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Neue positive Wege gehen

Stefan Köhler

Steckbrief

geboren: 1967

wohnt in: Wiesen/ Aschaffenburg

Betrieb: Seit 1992 Einzelbetrieb mit Mutterkuhhaltung, 70 Mutterkühe und Nachzucht, seit 1994 Ackerbau in Kooperation, Dinkel, Weizen, Sommergerste, Winterraps, Körnermais, Ackerbohnen, 12 % werden ökologisch bewirtschaftet.

Engagement im BBV:
Ortsobmann und Kreisobmann seit 2002,
Stellv. Bezirkspräsident Unterfranken 2007 bis 2017,
Bezirkspräsident Unterfranken seit 2017.

Gesellschaft und Landwirtschaft haben sich in den vergangenen Jahren immer weiter voneinander entfernt. Was ist da schiefgelaufen?

Immer weniger Menschen stammen von landwirtschaftlichen Betrieben oder haben Verwandte mit landwirtschaftlichem Hintergrund. In den Kindergärten und Schulen wird die Landwirtschaft immer schlechter erklärt. Umweltthemen stehen in der Gesellschaft, bei Politik und Medien seit Anfang der 80er Jahre immer stärker im Vordergrund. Parteien nutzen die Landwirtschaft, um sich zu profilieren, statt eine sachlich fachliche Auseinandersetzung zu führen. Die allgemeinen Medien versuchen ein anderes Bild der Landwirtschaft zu zeichnen, obwohl sie zur sachlichen Darstellung verpflichtet wären. Internet und neue Medien tragen häufig ebenfalls zu wenig fachlichem Tiefgang bei. Hinzu kommt, dass wir Landwirte gerne unsere Arbeit im Stall und auf dem Acker tun, aber verlernt haben, unsere Arbeit wieder positiv in der Öffentlichkeit darzustellen.

Muss der BBV mehr Kante zeigen oder mehr positiv mitgestalten, um das zu ändern?

Als BBV sollten wir beides nutzen: Kante zeigen, wenn fachlich völlig falsche Gesetze und Vorgaben gemacht werden sollen, sowie kritisch konstruktiv mitgestalten. Aktuell zeigen die vielen Klagen gegen die DüV die Kante. Dies wird aber kurzfristig nicht zur Lösung führen, sondern Jahre dauern. Deshalb müssen wir als Verband auch Ideen und Lösungen entwickeln und in die Diskussion einbringen, um Verbesserungen zu erreichen. Einfach nur „Nein“ zu bestimmten gesellschaftlichen Forderungen zu sagen und diese nur abzulehnen, würde uns nur ins Abseits manövrieren.

Bei welchen agrarpolitischen Themen ist für Sie eine rote Linie überschritten?

Gesellschaftliche Wünsche sind gut und wichtig. Die Politik muss aber die Praktikabilität und noch viel wichtiger die Finanzierbarkeit der Wünsche und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirte im Auge behalten, bevor sie Verordnungen oder Gesetze macht. Die aktuelle Diskussion über den Umbau der Tierhaltung zeigt dies deutlich. Wenn neutrale Kommissionen Mehrkosten ermitteln und diese aber nicht für den Umbau zur Verfügung stehen, dann wird es eben diesen Umbau nicht geben. Wenn Vorgaben nicht mehr praktisch umsetzbar sind oder fachlich genau gegen die gesetzten Ziele sprechen, finden sie keine Akzeptanz.

Daneben ist auch eine rote Linie überschritten, wenn Themen aus rein ideologischer Sicht vorangetrieben werden. Dies ist auf Bundes- und Europaebene sichtbar, zum Beispiel beim Pflanzenschutz.

Zu den Bauern-Demos der vergangenen Monate hat nicht der BBV aufgerufen. Sollte der Verband künftig mehr mit AbL, BDM oder LSV-Bayern zusammenarbeiten?

Alle Landwirte und landwirtschaftlichen Gruppen sollten als Einheit und mit geschlossener Stimme sprechen. Dazu gehört für mich auch der gegenseitige Respekt und keine gegenseitigen Vorwürfe. Sich auf Kosten eines anderen Verbandes zu profilieren, wird nicht funktionieren und unseren Berufsstand spalten. Bei gleichen Zielen sollte man gemeinsam arbeiten und Eitelkeiten zurückstellen.

LSV hat aktuell zweifelsfrei einen höheren Mobilisierungsgrad bei Demonstrationen als unser Verband.

In der fachlichen und politischen Arbeit sehe ich aber den BBV an der Spitze, weil wir im Zusammenspiel von Ehrenamt und Hauptamt das größte Know-how in der politischen, aber auch behördlichen Arbeit verfügen. Nur durch intensive politische Arbeit auf fachlicher Basis können wir was verändern.

Was planen Sie, um den Verband für Junglandwirtinnen und Junglandwirte attraktiver zu machen?

Wir müssen die Jugend als Verband viel gezielter ansprechen und sie noch besser in unsere Arbeit einbinden. Das ist mit rein politischen Themen schwieriger als mit neuen Themenfeldern. Ich werbe dafür, neue Themenfelder wie Wertschöpfungsketten und Produktionsmethoden zu entwickeln, zu verfeinern und auszubauen.

Außerdem bin ich ein absoluter Unterstützer von lebenslangem Lernen. Deshalb möchte ich durch den Verband das Vermitteln von neuem Wissen vorantreiben. Gerade hier ist die Jugend sehr wichtig, weil sie aufgeschlossen für neue Themen ist und sich dabei enorm einbringen kann.

Wir müssen die jungen Leute aber auch emotional abholen. Dazu braucht es vielleicht wieder mehr gesellschaftliche Events, aber auch die Ansprache über die neuen Medien. Eigene Mitgliedschaften, Think Tanks und Jugendausschüsse sind denkbar.

Ich könnte mir auch vorstellen in einigen Führungspositionen junge Menschen zu beschäftigen, die gezielter junge Menschen ansprechen.

Was mir noch wichtig ist ...

Das Volksbegehren „Artenschutz“ in Bayern hat uns klar gezeigt, wie die Politik getrieben werden kann. Politiker denken zunehmend in Wahlperioden. Sie geben oft dem medialen Druck nach, erlassen Gesetze ohne jegliche fachlich wissenschaftliche Folgeabschätzung. Wir in Bayern haben noch durch den „runden Tisch“ viele Dinge zurechtgerückt und als Zielvorgaben formulieren können. Die Bundesebene beim Aktionsprogramm Insektenschutz (API) und jetzt auch die EU-Ebene beim Green Deal zeigen aber eine noch geringere Bereitschaft, realistisch abzuwägen und Folgen des eigenen Handelns abzuschätzen. Als Verband müssen wir uns weiterhin massiv in die politische Diskussion einbringen, um dem entgegenzuwirken. Wir müssen uns aber auch zukünftig selbst um Probleme kümmern, weil die Politik, aber auch die Behörden keine Hilfestellung anbieten werden und können. Wir müssen neue eigene Wege entwickeln, um Geld auf den Höfen zu verdienen. Wir müssen selbst nach Möglichkeiten im Ressourcenschutz und bei der Kreislaufwirtschaft suchen und weiterentwickeln. Diese neuen positiven Wege müssen wir in den Medien platzieren und die Vorteile darstellen. Nur so und ohne Jammern werden wir wieder als moderner Verband wahrgenommen. Mit einer reinen Blockadehaltung werden uns die Herausforderungen der Zukunft überrollen. Packen wir es gemeinsam an für unsere Mitglieder, für unsere Landwirtschaft und für unsere Heimat!

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