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Jetzt die Biosicherheit überprüfen

Strohlager sollten unbedingt für Wildvögel unzugänglich sein. Eine gute Lösung für offene Scheunen oder Hallen: Vogelschutznetze in selbstgebauten Rahmen aus 60er-Vierkantstahl. Durch die Aufhängung in Helmschienen lassen sie sich zum Öffnen leicht beiseiteschieben.

Die Geschäftsführerin der Niedersächsischen Tierseuchenkasse (TSK), Dr. Ursula Gerdes, geht von einem Seuchenwinter aus. „Es hagelt positive Geflügelpestbefunde, und das schon jetzt. Das hatten wir seit 2016 nicht mehr“, erklärte sie im Gespräch mit der LAND & FORST. Schleswig-Holstein habe bereits ein Aufstallgebot erlassen (siehe auch S. 32 "Geflügelwirtschaft will Aufstallgebot").

Sie appelliert an die Geflügelhalter, Biosicherheit jetzt besonders ernst zu nehmen. Besonders gefährdet seien Enten- und Putenbestände, da das Virus über die Einstreu und bei den Puten zudem über die Luft in den Stall eingetragen werden kann. Dementsprechend seien beim Seuchenzug 2016/2017 nur ein Legehennenbestand und keine Masthähnchen betroffen gewesen. Eine These ist laut Gerdes, dass das Virus vor allem bei Trockenheit und Wind zusammen mit Staub in die Ställe geweht wird, während Nässe und wenig Wind die Verbreitung reduzieren. Das Eintragsrisiko über die Luft in offenen Ställen könne man daher kaum beeinflussen. Umso wichtiger sei es aber, alle weiteren Risikofaktoren so niedrig wie möglich zu halten.

Gerdes berichtet, dass bei dem bisher größten Geflügelpestgeschehen 2016/2017 einige Betriebe die Biosicherheitsmaßnahmen nicht ausreichend eingehalten hätten, obwohl die Seuche bereits seit Monaten im Land war. So seien Geräte über Bestände hinweg genutzt, Tierkadaver zu anderen Betriebsstätten transportiert oder Stroh nicht vor Wildvögeln geschützt gelagert worden. Daraufhin habe die TSK in Absprache mit dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) eine Liste von Verstößen gegen die Geflügelpestverordnung erarbeitet, für die die sich die Leistungen der TSK im Seuchenfall reduzieren. Die Höhe dieser Leistungskürzung richtet sich nach dem Risiko für einen Seucheneintrag durch den Verstoß (Tabelle). Wer tote Tiere von einem Betriebsstandort zu einem anderen Bestand mit lebendem Geflügel verbringt, geht zum Beispiel ein hochgradiges Risiko ein, Infektionserreger einzuschleppen oder zu verschleppen und erhält nur noch 20 % der Leistungen.

Liegen in einem Bestand mehrere Verstöße vor, addieren sich die Abzüge, sodass sie im Höchstfall 100 % erreichen können. In diesem Fall erhält der Tierhalter im Seuchenfall keine Entschädigung und Beihilfen. Im Seuchenzug 2017 gab es in einigen Fällen Leistungskürzungen von bis zu 95 % beziehungsweise 128.000 Euro. Die Kürzungen sind unabhängig davon, ob die Seuche nachweislich durch den Verstoß in den Betrieb gelangt ist oder nicht – das Risiko für einen Seucheneintrag reicht aus. Auf die folgenden Punkte sollten Tierhalter nun besonders achten:

Kadaverlagerung

Gerdes erklärt, dass einige Geflügelhalter im letzten Seuchenzug Tierkadaver an nur einem Betriebsstandort gesammelt haben. Ein häufiger Grund dafür sei gewesen, dass die Betriebe dadurch das vermeintliche Eintragsrisiko durch das Fahrzeug bei der Abholung reduzieren wollten. Allerdings sei bei dieser Praxis das Risiko sehr hoch, dass die Infektion über die Kadaver bereits zwischen den Betriebsstandorten weitergetragen wird.

Stroh richtig lagern

Lagerstätten mit einer offenen Seite bieten aus arbeitswirtschaftlicher Sicht Vorteile. Gerdes betont aber, dass sie aus Gründen der Seuchenhygiene ungeeignet sind, weil Wildvögel Zugang zum Stroh haben. „Es ist nicht möglich, das Eintragsrisiko auf Null zu senken. Aber wir sollten es zumindest so gering wie möglich halten und dazu ist der Schutz des Strohs vor Wildvögeln sehr wichtig“, unterstreicht Gerdes. Eine Schwachstelle, die auch die Geflügelpestverordnung nicht berücksichtige, sei das Einbringen des Strohs in den Stall. Gerdes empfiehlt, den Weg zwischen Strohlager und Stall zu befestigen, damit sich dort keine nassen, matschigen Stellen bilden. Außerdem sollten Tierhalter Fahrzeuge, die draußen fahren, nicht innerhalb des Stalles einsetzen.

Risikofaktor Personen

Ein weiterer Risikofaktor sind laut Gerdes Personen wie Farmleiter, die von Stall zu Stall fahren, oder Betriebsleiter mit mehreren Beständen. Hier komme es darauf an, betriebseigene Schutzkleidung zu verwenden und nie mit der gleichen Schutzkleidung oder den gleichen Stiefeln verschiedene Ställe zu betreten.

Frühe Diagnostik

Eine frühe Diagnostik ist entscheidend für den weiteren Verlauf eines Seuchenzugs. „Landwirte sollten beim ersten Verdacht ohne zu zögern den Tierarzt anrufen, Proben nehmen und diese untersuchen lassen“, betont Gerdes. „Je eher ein Seuchenfall bekannt ist, desto besser gelingt es, vor dem Virus zu sein und ihm nicht hinterherzulaufen.“

Tierzahlen richtig melden

Nach dem Geflügelpestzug 2017 kam es bei einem Drittel (23 von 68) der betroffenen Betriebe zu Leistungskürzungen, weil sie ihre Tierzahlen nicht richtig gemeldet hatten. Bei Geflügel ist eine Nachmeldung nötig, wenn die Tierzahlen um mehr als 1.000 Tiere oder 5 % von den im Januar gemeldeten Zahlen abweichen. Dafür genügt laut Gerdes eine kurze E-Mail an die TSK. „Der Aufwand für die Nachmeldung ist gering und die Ersparnisse durch das Nicht-melden sind erheblich geringer als der Verlust, wenn es im Seuchenfall zu Leistungskürzungen kommt“, bekräftigt sie.

Bricht die Geflügelpest in Beständen aus, zahlt die TSK eine Beihilfe für Reinigung und Desinfektion der Ställe sowie Untersuchungs- und Personalkosten. Bei den Kosten für Tötung und Entschädigung der Tiere übernimmt neben der TSK auch das Land 50 % und für die Beseitigung getöteter Tiere steuern die Kommunen 40 % bei. Auch die EU beteiligt sich an den Kosten. Die Gefahr finanzieller Engpässe bei der TSK durch das zeitgleiche Auftreten von Afrikanischer Schweinepest (ASP) und Geflügelpest sieht Gerdes nicht.

Die ASP sei deutlich weniger infektiös als die Geflügelpest, sodass keine flächendeckende Ausbreitung in Schweinebetrieben zu befürchten sei. Außerdem habe die TSK kürzlich verschiedene Ausbruchsimulationen erstellt. Das Ergebnis zeige, dass die Kasse gut auf einen Seuchenausbruch vorbereitet ist und die Rücklagen ausreichen, um auch größere Ausbrüche finanzieren zu können. Im Anschluss an ein Seuchengeschehen würden die Beiträge entsprechend steigen, vor allem für die betroffenen Geflügelarten. Die Halter der übrigen Geflügelarten würden einen Solidaritätsanteil von 40 % der verursachten Kosten tragen.

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