Der Gast ist König

Gut in Erinnerung ist mir eine Jagd in Südafrika geblieben. Vater und Sohn hatten eine Jagdreise gebucht und bei beiden stand der Spießbock, auch Gemsbock oder Oryx genannt, weit oben auf der Liste. Am Tag ihrer Ankunft saßen wir abends am Lagerfeuer, doch beide wollten getrennt voneinander jagen! Der Sohn, etwa Mitte 20, sollte morgen als erster sein Glück versuchen, während der Vater sich ausruhen wollte. Im ersten Licht bestiegen wir den Pick-up, und als vor uns die Spuren einer Oryxherde unseren Weg kreuzten, entschieden wir, diese anzugehen. Deutlich stach die Fährte eines Bullen hervor. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir uns auf Schussentfernung genähert hatten.

Der Wind stand gut und wir hatten es geschafft, uns oberhalb der Herde auf einer kleinen Erhöhung einzuschieben. Unter uns, etwa 120 Meter entfernt, stand die Herde im Schatten und hielt Mittagspause. Eine ideale Situation. Wir hatten genug Zeit, uns jedes einzelne Mitglied der Herde in Ruhe anzuschauen und den größeren der beiden Bullen zu identifizieren. Den gab ich meinem Jagdgast frei. Doch der zögerte. „Schieß du!“, sagte er schließlich. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn richtig verstanden hatte und hakte nach. „Ja, schieß du ihn. Ich mag nicht schießen!“ Ich fragte, ob er sich sicher sei und dass wir natürlich abbrechen und zurück zum Camp gehen könnten! Er sagte: „Ich will ihn nicht schießen, aber ich will, dass du ihn schießt, denn ich will mit Beute zurück ins Camp kommen.“ Ich war perplex! Warum?