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Kälber brauchen frische Luft und Hygiene

Maike Pollakowski, Marcus Benecke und Sohn Leon sind mit ihrem Kälberhaltungssystem rundum zufrieden. Eine Mauer und ein Windnetz an der Windseite schützen die Kälber vor Zugluft.

Wenn man Marcus Benecke und Maike Pollakowski nach ihrem Geheimrezept für gesunde Kälber fragt, lautet die Antwort „Luft und Hygiene“. Auf ihrem Betrieb in Plastau, Kreis Gifhorn, haben die Kälber beides seit Familie Benecke 2013 die Kälberhaltung umstrukturiert hat und die Kälber vom umgebauten ehemaligen Kuhstall in den Hof gezogen sind. Dort stehen sie heute überdacht und windgeschützt, aber an der frischen Luft.

Betriebsspiegel

  • 310 Hektar Fläche (140 Hektar Mais, 30 Hektar Zuckkerrüben, Getreide und Grünland)
  • Milchviehhaltung: 70 Kühe plus weibliche Nachzucht
  • Biogasanlage (570 kW) mit einem Partner
  • Lohnarbeit (Maisbearbeitung, Gülletechnik, Mähdrusch, schwaden und pressen)

„In der Kälberhaltung hat sich bei uns einiges getan“, erzählt Betriebsleiter Marcus Benecke. „Im alten Stall war es gerade im Winter oft feucht und die Kälber hatten keine Frischluft. Es gab immer wieder Probleme mit Durchfall und Lungenkrankheiten, es war hygienisch schwierig und wir hatten viel Handarbeit.“ Auch Letzteres war ein Argument dafür, die Kälberhaltung umzubauen, denn Beneckes bewirtschaften den Hof als reinen Familienbetrieb und die Milchviehhaltung ist neben Ackerbau, Biogas und Lohnarbeit nur einer von mehreren Betriebszweigen. Die Arbeit ist aufgeteilt zwischen Marcus Benecke, seinen Eltern Iris und Wilfried und seiner Partnerin Maike Pollakowski, die zusätzlich zwei Tage die Woche außerhalb des Betriebes arbeitet.

Das heutige Kälberhaltungssystem besteht aus zehn Einzeliglus für die kleinsten Kälber unter einem festen Dach mit Stahlstützen und einem Großraumiglu mit fahrbarem, überdachten Auslauf. Hier stehen die Kälber ab einem Alter von zwei bis drei Wochen in Gruppen von bis zu 14 Tieren. Vor Zugluft schützt jeweils eine niedrige Mauer an zwei Seiten, darüber und an den übrigen Seiten kommen Licht und Luft hinein.

In den Einzeliglus bekommen die Kälber Wasser und Heu für die Pansenentwicklung und immer reichlich Stroh als Einstreu.

Hygiene sicherstellen

Für die Hygiene spielt die Reinigung und Desinfektion der Iglus eine wichtige Rolle. Auch diesbezüglich hat das neue System Beneckes überzeugt: Die Einzeliglus lassen sich hochklappen und wegfahren und damit gut reinigen und desinfizieren, bevor ein neues Kalb einzieht. Die Großraumiglus kann Marcus Benecke zum Entmisten mit dem Frontlader hochheben und wegfahren. Die Kälber bleiben im überdachten Auslauf, der sich im Ganzen über die Einstreu hinwegziehen lässt, sodass die Kälber einfach mitlaufen. Eingestreut wird in Einzel- und Großraumiglus täglich, entmistet alle zwei Wochen.

Neues Tränkesystem

Eine weitere Verbesserung in puncto Hygiene sieht die Familie im neuen Tränkesystem: Die frühere Automatenfütterung mit Milchaustauscher sei „hygienisch schwierig“ gewesen, die Reinigung zeitaufwendig und es habe immer wieder Probleme mit Durchfall gegeben und dadurch sowie durch die weiteren Schwächen des Stalls oft ein vermindertes Wachstum. Inzwischen bekommen die Kälber Vollmilch, die Beneckes mit dem Milchtaxi zu den Iglus fahren und per Tränkeeimer füttern. Die Eimer reinigen sie morgens und abends und sind überzeugt, den Kälbern so im Vergleich zur früheren Automatenfütterung weit bessere hygienische Bedingungen bieten zu können. Die Entwicklung der Kälber bestätigt das, wie Marcus Benecke berichtet: „Wir haben heute selten Durchfallprobleme und durch die frische Luft und das neue Tränkesystem wachsen die Kälber ganz anders. Die Zunahmen sind höher und sie sind bei der Besamung schon deutlich stabiler.“

Rund um die Geburt

Marcus Benecke ist Eigenbestandsbesamer. Das angestrebte Erstbesamungsalter liegt bei 15 Monaten. Tiere zur Besamung stehen in einem eigenen Abteil im Jungviehstall mit Kameraüberwachung zur Brunsterkennung. In einem weiteren Abteil läuft ein Bulle mit, um einzelne Tiere zu decken, die bei der Besamung nicht aufgenommen haben. Zwei Wochen vor dem Abkalben kommen die Kühe zu den melkenden Tieren und werden im Roboter angefüttert. Kurz vor dem Abkalben gehen sie dann in eine eingestreute Abkalbebucht mit Kameraüberwachung. Wenn das Kalb geboren ist, versuchen Beneckes, es möglichst schnell von der Kuh zu trennen, um ihr Stress zu ersparen. „Je länger Kuh und Kalb zusammen sind, desto schwieriger wird es, die Kuh zum Roboter zu bringen“, schildert Marcus Benecke. Die Kuh wird direkt gemolken und das Kalb abgetrocknet und in ein Einzeliglu gebracht, wo es die Biestmilch der Mutter mit der Flasche erhält.

Die Einzeliglus stehen unter einem festen Dach. Zum Reinigen und Desinfizieren lassen sie sich hochklappen und wegfahren.

Das Dach über den Kälberboxen hat Benecke an einer Seite noch verlängert, damit alle Iglus komplett vor Nässe und im Sommer vor der Sonne abgeschirmt sind. An der Windseite schützt zudem ein Windnetz und bei niedrigen Temperaturen kommt eine Wärmelampe ins Iglu. Die ersten beiden Wochen sind für den Landwirt die kritischste Phase in der Kälberaufzucht. „Gerade die Biestmilchversorgung ist wichtig. Sobald die Kälber erst einmal eine Immunität aufgebaut haben, kann eigentlich nichts mehr passieren. Wenn sie mit zwei bis drei Wochen in die Großraumiglus kommen, ist die kritische Phase vorbei.“

Milchversorgung im Blick

Die Tränkephase beginnt mit zwei Litern am Tag und steigert sich auf bis zu sechs Liter. Da jedes Kalb seinen eigenen Eimer hat, lässt sich gut kontrollieren, welches Kalb wie viel trinkt, erzählt Maike Pollakowski. Gerade in der Gruppenhaltung bleibe sie in der Regel während des Tränkens bei den Kälbern stehen, um zu prüfen, dass alle ausreichend Milch bekommen. „Wegen der großen Altersunterschiede in der Gruppe kann es manchmal sein, dass sich kleinere Kälber nicht gegen die stärkeren durchsetzen können. Die älteren kriegen Eimer mit neuen Nuckeln, damit sie mehr zu tun haben, die kleineren kriegen einen, der schon ausgenuckelt ist, damit sie schneller trinken können. Und wenn es gar nicht geht, können wir die Kälber im Fanggitter fixieren.“

Neben der Milch bekommen die Kälber in den Einzeliglus Wasser und Heu für die Pansenentwicklung. Die Bullenkälber werden nach zwei bis drei Wochen verkauft – je nachdem, wie stabil sie sind. „Wir behalten die lieber eine Woche länger, wenn sie zu schmächtig sind. Sie sollen wirklich fit und gesund sein, wenn sie transportiert werden“, betont Pollakowski. Die weiblichen Kälber ziehen Beneckes alle auf. Ab der Umstallung in die Gruppenhaltung mit zwei bis drei Wochen erhalten sie neben Milch und Heu eine Kälber-TMR. Mit zunehmendem Alter vermischen Beneckes diese mit der TMR der Milchkühe und stellen sie am Ende vollständig darauf um.

Mit zirka drei Wochen gehen die Kälber in die Gruppenhaltung. Der überdachte Auslauf lässt sich im Ganzen bewegen.

Das Absetzen beginnt nach einer Tränkephase von zweieinhalb Monaten und erfolgt schrittweise über rund eineinhalb Wochen. Mit zirka drei Monaten werden die abgetränkten Kälber in ein zweites Großraumiglu mit Auslauf umgestallt, wo sie weitere drei Monate bleiben, bevor sie in den Jungviehstall kommen. Möglicherweise werden Beneckes das zweite Großraumiglu künftig für die männlichen Kälber nutzen, wenn diese länger auf dem Betrieb bleiben. Die abgetränkten weiblichen Kälber sollen dann früher in den Jungviehstall, wo Beneckes überlegen, einen überdachten Auslauf anzubauen.

Weitere Zukunftspläne betreffen die Sanierung der Hochboxen im Jungviehstall, damit die Umstellung der Jungtiere von Stroh auf Spalten und Liegeboxen noch besser gelingt. Im Kuhstall hat sich in den vergangenen Jahren bereits Einiges getan mit der Umstellung auf den Melkroboter, einer Spaltenanrauung und der Anschaffung von Ventilatoren sowie einem Spaltenschieber. Eine Überlegung wäre laut Benecke und Pollakowski noch, zusätzliche Außenfressplätze einzurichten. In der Kälberhaltung planen sie vorerst keine weiteren Veränderungen. „Die Kälber laufen super“, sind sich die beiden einig.

Milchviehhaltung bei Familie Benecke

Familie Benecke hält 70 Milchkühe mit weiblicher Nachzucht. Der heutige Milchviehstall mit Laufhof entstand 1994 aus dem früheren Sauenstall, der geöffnet und an einem Ende erweitert wurde. 2000 kam ein neuer Jungviehstall dazu mit Betonspaltenboden und Liegebuchten, unterteilt in drei Abteile, sowie einem eingestreuten Bereich für Trockensteher und tragende Rinder, die im Sommer auf der Weide stehen.

Seit zwei Jahren hat die Familie einen Melkroboter. Daran schätzt sie vor allem die flexibleren Arbeitszeiten und die Zeitersparnis durch die entfallenden Melkzeiten. Die eingesparte Zeit lässt sich zum Beispiel in die zweimal tägliche Boxenpflege investieren. Die Milchleistung liegt derzeit bei 10.100 kg mit 4,4 Prozent Fett und 3,6 Prozent Eiweiß.

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