Logo Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt digitalmagazin

Artikel wird geladen

Schneller entscheiden

Siegfried Jäger

Steckbrief

geboren: 1969 in Marktoberdorf/Allgäu

wohnt: seit1997 in Klafferstraß, Gemeinde Neureichenau, Lks. Freyung-Grafenau

Betrieb: 120 Milchkühe, 35 kW Biogas, 220 kW Solaranlage

Engagement im BBV:
Kreisobmann seit 2019,
Ortsobmann seit 2022
Bezirkspräsident Niederbayern seit 13. September 2022.

Gesellschaft und Landwirtschaft haben sich in den vergangenen Jahren immer weiter voneinander entfernt. Was ist da schiefgelaufen?

Nahrungsmittel von bester Qualität waren in der Vergangenheit immer für jeden, zu günstigen Preisen unbegrenzt vorhanden. Die Gesellschaft, wie auch viele Politiker, haben die Wichtigkeit der Landwirtschaft vergessen und verstehen heute leider viele Zusammenhänge nicht mehr.

Aktuell nehme ich aber ein anderes Bild wahr. Aufgrund der derzeitigen Lage am Nahrungsmittel- und Rohstoffmarkt wird den Leuten wieder bewusst, welche zentrale Bedeutung die Landwirtschaft für die Gesellschaft hat. Wir liefern Nahrungsmittel, Energie und pflegen eine Kulturlandschaft, um die wir auf der ganzen Welt beneidet werden. Hier müssen wir ansetzen.

Wie sollte der BBV agieren, um das wieder zu ändern?

Wenn man an die Qualitäten unserer Landwirtschaft in Bayern denkt, kann man doch nur positiv auftreten. Wir können nämlich die Versorgung mit hochwertigen, tollen Lebensmitteln und vielen Rohstoffen regional sicherstellen. Das geht aber nur, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen passen. Und hier müssen wir klare Kante zeigen und Grenzen setzen.

Wir müssen mehr Menschen mitnehmen, die uns gegenüber positiv eingestellt sind, und die ewigen Kritiker auch einmal links liegen lassen.

Bei welchen agrarpolitischen Themen ist für Sie eine rote Linie überschritten?

Da gibt es leider zur Zeit viele Beispiele. Die Düngeverordnung und das Verbot des Pflanzenschutzmitteleinsatzes sind solche Themen. Bei der DüV werden willkürlich Gebiete ohne nachvollziehbare Grundlagen als belastet festgestellt. Das kann wirklich nicht sein. Auch die Dokumentationswut, wie Düngebedarfsermittlung, Stoffstrombilanz et cetera, nimmt Formen an, die kein Landwirt mehr nachvollziehen und auch leisten kann.

Der Plan, in gewissen Schutzgebieten Pflanzenschutzmittel zu verbieten, führt dazu, dass in ganzen Landstrichen die Landwirte „gegen die Wand“ gefahren werden. Ganz zu schweigen, dass eh fast keine Wirkstoffe mehr zugelassen werden.

Mich als Tierhalter alarmieren auch die rückläufigen Tierzahlen in Bayern. Politik und Gesellschaft haben immer noch nicht kapiert, dass es hier einen Rückgang gibt und dies mit den Tierwohlauflagen zusammenhängt. Dies muss besser kommuniziert werden. Da kann es zum Beispiel nicht sein, dass eine Frau Renate Künast folgenden Post vom Stapel lässt: „Jeder, der jetzt in die Viehhaltung investiert, fährt seinen Betrieb an die Wand“. Das verunsichert doch jeden investitionswilligen Landwirt. Auf dem Schweinesektor haben wir seit Jahren mit der ASP zu kämpfen. Deshalb bestehen Handelsbeschränkungen, gerade für Produkte, die nicht im Land verkauft werden können. Dies wirkt sich auf den Gesamterlös aus. Deshalb muss endlich die ASP wirkungsvoll und entschieden bekämpft werden.

Beim Volksbegehren „Artenschutz“ wurde klar eine rote Linie überschritten. Durch falsche Behauptungen und öffentliche Diskriminierung haben die Initiatoren gerade auf dem Land viel kaputt gemacht, weil unsere Leistungen überhaupt nicht anerkannt wurden.

Grundsätzlich müssen unsere Bäuerinnen und Bauern von der überbordenden Bürokratie entlastet werden. Mir schwebt eine ganzheitliche Betriebsbetreuung vor, die durch EU-Mittel bezahlt wird, damit sich der Landwirt wieder um seine Felder und das Vieh kümmern kann.

Zu den Bauern-Demos der vergangenen Monate hat nicht der BBV aufgerufen. Sollte der Verband künftig mehr mit AbL, BDM oder LSV-Bayern zusammenarbeiten?

Ein ganz wichtiges Anliegen ist mir die Geschlossenheit innerhalb des Bauernstandes. Es kann nicht angehen, dass sich einzelne Verbände und Gruppierungen untereinander „bekriegen“. Damit verliert man an Glaubwürdigkeit, bei Politik und Gesellschaft. Deshalb ist ein Zusammenarbeiten unabdingbar.

Was die AbL angeht, die sich zu einem Organ der Partei die Grünen entwickelt hat und das Volksbegehren unterstützte, ist eine funktionierende Zusammenarbeit sehr schwierig geworden.

Wie wollen Sie den Verband für Junglandwirtinnen und Junglandwirte attraktiver machen?

Bereits jetzt haben wir es geschafft, viele Ehrenamtsposten mit jungen engagierten Leuten zu besetzen. Mit diesen muss man diskutieren und gemeinsame Interessen erarbeiten. Auch sollte man der ARGE Landjugend, ein festes Gremium im BBV, mehr Gehör verschaffen. Man darf sie aber zeitlich nicht überfordern, denn sie haben meist junge Familien und der Betrieb muss laufen. Dies ist mir ein persönliches Anliegen.

Was mir noch wichtig ist ...

zeugt, leben können. Deshalb sind kostendeckende Erzeugerpreise oberstes Ziel. Das kann dazu führen, dass wir einen Außenschutz benötigen, wie  eine CO2-Besteuerung auf Importe.
Verbandsintern ist es wichtig, dass wir schneller entscheiden. Die Präsidentenkonferenz muss auch kritisch intern diskutierte Themen zeitnah zum Abschluss bringen. Das Haupt- und Ehrenamt leisten enorm viel. Das bekommen unsere Mitglieder leider nicht immer mit. Daher muss deren Tätigkeit zeitnah an sie kommuniziert werden. Zum Beispiel soll die Kreisbäuerinnen-/Kreisobmänner-Info für moderne Medien aufbereitet werden. Deshalb ist es wichtig, dass der Präsident Videobotschaften so erstellen kann, dass sie gesehen, geliked und geteilt werden können.
Wichtige Erkenntnis bei der Mitgliederbefragung im vergangenen Jahr war zum Beispiel, dass die Landfrauenarbeit einen sehr hohen Stellenwert hat. Deshalb muss vermehrt den Bäuerinnen Unterstützung angeboten werden, gerade beim Projekt „Schule fürs Leben“.
Grundsätzlich möchte ich die Kompetenz und das Wissen, über das wir im Verband verfügen, bündeln und so ein Gemeinschaftsprojekt BBV schaffen. Hier kann sich  jeder nach seinen Qualifikationen und Eignungen einbringen. Dabei dürfen die eigene Betriebsart und die Herkunft keine Rolle spielen. Ich möchte Präsident für alle Landwirte sein.

Digitale Ausgabe Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt

Holen Sie sich noch mehr wertvolle Fachinfos.
Lesen Sie weiter in der digitalen Ausgabe des
Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts !

 Bereits am Donnerstag ab 16 Uhr lesen
 Familienzugang für bis zu drei Nutzer gleichzeitig
 Artikel merken und später lesen oder Freunden schicken