht mit Schalldämpfern bei allem Wild Dauerstress. Was fühlt Wild in stockfinsterer, vermeintlich sicherer Nacht, wenn es nicht mehr orten kann, wo die unablässige Todesgefahr droht? Vermehrte Waldschäden sind hausgemacht, was Bürokraten nach noch höheren Rot- und Rehwild-Sollabschüssen rufen lässt. Und fällt z.B. in der Hirschbrunft bei Neumond ein Schuss, muss man sich seinen Teil denken …
Für meinen Bedarf würde ich höchstens noch einen preiswerten Restlichtverstärker zum Ansprechen auf Kirr-Distanz erwägen. Und: Ach wie herrlich, dass ich nicht ständig nach Batteriegrößen und Ersatzakkus bzw. auf Ladestände schauen muss.
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