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Zuverdienst mit Humus

Regenerativer Anbau mit ganzjähriger Bodenbedeckung und Direktsaat hilft, das Klima zu schonen und Humus aufzubauen.

Herr Meise, Sie leiten in Brandenburg einen Gemischtbetrieb mit rund 1.800 ha. Welche klimaschonenden Anbaumethoden setzen Sie dort bereits um?

Klimaschonend ist ein großes Wort. Wir versuchen uns an Direktsaat, reduziertem Einsatz von Mineraldüngern und Pflanzenschutzmitteln, komplexen Zwischenfruchtmischungen und künftig weiteren Methoden, die landläufig auch der regenerativen Landwirtschaft zugeordnet werden.

Bei regenerativer Wirtschaftsweise ist Humusaufbau zur CO2-Bindung als künftige Einnahmequelle derzeit in aller Munde. Wann erwarten Sie, damit wirklich Geld einzunehmen?

In einem Pilotprojekt mit dem US-Konzern Indigo erhalten wir bereits heute ein paar Cent, allerdings nicht für CO2-Zertifikate, sondern für die Bereitstellung von Daten. Zudem profitieren wir vom Humus ohnehin schon immer auch ackerbaulich. Wenn es gelingt, einen tatsächlichen Humusaufbau zu belegen und diesen auch verpflichtend auf Dauer zu erhalten, lassen sich in der Landwirtschaft in wenigen Jahren sicher auch CO2-Zertifikate generieren.

Benjamin Meise

Benjamin Meise ist Geschäftsführer der Fürstenwalder Agrarprodukte GmbH Buchholz in Steinhöfel, Brandenburg. Der Betrieb nimmt am Carbon-Testprojekt des US-Konzerns Indigo teil und bewirtschaftet 1.800 ha. Er hält 700 Kühe, vermarktet einen Großteil seiner Milch in der eigenen Molkerei, betreibt zudem eine Biogasanlage und füttert 20.000 Legehennen.

E-Mail: benjamin.meise@ agrafrisch.de

Für den milliardenschweren Markt des CO2-Zertifikatehandels hat Indigo, wie etwa auch Bayer oder BASF ein Programm zur Dekarbonisierung mit finanziellen Anreizen aufgelegt. Welche Motivation hatten Sie, bei dem „Test“ mitzumachen?

Neben dem eben erwähnten Doppelnutzen, also den ackerbaulichen Vorteilen des Humusaufbaus kombiniert mit Erlösen aus CO2-Zertifikaten, trage ich natürlich wie jeder andere auch eine Verantwortung für die Umwelt. Die uns verliehene Erde wollen wir künftigen Generationen in keinem schlechteren Zustand weitergeben. Außerdem finde ich es spannend, neue Methoden zu erproben, die wir erst noch kennenlernen oder womit wir Erfahrungen sammeln müssen.

Welche sind das? Und welche Voraussetzungen mussten Sie erfüllen, um beim Pilotprojekt dabei zu sei? Nur guter Kunde zu sein, reichte das?

Ehrlich gesagt weiß ich nicht, warum genau wir von dem Unternehmen angesprochen wurden. Mit Sicherheit nicht aufgrund unseres getätigten Umsatzes mit Biostimulanzien. Ich denke, unsere Offenheit und die Betriebsstruktur waren ausschlaggebend.

In Deutschland sind mittlerweile der Knäckebrothersteller Wasa und der Agrarhändler Beiselen mit im Boot. Wie profitieren Sie davon?

Davon profitieren wir nur indirekt. Wir machen ja noch nicht mit beim Zertifikatehandel.

Wozu haben Sie sich vertraglich genau verpflichtet, um CO2 zu speichern? Was ist in Ihrem Übereinkommen zu möglichen CO2-Zertifikaten im Einzelnen geregelt?

Grob gesagt sprechen wir den Anbau mit den Firmenvertretern auf einem Versuchsfeld ab. Dann stellen wir alle nötigen Daten bereit, auch historische, und wir erlauben es, Bodenproben zu ziehen, die das Unternehmen zahlt. Der Anbau selbst orientiert sich wiederum an den Vorgaben regenerativer Landwirtschaft.

Bei der regenerativen Landwirtschaft sind ein intaktes Bodengefüge und eine gute Humuswirtschaft das A und O. Welche klimafreundlichen Methoden sind Ihnen an Ihrem dürregefährdeten Standort wichtig?

Ich denke, eine reduzierte Bodenbearbeitung, weite Fruchtfolgen, komplexe Zwischenfruchtmischungen sowie eine ausbalancierte Bodenchemie und auch -physik gehören dazu. Weiter lohnen sich Bakterien- und Pilzpräparate sowie organischer Dünger, zudem Beweidung, Agroforst, stete Begrünung, Förderung der Tauwürmer, Oasen mit Biodiversität und künftig controlled traffic farming (CTF) mit wenig Bodenbelastung und Fahrspuren. Das hilft dabei, unsere Böden entscheidend zu verbessern.

Mit wie viel Humusaufbau im Jahr rechnen sie? Das dauert doch lange. Wie schnell klappt das?

Ja, das ist wohl so. Daher habe ich auch keine allzu großen Erwartungen. Wenn es uns gelingt, auf unseren brandenburgischen Sanden den Humusanteil in der Krume von 2,5 auf 3 Prozent innerhalb einer Generation zu erhöhen, haben wir wahrscheinlich schon viel erreicht. Ich bin kein besonderer Bodenkundler, meine aber, dass der Humusanteil ohnehin durch den Tonanteil im Boden limitiert wird.

Wie lässt sich die CO2-Bindung denn unter dem Strich künftig belegen, also letztlich die Emissionen vom Feld bis ins Regal?

Dafür gibt es komplexe Verfahren und Berechnungsmodelle, die eine CO2-Bilanz exakt erstellen sollen und zertifiziert sind. Wir selbst stecken an dieser Stelle jedoch noch in den Kinderschuhen. Die eigentliche CO2-Senke dürfte dabei wahrscheinlich nur der Humusaufbau des Bodens sein.

Kennen Sie den Humusgehalt Ihrer Flächen überhaupt? Wie stellen Sie den fest?

Wir kennen die Ergebnisse vieler Bodenproben auf unseren Flächen und versuchen, uns so ein Bild vom Humusgehalt zu machen.

Wie oft und exakt wird gemessen und kontrolliert, um die CO2-Speicherung rechtssicher beweisen zu können?

Das Projekt läuft noch nicht allzu lange. Daher kann ich hierzu und zu weiteren Fragen noch keine validen Antworten geben. Grundlage ist aber ein „Verified Carbon Standard“ von Verra, einer Kontrollinstanz zur Validierung der Kohlenstoffbindung in landwirtschaftlich genutzten Böden und der Treibhausgasreduktion, geprüft von weiteren Anbietern.

Was passiert, wenn Sie Ihre Ziele nicht erreichen oder der Humusanteil wieder sinkt?

Die Frage kann ich derzeit leider ebenfalls nicht beantworten. Fest steht: eine Überwachungs-, Berichts- und Verifizierungslösung muss für einen Zertifikatehandel zuverlässig funktionieren. Weiter muss sie datenschutzkonform sein und benutzerfreundlich. Wir werden demnächst wichtige Daten unserer Schlagkartei vom Versuchsfeld weitergeben.

Haben Sie keine Sorge, dass vor allem Ihre Daten zur Betriebsführung abgesaugt werden, um Sie damit künftig, womöglich gegen Entgelt und aufbereitet, wieder zu beraten?

Nein, diese Sorge teile ich nicht. Insgesamt sehe ich das Projekt für unseren Betrieb als Imagegewinn, der sich künftig werblich nutzen lässt. Die Modellrechnungen aus Daten auch unseres Betriebs entscheiden mit über den Erfolg, CO2-Zertifikate zu verkaufen. ●

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