Kennenlernen

Mich als Jäger in einer kleinen, nicht-jägerischen Runde zu outen oder zu glauben, man könnte mit der Schilderung eines Jagderlebnisses eine begeisterte Zuhörerschaft gewinnen, habe ich mir längst abgewöhnt. Neulich ist es mir doch passiert, dass ich auf die Frage, warum ich vor drei Wochen unserem allmonatlichen Treffen ferngeblieben sei, geantwortet habe, dass ich es vorgezogen hätte, nach Schnepfen zu schauen – in der Hoffnung, auf dem Strich von der einen oder anderen angeflogen zu werden. Diese lapidare Entschuldigung für mein Fernbleiben schlug ein wie eine Bombe: Betretenes, ungläubiges Schweigen bei den Damen, Gejohle, Schenkelklopfen und anerkennendes „Daumen nach oben“ bei den Männern, die den Schnepfenstrich eher im nächtlichen Rotlichtmilieu der Großstadt als in der Dämmerstunde meines Waldrevieres verorteten. Ich bemühte mich um Richtigstellung und musste feststellen, dass jeder in der sich allmählich wieder beruhigenden Runde wusste, dass es sich bei der Schnepfe um einen Vogel handelt, aber weder eine Vorstellung von dessen Aussehen noch dessen Vorkommen hatte.

Nach einer kurzen ornithologischen Aufklärung über Zugvögel im Allgemeinen und die Schnepfe im Besonderen bemühte ich mich, den nun aufmerksam Zuhörenden den zauberhaften Moment des Schnepfenstrichs um die Uhlenflucht nahezubringen und spürte dabei, dass ich sozusagen nicht nur „rehabilitiert“ war, sondern auch in meinem Bestreben um die Erhaltung einer artenreichen, intakten Natur Mitverantwortliche gewinnen konnte. Einmal mehr ist mir dabei klar geworden, dass in dem durch viele großartige Tierfilme erworbenen, großen Naturwissen mancher Menschen doch immer noch kleine Lücken zu finden sind, die – und da wären wir Jäger gefragt – sich schnell schließen ließen.