Landwirt mit Hofladen: Eis- und Nudelliebe
Auf den Punkt
- Seit November 2021 vermarktet Adrian Campen eigene Produkte im Hofladen.
- 2022 hat der Betrieb rund 10.000 l Milch zu Eis weiterverarbeitet.
- Das Eis ist in 100- und 500-ml-Bechern und in zehn unterschiedlichen Sorten erhältlich.
Knapp über 2.000 Menschen nimmt Adrian Campen in den sozialen Medien mit auf seinen Hof. Direktvermarktung und Milchkühe, dafür brennt der 25-Jährige aus dem ostfriesischen Ihlow. „Im November 2021 haben wir hier langsam angefangen, eine Direktvermarktung aufzubauen.“ Die erste kleine Holzhütte auf der rechten Seite an der Hofeinfahrt wird mittlerweile nur noch als Lagerraum genutzt.
Gegenüber steht der neue Hofladen, der in etwa dreimal so groß ist wie der alte. Hier vermarkten Adrian und seine Familie ihr eigenes Eis, frische Milch, Eier und Käse sowie Fleisch von Landwirten aus der Umgebung. Die Eier stammen von den 300 Hühnern, die in einem mobilen Stall unweit des Hofladens untergebracht sind. „Wir verkaufen allerdings nicht nur die frischen Eier, sondern bieten auch Nudeln und Kuchen im Glas mit den eigenen Produkten an“, sagt Adrian Campen.
Während seiner landwirtschaftlichen Ausbildung wuchs das Interesse an der Vermarktung unserer Produkte. Seine Leidenschaft für die Landwirtschaft hat er erst im Laufe der Jahre entwickelt. Obwohl er auf dem Familienbetrieb aufgewachsen ist, erkannte er erst als Jugendlicher, wie vielfältig die Landwirtschaft ist.
„Ein Schulfreund, der nicht vom Hof kam, hat mir vor Augen geführt, was wir da zu Hause so haben. Von da an habe ich mich viel intensiver mit diesem Beruf beschäftigt und mich für den Berufsweg Landwirt entschieden“, erzählt der junge Betriebsleiter.
Von der Ausbildung geprägt
In seiner landwirtschaftlichen Ausbildung hat ihn besonders das dritte Lehrjahr sehr geprägt. Obwohl Schweinehaltung bisher nicht zu seinen größten Interessen gehörte, absolvierte er das Abschlussjahr auf einem Betrieb mit Outdoor-Sauenhaltung.
Sein damaliger Chef vermarktete sein Fleisch direkt an den Lebensmitteleinzelhandel und zeigte ihm auf, wie wichtig es ist, unabhängiger vom Markt zu sein. „Mich hat das Konzept so überzeugt, dass ich mir mehrere Hofläden angeguckt habe und dann schlussendlich nach der Fachschule im Herbst 2021 mit der Direktvermarktung angefangen habe.“
Milch an Verbraucher zu vermarkten, das war in Ostfriesland zu der Zeit schon keine Seltenheit mehr. Adrian Campen suchte nach Möglichkeiten, um einen Teil der Milch direkt an den Verbraucher verkaufen zu können. „Während meiner Fachschulzeit hatte mein Vater dann einen Flyer eines Unternehmens im Postkasten, das Landwirte beim Vermarkten von eigenem Eis unterstützte“, sagt der Agrarbetriebswirt.
Bei diesem Franchiseprojekt können Landwirte ein Paket kaufen, um am Ende ihr eigenes Eis zu produzieren. Enthalten sind sowohl die Eismaschine und die notwendigen anderen Maschinen als auch Rezeptmischungen, Verpackungsmaterial und Etiketten. „Für uns war das der optimale Start in die Direktvermarktung. Wir konnten schauen, was funktioniert, und hatten dadurch einen Start in die Eisproduktion.“ Beim Blick in Addi´s Hofkiste, wie der Hofladen hier genannt wird, sind neben den alltäglichen Sorten wie Vanille und Stracciatella in der Vorweihnachtszeit noch weitere Sorten erhältlich.
Adrians Mutter kümmert sich in Vollzeit um die Produktion. In der Hochsaison steht sie viermal wöchentlich rund 9 bis 10 Stunden in der eigenen kleinen Eisproduktion. Mit dabei ist immer ein weiteres Familienmitglied, dass beim Versiegeln und Abfüllen behilflich ist. Während im Sommer zehn Sorten im Hofladen erhältlich sind, kommen im Winter noch mal vier weitere Eissorten hinzu.
„Am beliebtesten sind unsere kleinen 100-ml-Becher. Wir bieten aber auch größere Familienpackungen mit 500 ml an.“ Rund 10.000 l Milch haben Adrian Campen und seine Familie im Jahr 2022 zu Eis weiterverarbeitet. Seit 2023 bieten sie im Hofladen auch die eigene pasteurisierte Frischmilch zum Verkauf an. „Derzeit sind die Mengen allerdings noch sehr gering. Pro Woche verkaufen wir um Schnitt gut 20 l in 1- und 0,5-l-Flaschen.“
Der natürliche Fettgehalt von über 4 Prozent hilft bei der Vermarktung. „Die Verbraucher wollen häufig Milch, die so schmeckt wie früher. Dadurch, dass wir unsere Milch nur pasteurisieren, schmeckt man den höheren Fettgehalt direkt heraus“, erzählt Adrian Campen.
Neues Herdenmanagement
Die 130 Milchkühe, die er gemeinsam mit seinem Vater in einer GbR hält, geben im Jahr durchschnittlich 9.000 l. Durch den geringen Maisanteil und die Ballensilage schwanken die Nährstoffgehalte in der Ration stark. Die Inhaltsstoffe der Milch liegen mit 4,2 Prozent Fett und 3,5 Prozent Eiweiß allerdings auf einem hohen Niveau.
Gemolken werden fast ausschließlich Schwarzbunte, die in den Sommermonaten durchgehend auf der 17 ha großen arrondierten Weidefläche am Hof zu finden sind. Neben dem täglichen Weidegang von Ende März bis Oktober füttert der Betrieb daher den größten Teil Grassilage über Wickelballensilage zu.
„Wir liegen hier zu 100 Prozent im Wasserschutzgebiet. Feldsilos sind daher nicht erlaubt. Unsere Siloplätze nutzen wir für den ersten Grashäckselschnitt und für die Maissilage“, sagt der Betriebsleiter. In den letzten Jahren hat Familie Campen das komplette Management auf dem Betrieb umgestellt. Im Jahr 2008 wurde ein neuer Boxenlaufstall gebaut und die Herde von 60 auf 120 Tiere aufgestockt. Die zwei eingebauten Melkroboter stellten den Betriebsleiter allerdings vor große Herausforderungen.
„Ab 2013 lief es einfach nicht mehr rund. Ständig waren teure Teile kaputt und die Milchleistung der Kühe sank auf ein unterirdisches Niveau“, erzählt Adrian Campen. Im Jahr 2014 stellte sein Vater dann wieder auf den Melkstand um: beide Roboter raus, Doppel-10-er-Melkstand rein. „Das war eine wirklich schwierige Zeit. Wir hatten in dem Zug auch die Herde noch weiter aufgestockt und die Jungviehaufzucht abgegeben.“
Eutergesundheit verbessern
Durch den Zukauf von Färsen aus anderen Betrieben hatte der Betrieb zudem massive Probleme mit der Eutergesundheit. Nach der nächsten Milchpreiskrise entschied sich die Familie in den Jahren 2017 und 2018 dazu, den Bestand komplett zu sanieren und stockte um 70 Kühe ab. Die Jungviehaufzucht lief wieder auf dem eigenen Betrieb. „Seit 2020 haben wir wieder eigene Färsen im Bestand. Mit diesem geschlossenen System fahren wir deutlich besser und stabiler.“
Auch bei der Eutergesundheit hat sich einiges getan. „Das Abstocken der Herde hat uns einiges gebracht. Zusätzlich haben wir beim Melken umgestellt auf Vorreinigung, und Zwischendesinfektion und wir dippen mittlerweile nicht mehr mit Jod, sondern mit einem 2-Komponenten-Barrieredippmittel.“
Mittlerweile liegen die Zellzahlen unter 150.000 Zellen/ml. Die Milchleistung ist in den letzten Jahren um knapp 9 l pro Kuh gestiegen. Adrian Campen versucht, die Herdengesundheit und das Management nachhaltig zu verbessern, um eine gute Basis für seine Direktvermarktung zu haben.
Für die Zukunft schmiedet der Agrarbetriebswirt mittlerweile neue Pläne. Im traditionellen, ostfriesischen Gulfhof wurde in der letzten Zeit weiter umgebaut und der alte Anbindestall herausgerissen. „Ich würde gerne neben dem jetzigen Produktionsraum eine eigene Hofmolkerei aufbauen.“
Die hohen Investitionskosten müssten sich allerdings schnell auch wieder erwirtschaften lassen. Sowohl beim Bau des Umkleidebereichs und des Produktionsraums für das Eis, als auch bei der Erweiterung der Hofmolkerei, erledigt die Familie den größten Teil der Arbeiten selbst. „Mein Vater ist zum Glück handwerklich sehr geschickt, sonst hätte der Anteil für den Ausbau deutlich über den jetzigen Umbaukosten von rund 30.000 Euro gelegen“, berichtet der Landwirt.
Er würde in Zukunft gerne noch mehr produzieren. Allerdings sind die Pläne hierfür noch nicht final. „Ein Um- oder Ausbau einer eigenen Hofmolkerei bedeutet einen hohen Planungsaufwand. Wo kommt welcher Raum hin und wie bauen wir ein nachhaltiges Konzept auf? All das wären noch Fragen für die Zukunft.“
30.000 kleine Eisbecher
Im Jahr 2022 hat Addi´s Hofkiste bereits 30.000 kleine Eisbecher verkauft, Tendenz 2023 steigend. „Zurzeit vermarkten wir lediglich 1 Prozent der gesamten Milch direkt an den Endkunden. Da ist auf jeden Fall noch mehr drin.“
Sein Ziel sei es, die komplette Milch irgendwann direktvermarkten zu können. „Ob das am Ende bedeutet, dass wir die Kuhzahl etwas weiter abstocken, um mehr Zeit für die eigene Molkerei zu haben, kann ich derzeit noch nicht sagen.“ Seit letztem Jahr setzt er noch mehr auf die Kundenbindung und organisiert neben kleinen Hoffesten auch einen Weihnachtsmarkt. „Wer seine Produkte direktvermarkten möchte, hat viel zu tun“, sagt Campen. „Social Media, Marketing, das Gesicht einer Marke sein. Daran arbeite ich, aber es gehört wirklich viel dazu, neben Landwirt auch Unternehmer zu sein.“
Rechts neben dem Hofladen sind ein paar Tische und Bänke zum Verweilen für Fahrradfahrer und Spaziergänger aufgestellt. „Am Anfang wollte ich mit meiner Hofkiste immer ein Zwischenstopp entlang der Radwege auf dem Weg zum Ziel sein. Mittlerweile bin ich das Ziel vieler Ausflügler und das macht mich wirklich glücklich“, sagt der 25-jährige Betriebsleiter. ●
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