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Denkfabrik für Zukunftsthemen

Günther Felßner

Steckbrief

geboren: 1966

wohnt in: Lauf / Nürnberger Land

Betrieb: Familienbetrieb mit 170 ha LN und Milchviehhaltung 100 Kühe mit Nachzucht, 50 Prozent Grünland, Futterbau, Marktfruchtbau, 20 ha Wald, 150 kW Dach-PV-Anlage

Engagement im BBV:
Ortsobmann und Kreisvorstandsmitglied seit 2002,
Kreisobmann Nürnberger Land seit 2007,
Bezirkspräsident Mittelfranken seit 2012,
BBV-Vizepräsident seit 2012.

Gesellschaft und Landwirtschaft haben sich in den vergangenen Jahren immer weiter voneinander entfernt. Was ist da schiefgelaufen?

In unserer Wohlstandsgesellschaft haben immer weniger Menschen direkten Kontakt zur Landwirtschaft. Dadurch wurden die Menschen anfälliger für Fake News.

Wir haben als Bauern zu wenig nach außen kommuniziert. Dies übernahm der Lebensmittelhandel mit reißerischen Werbeprospekten, sowie Politik und NGOs. So wurde einseitig über Billigpreise oder über vermeintliche Probleme bei Umwelt, Klima und Tierhaltung berichtet. Es entstand ein falsches Bild in den Medien und in den Köpfen vieler Menschen. obwohl wir die besten Standards der Welt bieten!

Wie sollte der BBV agieren, um das wieder zu ändern? Mehr Kante zeigen oder mehr positiv mitgestalten?

Wir Bauern müssen raus aus der Opferrolle, müssen in vielen Bereichen die Meinungsführerschaft gewinnen, müssen zur „Denkfabrik BBV“ für Zukunftsthemen werden. Fragen zu Ernährung, Energie, Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit brauchen zukunftsorientierte Antworten. Daraus ergeben sich riesige Zukunftschancen für unsere Höfe.

Wir sind Macher und Mutmacher. Wir als BBV müssen bei allen Themen und unseren Positionen ganz klare Kante zeigen. Wir stehen für unsere Überzeugungen und lassen uns dabei nicht politisch vereinnahmen. Wir müssen auch mal „Nein“ sagen können. Wahrheit und Klarheit sind wichtig.

Die Gründung von „Unsere Bayerischen Bauern“ war eine richtige Maßnahme zur Öffentlichkeitsarbeit! Das müssen wir ausbauen.

Bei welchen agrarpolitischen Themen ist für Sie eine rote Linie überschritten?

Erstens: Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ war ein Tiefschlag für uns Bauern, die freiwillig bereits Enormes für den Naturschutz leisten. Dass die Staatsregierung aber auf das Volksbegehren noch zusätzliche Maßnahmen draufgesetzt hat, ist inakzeptabel!

Zweitens: Der Flächenfraß schreitet ungebremst voran. In Bayern gehen rund 17 ha täglich für Baumaßnahmen und Ausgleichsflächen verloren! Hier überschreiten wir täglich rote Linien. Die Freiwilligkeit ist gescheitert, wir brauchen verbindliche Flächensparziele!

Drittens: Wir haben keine fairen Wettbewerbsbedingungen auf den Märkten. Während bei Lebensmittelimporten Produktionsstandards fast keine Rolle spielen, werden diese für uns immer höhergeschraubt. Der finanzielle Ausgleich dafür über die 1. Säule der GAP wurde in den letzten 15 Jahren halbiert. So geht’s nicht weiter! Wir brauchen rasch eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel und faire Regeln im Welthandel!

Zu den Bauern-Demos der vergangenen Monate hat nicht der BBV aufgerufen. Sollte der Verband künftig mehr mit AbL, BDM oder LSV-Bayern zusammenarbeiten?

Mein erklärtes Ziel ist der Mitmach-Bauernverband. Unser BBV ist und bleibt DIE stärkste Interessensvertretung, die sich ausschließlich am Wohl unserer Mitglieder, unserer Bauernfamilien, orientieren muss.

Zusätzlich können wir auch als Plattform der grünen Branche und des ländlichen Raums agieren. Der BBV ist immer bereit für einen konstruktiven Dialog mit anderen Gruppen, wenn dieser beidseitig gewollt ist.

Demonstrationen und clevere, bildhafte Nadelstichaktionen sind wichtige Verstärkungen der politischen Arbeit. Hier müssen wir unbedingt besser werden!

Es ist bekannt: Zu LSV habe ich von Anfang an einen guten Draht gesucht und gefunden. Die Ziele sind ähnlich und viele der jungen Leute kommen aus unseren Mitgliedsbetrieben. Die Kraft der Bauern zu bündeln, ist besser als sie zu spalten!

Was planen Sie, um den Verband für Junglandwirtinnen und Junglandwirte attraktiver zu machen?

Die Jugendarbeit und gezieltere Ansprache der jungen Betriebsleitergeneration beschäftigt mich sehr. Dies war übrigens einer der Gründe, warum ich 2019 den Strategieprozess „Rolle Vorwärts“ angestoßen habe.

Ich möchte:

  • ein attraktives Konzept „young bbv – the next generation“,
  • eine Jugendmitgliedschaft z.B. ab 12 Jahren in der „bbv next generation“,
  • attraktivere Jugendformate,
  • den Jugend-Austausch in Deutschland und der EU fördern,
  • neue Formate für die Generation der Betriebsleiter 20+ anbieten.

Was mir noch wichtig ist ...

Liebe Bäuerinnen und Bauern, wir alle erleben im Moment Zeiten großer politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen. Auch wir Bauernfamilien stehen täglich vor neuen Herausforderungen, wie Verfügbarkeit von Produktionsmitteln, massive Preissteigerungen bei Energie und Dünger, verändertes Verbraucherverhalten bis hin zur öffentlichen Diskussion über die zukünftige bayerische Landwirtschaft.
Klar ist: Wir Bauern werden für alle Bereiche der Versorgung und Sicherung der Lebensgrundlagen mehr gebraucht als je zuvor. 
Wir haben Zukunft!  Wir sind systemrelevant!
In solchen Zeiten massiver gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Umbrüche gilt es, nicht nur die Veränderungen zu meistern, sondern vor allem auch mit Ideen, Mut und Tatkraft die neuen Chancen zu erkennen und zu nutzen!
Auch im BBV steht am 21. Oktober mit der Wahl des neuen Präsidenten eine sehr wichtige Weichenstellung für die Zukunft des Verbandes und der bayerischen Bauernfamilien an. Teamgeist, Weitblick und Durchsetzungsstärke der Verbandsspitze werden dabei genauso wichtig sein wie die Fähigkeit, Menschen für Zukunftsideen zu begeistern und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken.
Wir haben jetzt die große Chance unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Deshalb bewerbe ich mich um das Amt des Präsidenten des Bayerischen Bauernverbandes und bitte um Ihr Vertrauen! 

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