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Die Lüftung zu 100 Prozent kontrollieren

Der neue Fresserstall von Walter Kühling und Dorthe Harting bietet viel Luftraum, ein gutes Stallklima und ein hohes Maß an Automatisierung mit Tränkeautomaten und Futterroboter.

Wenn man den Fresserstall von Dorthe Harting und Walter Kühling in Lüsche, Kreis Vechta, betritt, ist das ungewöhnliche Lüftungssystem das erste, was auffällt. Denn im ersten Moment sieht man gar keine Tiere, sondern steht in einer Vorhalle, von der ein langer Gang abzweigt. Erst wenn man diesen entlanggeht, kommt man nach und nach an den Eingängen in die einzelnen Abteile mit den Fressern vorbei, die in den Buchten umherspringen und den Besucherinnen und Besuchern neugierig ihre weiß-braunen Köpfe entgegenstrecken.

Nach und nach gewachsen

Harting und Kühling empfingen Ende vergangenen Jahres die Teilnehmer der Betriebsexkursion zur Fressertagung von Bewital agri in ihrem neuen Fresserstall. Der Betrieb ist Stück für Stück gewachsen – ausgehend von 350 Tieren am alten Hofstandort in Ortslage, mit denen Walter Kühling in die Fressermast eingestiegen ist. Später kamen 180 Fresserplätze auf einem benachbarten Pachtbetrieb dazu und 2010 ein Neubau in Außenlage mit weiteren 420 Plätzen. Dieser wurde 2020 mit dem neuen Stall mit 840 Plätzen erweitert.

Ausschlaggebend für den letzten Wachstumsschritt war vor allem die Entscheidung von Hofnachfolgerin Dorthe Harting, den Betrieb zu übernehmen, berichten Vater und Tochter. Harting hatte zuerst eine Ausbildung zur Pferdewirtin abgeschlossen. Mit der Zeit sei ihr aber klar geworden, dass ihr die Landwirtschaft doch mehr liegt und sie entschied sich, eine Landwirtsausbildung mit Meisterabschluss anzuhängen und in den Mastbetrieb einzusteigen.

Den neuen Stall beschreibt sie als „Symbiose aus Nord und Süd“. In den Bauplan sind viele Erfahrungen eingeflossen, die Vater und Tochter mit den bisherigen Ställen gemacht hatten. Zusätzlich ließen sie sich von dem Fresserstall eines bayerischen Kollegen inspirieren. Das Konzept mit kleinen Einheiten und Zwangslüftung überzeugte die beiden, sodass sie ihren bereits eingereichten Bauantrag zurückzogen und den gesamten Bauplan noch einmal überarbeiteten.

Das Ergebnis ist ein Stall mit sieben baugleichen Abteilen für je 120 Tiere. Bei sieben Metern Deckenhöhe ergibt sich ein Luftraum von 18 m³ pro Tier. Die vier Meter breiten Gänge bieten zusätzlichen Luftraum und reichlich Platz für Futterroboter oder Hoflader. „Ziel beim neuen Stall war es, die Lüftung zu 100 Prozent zu kontrollieren“, schildert Walter Kühling. Den Erfahrungen im ersten Winter zufolge, sei das gelungen: „Wir hatten niedrige Temperaturen und kurz darauf wieder zweistellige Plusgrad, aber im Stall hat man von diesen Unterschieden fast nichts gemerkt.“

Nur trockene Luft im Stall

Auf beiden Längsseiten des Stalles gibt es vor den Abteilen einen Gang (auf einer Seite breiter, auf der anderen Seite ein schmaler Laufgang), in den über Fenster Luft von draußen gelangt. Im Gang wird sie angewärmt und getrocknet, bevor ein Lüfter sie kontrolliert in die Abteile bringt. „So haben wir überall die gleiche gute Luftqualität“, betont Kühling. „Die Luft zu wärmen, ist nicht unbedingt nötig, aber es ist wichtig, dass die Kälber trockene Luft bekommen.“ Für hohe Temperaturen im Sommer gibt es in der Mitte der Abteile eine Sprühkühlung.

Die Fresser, überwiegend Fleckviehkälber, kommen mit einem Gewicht von durchschnittlich 80 kg auf den Betrieb. Harting und Kühling beziehen sie überwiegend aus Bayern, wo sie durch die langjährige Zusammenarbeit mittlerweile verlässliche Beziehungen geknüpft haben.

Der Stall besteht aus sieben gleichen Abteilen für je 120 Tiere. Jede Abteilhälfte lässt sich in bis zu fünf Buchten unterteilen.

Gute Organisation

Bei der Ankunft der Fresser legen die beiden Betriebsleiter besonders viel Wert auf eine gute Organisation. Die Halsbänder mit Transponder hängen sie vorab in Zehnerbündeln an einen fahrbaren Ständer, sodass sie sie den Fressern unkompliziert anlegen können. Eine Person hat dabei den Laptop dabei und erfasst gleich alle Informationen zu den einzelnen Tieren mit der entsprechenden Transpondernummer. So gibt es vom ersten Tag an eine komplette Dokumentation und Auffälligkeiten lassen sich im Auge behalten.

Die Fresser werden in Gruppen von 60 Tieren eingestallt (je eine Abteilhälfte) und nach rund 70 Tagen nach Größe in Gruppen eingeteilt. Dazu lassen sich die Abteilhälften durch verschließbare Trennwände in bis zu fünf Buchten unterteilen.

Der Tierarzt kommt regelmäßig auf den Betrieb und übernimmt selbstständig die Einstallprophylaxe und die gesamte tierärztliche Betreuung.

Automatische Fütterung

Bei der Gesundheitsüberwachung ist das automatische Tränkesystem eine große Hilfe, sind sich Harting und Kühling einig. Über Transponder werde genau erfasst, welches Kalb wie viel Milchaustauscher (MAT) am Automaten aufnimmt und ein Ampelsystem zeige zuverlässig, wenn es Probleme gibt. „Durch die Automaten hat man immer eine doppelte Kontrolle: Wenn man sieht, dass es einem Tier nicht gut geht, prüft man das am Automaten und wenn einem am Tier noch nichts aufgefallen ist, meldet der Automat, dass die Milchmenge nicht passt und man kann das Tier suchen und kontrollieren“, erklärt Harting.

Im Vorraum wird die Luft, die durch die Fenster hereinkommt getrocknet, bevor sie über einen Lüfter in die Abteile gelangt.

Begonnen haben die beiden Betriebsleiter mit zwei Automaten im alten Stall, bevor sie nach und nach aufstockten auf heute acht Automaten mit je vier Tränkestationen. Pro Abteil sind zwei Automaten im Einsatz, also einer je Abteilhälfte. Die Fresser erhalten täglich sechs Liter MAT über 21 Tage. Dann wird die Menge bis zum 41. Tag schrittweise auf zwei Liter reduziert. Da die Automaten auf einem Gestell stehen, lassen sie sich herausnehmen und ins nächste Abteil umstellen, sodass die Fresser nach dem Absetzen mit 42 Tagen im gleichen Stallabteil bleiben können.

Neben MAT erhalten sie eine Trocken-TMR und ab der dritten Woche eine Ration mit Maissilage. Die verschiedenen Rationen werden aus den Einzelkomponenten selbst gemischt. Das Futterlager grenzt an die Stallgebäude an, sodass der Futterroboter das Gebäude zum Befüllen nicht verlassen muss und direkt in die drei Abteile des alten Stalles und in den angrenzenden neuen Stall fahren kann. Seinen Weg findet er mithilfe von Magneten im Boden. Die Buchten lassen sich beliebig einteilen und einzeln ansteuern.

Kooperation mit Mäster

Die Tageszunahmen liegen bei durchschnittlich 1.200 Gramm. Beim Verkauf der Fresser mit rund 200 kg arbeiten Harting und Kühling seit einigen Jahren eng mit einem Mäster aus dem Dorf zusammen, der an drei Standorten in Ostdeutschland Bullen mästet und den Großteil der Fresser abnimmt. Die restlichen Tiere gehen an freie Mäster und teils an den Handel.

Mit dem neuen Stall sind Harting und Kühling bisher rundum zufrieden. Die Automatisierung der Fütterung erleichtere die Arbeit, biete mehr Flexibilität und reduziere Personalkosten und das Risiko von Personalausfällen. Die Automatenfütterung erleichtere die Tierkontrolle und die Fresser seien allgemein gesünder. Das zeige auch der deutlich gesunkene Medikamentenverbrauch.

Betriebsspiegel

  • 30 Hektar Grünland, 40 Hektar Ackerflächen
  • Insgesamt 1.790 Fresser: 350 Plätze an der alten Hofstelle in Ortslage, 180 Plätze auf Pachtbetrieb und neue Ställe im Außenbereich mit 420 und 840 Plätzen
  • Arbeitskräfte: Dorthe Harting, Walter und Christiane Kühlung und zwei Angestellte
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