Licht und Lauscher
Jagd an Feiertagen
Und was machen Sie an Weihnachten? Schlemmen, mal wieder in die Kirche gehen, ein Glühwein-Umtrunk mit Freunden? Bei den meisten steht wohl die Familie im Mittelpunkt. Besinnlichkeit, Romantik und Harmonie sind hoch im Kurs. Passt da die Jagd überhaupt dazu? Jagen oder nicht jagen, das ist hier die Frage... Die freien Tage laden doch förmlich ein, in aller Ruhe der Passion nachzugehen. Doch kann das nicht nur den eigenen Haussegen in Schieflage bringen. Auch unter Waidmännern und –frauen wird die Jagd an den hohen christlichen Feiertagen Weihnachten und Ostern sehr kritisch gesehen. So empfinden es viele als gotteslästerlich, an den Festen zur Geburt bzw. Tod und Auferstehung Jesu Christi zur Jagd zu gehen. Doch verliert dieses Argument an Schlagkraft, wenn es von Leuten gebraucht wird, die das restliche Kirchenjahr auch nicht mit besonderer Frömmigkeit auffallen.
Wie immer in Glaubensfragen sollte vor allem das eigene Gewissen entscheiden und nicht das, was andere sagen. Auch ohne christliche Interpretation haben die Tage um Ostern und Weihnachten eine sakrale Bedeutung. So fällt das Osterfest nicht aus Zufall immer auf den ersten Sonntag nach dem Vollmond, der auf die Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche folgt. Dies ist eine besondere Nacht, die für die Menschen schon weit vor der Christianisierung mit heidnischen Kulten verehrt wurde.
Einfach gesagt: Es ist die Begrüßung des Frühlings. Religionsgeschichtliche Hypothesen sehen vorchristliche Sonnenwendfeiern zumindest als Anregung und Ausgangspunkt für die Datierung des Weihnachtsfestes auf den 25. Dezember. Den Respekt vor der jahrtausendealten Mythologie, die diesen Festtagen innewohnt, kann man beispielsweise dadurch ausdrücken, ganz bewusst Wild und Natur – die Schöpfung – mit seiner Anwesenheit zu verschonen. Demut zu üben, daran haben wir Jäger uns erst vor wenigen Wochen zum Anlass des Hubertustages erinnert. Dies kann eben auch Verzicht bedeuten, die eigene Passion hintenanzustellen vor etwas Größerem, nicht greifbaren.
„Toleranz ist die Basis des Friedens in unserer kleinen Welt im Alltag und in der großen Welt der vielen Kulturen“
Doch auch ohne Sinn für Spiritualität kann es nicht schaden, wenigstens an Weihnachten sich mal ganz der Familie zu widmen. „Alt und Jung sollen nun, von der Jagd des Lebens einmal ruhn“ wie es so treffend in dem bekannten Weihnachtsgedicht von Theodor Storm heißt. Wen es nach zwei Tagen Familie, Völlerei und Festtagsharmonie ins Revier treibt, der darf sich dann wiederum in guter Gesellschaft wähnen: Vor allem in Österreich, aber auch regional in Bayern und bestimmt auch anderswo, haben Stefanijagden am zweiten Weihnachtsfeiertag gute Tradition. Für die Lieben daheim, als auch für die Jagdfreunde ein guter Kompromiss, die Feiertage aufzuteilen.
Wer für all diese Sentimentalitäten nichts übrig hat und unbedingt zur Jagd gehen möchte, den sollte man dann aber auch lassen. Gerade in Religion und Tradition kann man nicht von anderen dieselben Ansichten wie die eigenen erwarten. „Toleranz ist die Basis des Friedens in unserer kleinen Welt im Alltag und in der großen Welt der vielen Kulturen“ schrieb Pater Heinz Gerstle aus München. Und Frieden ist doch das, was wir uns alle wünschen, ob wir Weihnachten nun als Feiertag oder einfach nur freien Tag begreifen.
Möge daher jeder von uns seinen Frieden finden, die einen im Kreise der Familie, die anderen auf dem Hochsitz. Waidmannsheil und eine frohe Weihnachtszeit.
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