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So schützen Sie Kälber vor Hitzestress

Ein Dach über den Iglus schützt die Kälber vor Regen und direkter Sonneneinstrahlung.

Kälber in Iglus oder Hütten im Außenbereich zu halten, hat sich aus verschiedenen Gründen bewährt. Unter anderem sorgen frische Luft und Klimareize dafür, dass die Kälber vital sind und weniger unter Atemwegserkrankungen leiden. Im Sommer bei hoher Außentemperatur und gleichzeitig hoher relativer Luftfeuchtigkeit können die Kälber allerdings unter Hitzestress leiden.

Thermoneutrale Zone

Die sogenannte thermoneutrale Zone (der Temperaturbereich, in dem das Tier keine zusätzliche Energie aufbringen muss, um seine Körpertemperatur konstant zu halten) liegt bei jungen Tränkekälber bei 15 bis 25 °C bei einer Luftfeuchte von 50 bis 60 Prozent. Für ältere Kälber liegt sie zwischen fünf und 15 °C. Temperaturen unter oder über diesem Bereich können zu Kälte- oder Hitzestress führen – im Extremfall mit tödlichen Folgen.

Allerdings sind diese Tiefst- und Höchstwerte nicht als fix anzusehen. Neben dem Alter der Tiere hängen sie von Ernährungszustand, Stoffwechselleistung, Zustand des Haarkleids, Windgeschwindigkeit, Art der Einstreu und vor allem von der relativen Luftfeuchte ab. Junge Tränkekälber können auch schon bei einer Außentemperatur unter 25 °C und einer relativen Luftfeuchte von 80 Prozent unter leichtem Hitzestress leiden. Verschärft wird die Situation, wenn Iglus oder ungedämmte Hütten direkt in der prallen Sonne stehen und durch die Strahlungsenergie zusätzlich aufgeheizt werden.

Wie Ergebnisse der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern aus Dummerstorf zeigen, können die Temperaturen in Iglus, wenn diese im Freien stehen, bei hohen Außentemperaturen und intensiver Global- beziehungsweise Sonneneinstrahlung Spitzenwerte von 40 °C erreichen. Bei Iglus unter Dach betrug die Innentemperatur bei gleichen Außentemperaturen 30 °C.

Dass extrem hohe Temperaturen zu lebensbedrohlichen Zuständen führen können, zeigen verschiedene US-amerikanische Studien. Bei Kälbern in unbeschatteten Hütten stieg die Hauttemperatur bei einer Außentemperatur von 31 °C am Nachmittag auf 38 °C. In einer anderen Studie erreichte sie bei Kälbern in Iglus während einer Hitzephase mit hoher Luftfeuchtigkeit bis zu 41 °C und lag damit deutlich über der normalen Körpertemperatur von 38,5 bis 39,5 °C. Diese Beispiele bestätigen, dass Kälber bei hohen Temperaturen gepaart mit hoher Luftfeuchtigkeit nicht mehr in der Lage sind, die überschüssige Körperwärme an die Umgebung abzugeben.

So äußert sich Hitzestress

Um ihre Körpertemperatur bei Hitze zu regulieren und sich Erleichterung zu verschaffen, erhöhen Kälber zunächst ihre Atemfrequenz bis hin zum Hecheln. Sie fangen an zu schwitzen und stellen die körperliche Aktivität ein. Sofern die Iglus gut mit Stroh eingestreut sind, stehen die Kälber bei Hitze vermehrt. Wenn möglich, suchen sie vermehrt schattige und gut belüftete Plätze auf. Um nicht noch mehr körpereigene Wärme zu produzieren, sinkt die Futteraufnahme, während die Wasseraufnahme deutlich steigt. Die verringerte Nährstoffaufnahme und der Hitzestress schwächen nicht nur das Immunsystem, sondern führen auch zu geringerem Wachstum.

Hitzestress verringern

Folgende Maßnahmen tragen dazu bei, Hitzestress zu vermeiden oder zu verringern:

  • Um Iglus und ungedämmte Kälberhütten vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen, bietet es sich an, sie im Schatten von Bäumen, an oder besser unter ausreichenden Dachüberständen, unter Schattendächern oder in Leichtbauhallen zu platzieren. Ein Dach steigert den Arbeitskomfort bei schlechtem Wetter oder im Winter und gewährleistet, dass die Einstreu im Vorgitter trocken und hygienischer bleibt. Einige Firmen bieten mittlerweile einfache Planen, Zeltdächer oder Alufolien zur temporären Beschattung an.
  • Um in Iglus und Hütten Hitzestau zu vermeiden und einen permanenten Luftaustausch zu erzielen, sollten Sie alle Zuluftöffnungen öffnen und gegebenenfalls bei Iglus das hintere Ende mit Backsteinen oder Gehwegplatten „aufbocken“. Auch die Ausrichtung der Igluöffnungen nach Nord/Nordost hat sich in der Praxis bewährt, weil die Sonne nicht direkt ins Iglu scheint.
  • Curtains oder Schutznetze in Kälberställen sollten geöffnet und die Luftzirkulation durch Ventilatoren oder Schlauchbelüftungsanlagen unterstützt werden. Allerdings sollte die Luftgeschwindigkeit 2,5 m/Sekunde nicht überschreiten.
  • Einstreuen mit Sand ist eine weitere Möglichkeit zur Wärmeregulierung. Er leitet Körperwärme gut ab und zieht weniger Fliegen an.
  • Fliegen sollten Sie grundsätzlich als weiteren Stressfaktor und Krankheitsüberträger bekämpfen.
  • Vermeiden Sie bei Hitze andere stressauslösenden Faktoren wie Impfen, Enthornen oder Umstallen.
  • Wichtig ist auch, die Platzansprüche der Tiere einzuhalten, gerade bei Gruppenhaltung. Eine Stallüberbelegung beeinflusst das Stallklima zusätzlich negativ, vor allem in älteren, geschlossen Ställen.
  • Eine ausreichende Versorgung mit Milch ist umso wichtiger, da die oben beschriebenen aktiven Maßnahmen der Kälber zur Wärmeregulation energieaufwendig sind und die Nährstoff- und Energieaufnahmen über Festfutter sinken. Bei Milchaustauschertränken empfiehlt es sich, die empfohlenen Konzentrationen einzuhalten beziehungsweise zu erhöhen. Die häufige Empfehlung, mehr hochverdauliches Kraftfutter anzubieten, um die Energielücke zu schließen, ist vor dem Hintergrund möglicher Pansenübersäuerungen kritisch zu hinterfragen.

Wasser von Anfang an

Eine wichtige, einfache und preiswerte Maßnahme, um Hitzestress zu reduzieren, ist das Angebot von frischem Wasser – schon bei kleinen Kälbern in den ersten Lebenstagen. Die Tierschutznutztierhaltungsverordnung schreibt zudem vor, dass Kälber ab dem 14. Lebenstag jederzeit Zugang zu Wasser in ausreichender Menge und Qualität haben müssen. Durch das intensive Atmen und Schwitzen verlieren die Tiere viel Wasser und können schnell dehydrieren. Um den Wasserhaushalt auszugleichen, reicht die Flüssigkeitsmenge über die Milchtränke in der Regel nicht aus – vor allem, wenn nur zweimal täglich beziehungsweise rationiert getränkt wird.

Ausreichend sauberes Trinkwasser ab den ersten Lebenstagen reduziert Hitzestress und fördert Gesundheit und Wachstum.

In einer Studie der Iowa State University nahmen junge Kälber der Versuchsgruppe in den ersten 16 Lebenstagen durchschnittlich 0,75 Liter Wasser je Tag auf. Als Milchtränke erhielten sie bis zum 14. Lebenstag sechs und danach 9,6 Liter pasteurisierte Vollmilch je Tag, verteilt auf drei Mahlzeiten. Festfutter wurde zur freien Aufnahme angeboten. Interessanterweise tranken die Tiere der Versuchsgruppe neben dem Wasser auch signifikant mehr Milch als die Tiere der Kontrollgruppe, die erst ab dem 17. Lebenstag Wasser erhielten.

Kälber, die jederzeit Wasser aufnehmen können, haben erfahrungsgemäß seltener Durchfallprobleme. Wenn es dennoch zu Durchfällen kommt, hilft die Wasseraufnahme, massive Stoffwechselentgleisungen durch Flüssigkeits- und Pufferverluste zu vermeiden und so das Durchfallgeschehen besser zu überstehen. Um den Mineralienverlust durch das Schwitzen zu kompensieren, bietet es sich bei Hitze ebenso wie bei Durchfall an, eine Elektrolyttränke zu vertränken.

Bei der Wassertränke ist Folgendes zu beachten:

  • Bieten Sie Wasser nicht im Nuckeleimer, sondern in einer Tränkschale oder einem Eimer an, damit die Kälber es in den Pansen abschlucken und es nicht den Labmagen gelangt.
  • Wasser muss frisch und hygienisch einwandfrei sein. Prüfen Sie das Wasserangebot in den Sommermonaten mehrmals täglich, füllen Sie bei Bedarf auf und erneuern Sie es zweimal täglich.
  • Bei Großraumiglus und in Kälberställen mit Gruppenhaltung haben sich frostfreie Tränkeeinrichtungen beziehungsweise -becken bewährt, um den Arbeitsaufwand zu reduzieren.

Fazit

  • Junge Kälber leiden bei hohen Außentemperaturen in Kombination mit hoher Luftfeuchtigkeit schnell unter Hitzestress.
  • Starke Sonneneinstrahlung verschlimmert die Situation. Daher sollten Iglus und ungedämmte Hütten beschattet werden.
  • Ausreichend frisches Tränkewasser kann den Hitzestress mildern und Gesundheit und Wachstum positiv beeinflussen.

Sie möchten Ihre Kälberhaltung optimieren?

Die Kälberinitiative Niedersachsen (KiNi) ist eine Beratungsinitiative im Auftrag des Landes Niedersachsen. Sie wurde durch verschiedene Organisationen der Rinderbranche entwickelt, um Betriebe im Bereich Kälberhaltung zu unterstützen. Ziel ist es, die Kälberhaltung nachhaltig zu optimieren durch Beratung und Betreuung der Betriebe. Koordiniert und fachlich begleitet wird die KiNi durch die LWK Niedersachsen. Teilnehmen kann jeder, der Kälber aufzieht.

In regionalen Arbeitskreisen, Seminaren, Workshops, Vorträgen und Exkursionen zu Best-Practice-Betrieben mit guten Aufzuchtergebnissen und innovativen Ideen werden Kenntnisse zur optimierten Kälberaufzucht vermittelt. Darüber hinaus werden Betriebe gesucht (Achtung: Anzahl begrenzt!), die an einer intensiven Bestandsbetreuung durch Tierärzte und Produktionsberater interessiert sind.

Durch die Förderung des Niedersächsischen Agrarministeriums ist die Teilnahme für die Betriebe in der Projektlaufzeit kostenlos.

LWK Niedersachsen

Wenn Sie Interesse haben und über kommende Veranstaltungen informiert werden wollen, füllen Sie unverbindlich unseren Teilnahmebogen aus unter www.lwk-niedersachsen.de, Webcode: 01040765.

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