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Verband zukunftsfähig machen

Gerhard Langreiter

Steckbrief

geboren: 1981

wohnt in: Oberneukirchen/ Mühldorf

Betrieb: 170 Zuchtsauen mit Ferkelaufzucht bis 30 kg und eigener Jungsauennachzucht. Futtererzeugung auf 27 ha Ackerfläche (inkl. Pacht), 3 ha Grünland und 7,5 ha Wald

Engagement im BBV:
Ortsobmann seit 2012,
stellv. Kreisobmann seit 2012,
Leitung des oberbayerischen AK Öffentlichkeitsarbeit seit 2021,
1. Vorsitzender des Fleischerzeugerringes Mühldorf-Traunstein und Verwaltungsbeiratsmitglied im TGD Bayern seit 2021

Gesellschaft und Landwirtschaft haben sich in den vergangenen Jahren immer weiter voneinander entfernt. Was ist da schiefgelaufen?

Es wachsen Kinder heran, deren Großeltern schon keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft hatten. Eine Stadtbevölkerung, die in einer künstlichen Welt aufwächst, die von Amazon und Essenslieferdiensten geprägt ist. Wir haben versäumt, darauf zu reagieren. Wir haben zu lange Bilder von der Landwirtschaft gezeigt, die es in der Realität gar nicht gibt. Das wieder auszubügeln, erfordert eine enorme Kraftanstrengung. Schule fürs Leben ist hier ein wichtiger Baustein.

Wir müssen aber auch die Großstädte durch von uns finanzierte Imagekampagnen erreichen. Dafür haben wir „Unsere Bayerischen Bauern“, die eine tolle Arbeit leisten, die aber ein deutlich höheres Budget brauchen, um unsere Ziele zu erreichen. Leider ist dies in unserer Branche vielen nicht bewusst. Das will ich ändern.

Wie sollte der BBV agieren, um das wieder zu ändern? Mehr Kante zeigen oder mehr positiv mitgestalten?

Hier gibt es kein Entweder-Oder. Wir brauchen einen Werkzeugkasten, in dem unsere Strategien verstaut sind. Je nach Bedarf holen wir dann das raus, womit wir unsere Ziele erreichen können. Es zählt am Ende nicht, wie wir agieren. Es zählt, ob wir etwas für unseren Berufsstand erreichen. Die Erkenntnis der letzten Jahre und der Fakt, dass unser Berufsstand Jahr für Jahr schrumpft, ist doch, dass wir uns Partner in der Gesellschaft suchen müssen, mit denen wir gemeinsam unsere gesteckten Ziele erreichen. Alleine werden wir nicht mehr an die Erfolge von früher anknüpfen können.

Bei welchen agrarpolitischen Themen ist für Sie eine rote Linie überschritten?

Die rote Linie gibt es für mich nicht. Es ist das Gesamtpaket, was passen muss. Eins muss klar sein: Wenn durch immer mehr Auflagen und Einschränkungen bei gleichzeitig schlechtem Einkommen darum unsere Hofnachfolger andere Berufe erlernen, werden wir in Deutschland in den nächsten 20 Jahren ein massives Höfesterben erleben, was schwerwiegende Folgen für unsere Gesellschaft haben wird.

Und eins ist auch klar: Tierhaltung ist DER Wertschöpfungsfaktor unserer bayerischen Betriebe. Um den Fortbestand müssen wir kämpfen, sonst verlieren wir viele Betriebe.

Zu den Bauern-Demos der vergangenen Monate hat nicht der BBV aufgerufen. Sollte der Verband künftig mehr mit AbL, BDM oder LSV-Bayern zusammenarbeiten?

Ich vermisse in dieser Debatte immer, dass wir auch viele weitere landwirtschaftliche Organisationen haben: VlF, Maschinenring, LKV, Erzeugergemeinschaften, Genossenschaften und viele mehr. Wir alle müssen mehr zusammenarbeiten, weil wir in der Minderheit sind. Dabei setze ich auf einen fairen und nachhaltigen Umgang. Gleichzeitig erwarte ich diesen auch gegenseitig. Wir dürfen uns nicht weiter aufspalten oder Konkurrenz machen. Da freuen sich die Falschen. Wenn wir wieder mit einer Stimme sprechen, haben wir auch auf politischer Ebene wieder mehr zu sagen. Das muss uns klar sein.

Wie wollen Sie den Verband für Junglandwirtinnen und Junglandwirte attraktiver machen?

Ganz einfach, wir müssen den BBV, was durch „Rolle Vorwärts“ angestoßen wurde, so anpassen, dass er für die junge Generation noch attraktiver wird. Ich bin selber durch die Landjugend zum BBV gestoßen und hatte eine gute Schule durch die KLJB, wie Verbandsarbeit abläuft. Dieses Angebot müssen wir an die heutige Zeit anpassen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit bieten – auch über Social Media – sich aktiv in dem BBV einzubringen.

Unter 40-Jährige sind durch Übernahme des elterlichen Betriebes und Gründung einer Familie extrem gefordert. Darauf müssen wir mehr Rücksicht nehmen und Formate anbieten, die es dieser Generation möglich macht, an der Verbandsarbeit teilzunehmen. Engagement muss zeitlich überschaubar sein. Fünf Jahre oder länger regelmäßig an Sitzungen teilzunehmen, ist für diese Generation meist nicht attraktiv genug.

Bei allen neuen Möglichkeiten, die das Internet heutzutage bietet, ist mir das persönliche Gespräch genauso wichtig. Beim Wirt mit Bäuerinnen und Bauern zu ratschen und zu diskutieren, bringt hundertmal mehr, als die x-te Sitzung zu besuchen. Das habe ich die letzten 20 Jahre gelernt.

Die Kommunikation innerhalb unseres Berufsstandes ist ein Thema, welches mir schon viele Jahre wichtig ist. Wie können wir möglichst viele Ehrenamtliche in Entscheidungsprozesse einbinden und trotzdem effektiv Themen bearbeiten und schnell auf aktuelle Entwicklungen reagieren? Dazu habe ich viele Ideen, die ich gerne umsetzen würde.

Was mir noch wichtig ist...

Ich bin mit Leib und Seele Bauer und engagiere mich seit vielen Jahren mit viel Herzblut im Bayerischen Bauernverband. 
Den elterlichen Hof konnte ich übernehmen, weil meine Eltern hart dafür gearbeitet haben und ich dadurch ein gutes Fundament für ein Weiterführen des Betriebes hatte. Nun, 15 Jahre später, sehe ich, wie immer mehr Höfe diesen Schritt leider nicht machen. Darum habe ich mich für die Kandidatur fürs Präsidentenamt entschieden. Denn auch im Bauernverband haben Generationen von Ehrenamtlichen hart für unseren Berufsstand gearbeitet. Ich will durch eine Umsetzung des Verbandsprozesses „Rolle Vorwärts“ dieses Fundament weiterführen. 
So wie mir die Felgenfarbe eines Bulldogs egal ist, ist mir auch egal, ob ein Mitgliedsbetrieb groß oder klein, bio oder konventionell, Kühe, Geflügel, Schweine oder ohne Tierhaltung, in den Alpen, im Gäuboden oder im Spessart ist. In jedem Betriebszweig, in jeder Region Bayerns gibt es Herausforderungen, die es zu meistern gilt. 
Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahrzehnten enorm verändert. Darum müssen wir unseren Bauernverband auch verändern und zukunftsfähig aufstellen.
Für diese Zukunft stehe ich. Für Ehrlichkeit, großem Engagement und Lust auf diese große Herausforderung, „#wirsindbauernverband“.

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