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Interview

Nie mehr Heideterrier

Pirsch: Wie kamen Sie auf den Heideterrier (HT)?

Alexander Fichtner: Mein erster Jagdhund war ein Foxterrier. Leider entsprach er nicht meinen Anforderungen. Durch meinen damaligen jagdlichen Schwerpunkt als durchgehender Hundeführer wollte ich einen kurzjagenden Hund. Daher kam eine Bracke oder ein Wachtel als Stöberhund nicht infrage. Durch mein Umfeld stieß ich schließlich auf den HT und bekam 2001 meine erste Hündin.

Pirsch: Was hat Sie an den Hunden so begeistert?

Alexander Fichtner: Das Erscheinungsbild, die Wildschärfe (vor allem am Schwarzwild) und die führerbezogene Art zu jagen. Da ich einen Hund nur für Drückjagden suchte, kam es mir sehr gelegen, dass er zu groß für den Bau ist.

Pirsch: Wie viele HT hatten Sie insgesamt?

Alexander Fichtner: Insgesamt hatte ich sieben HT – davon drei selbst gezüchtet. Meinen ersten Wurf zog ich 2003. Es folgten drei weitere Würfe. Im Jahr 2019 entschloss ich mich nach reiflicher Überlegung dazu, die Rasse endgültig zu wechseln.

Von 2001 bis 2019 führte der Förster insgesamt sieben Heideterrier.

Pirsch: Warum haben Sie sich vom HT abgewendet? Was hat Ihnen nicht gefallen?

Alexander Fichtner: Dafür gibt es mehrere Gründe: Grundsätzlich haben sich meine Revierverhältnisse (große Dickungskomplexe statt kleinparzellierte Einstände) verändert und damit auch die Anforderungen an die Hunde. Meine HT haben nicht selbständig und weiträumig gestöbert und auch nicht weit genug gejagt. Die Hunde waren in der Regel nur sichtlaut, was gerade bei der Bejagung von Rehwild im Rahmen von Bewegungsjagden kritisch zu sehen ist. Hinzu kam, dass es im Heideterrier-Lager kaum noch Züchter gab, die wissen, was sie da züchten. Nur wenige von ihnen haben heute aus meiner Sicht noch das Wissen über Herkunft und Abstammung, welches nötig wäre, um leistungsstarke und gesunde Hunde zu züchten. Bedauerlich ist, dass es viele Trittbrettfahrer gibt, die alle Kreuzungsprodukte, die phänotypisch einem HT ähneln, als diesen anbieten.

„Es ist belegt, dass zu Beginn der Heideterrier-Zucht auch Bullterrier eingekreuzt wurden.“

Pirsch: Wie konnte es so weit kommen?

Alexander Fichtner: Die Zucht wurde von Jahr zu Jahr weniger transparent, und keiner fühlte sich zuständig, das Zuchtgeschehen zu kontrollieren bzw. zu reglementieren. Prüfungen oder Gesundheitsuntersuchungen als Selektionsinstrumente wurden nicht genutzt. Stattdessen wurde zum Teil sehr eng verpaart oder Hunde zur Zucht eingesetzt, über die gar nichts bekannt war. Der Ursprungsgedanke hinter dem HT, der zur Entstehung der Rasse geführt hat, wurde von der breiten Masse der Züchter nur noch halbherzig verfolgt.

Pirsch: Gerüchten zufolge wurden beim HT in der Vergangenheit zum Teil Listenhunde eingekreuzt. Ist das wahr?

Alexander Fichtner: Es ist belegt, dass zu Beginn der HT-Zucht auch Bullterrier eingekreuzt wurden. Dass man immer wieder versucht hat, mit Bullbreed-Blut die Zucht aufzupeppen, ist sicherlich unbestritten. Was heute läuft, kann ich nicht sagen.

Pirsch: Warum hat man für den Kreuzungsversuch (DJT x Airedaleterrier) der Urform des HT nicht einfach den Nicht-Jagdhund Airedale verwendet? Warum hat man keine zweite Jagdhunderasse genommen, um sich den Weg einer eventuellen Anerkennung zu erleichtern (siehe Westfalen-Terrier)?

Alexander Fichtner: Das ist der Historie geschuldet. Der Gründungsvater des HT war Karl-Heinz Markhoff. Er war beim Bundesgrenzschutz und hatte einen Airedale als Diensthund. Mit diesem Hund hat er offensichtlich sehr gute Erfahrungen gemacht, und bei der Suche nach einem scharfen Gebrauchshund, der zu groß ist, einen Bau anzunehmen, war die Idee geboren und der Airedale war „gesetzt“. Ich wüsste nicht, dass es bislang je Bestrebungen gab, den Heideterrier als Rasse offiziell anerkennen zu lassen. Eine Verpaarung zwischen Irish-Terrier und DJT wäre für eine etwaige spätere Anerkennung wahrscheinlich viel weniger problematisch, aber mit ähnlichem Ergebnis. Das haben Einkreuzungen beim HT gezeigt, die aber leider nie abschließend verfolgt wurden. Der Irish-Terrier ist derzeit dabei, in seinem Rassestandard jagdliche Leistungsprüfungen aufzunehmen. Ich verfolge diese Entwicklungen als Außenstehender nach wie vor interessiert. Terrier faszinieren mich nachhaltig.

Pirsch: Mit welchen Hunden jagen Sie jetzt und warum gerade diese?

Alexander Fichtner: Ich habe mittlerweile vier Deutsch Drahthaar – den ersten seit 2011 – und einen Deutschen Jagdterrier. Zum einen gefallen sie mir hinsichtlich Form und Wesen. Zum anderen entsprechen sie dem, was ich mittlerweile für die Jagd brauche. Sie stöbern weiter als die HT, aber dennoch führerbezogen, und der Laut ist wesentlich sicherer. Alle Hunde jagen fährtenlaut. Außerdem jage ich mittlerweile gerne auf Niederwild oder am Bau. Mit diesen Hunden sind meine jagdlichen Möglichkeiten daher deutlich vielfältiger. In unserer dichtbesiedelten Landschaft mit ihrem dichten Verkehrswegenetz bilde ich mir ein, auch besser mit einem Vorstehhund als mit einem Stöberhund unterwegs zu sein.

Mittlerweile führt und züchtet Alexander Fichtner vorwiegend Deutsch Drahthaar, die er zur Jagd im Wald, Feld und Wasser einsetzt.

Pirsch: Warum haben Sie sich nicht schon 2001 einen DD gekauft?

Alexander Fichtner: Als junger Forstmann habe ich mich an meinen damaligen Vorbildern orientiert. Mit zunehmender jagdlicher Erfahrung habe ich mir dann aber eine eigene Meinung gebildet. Auf den damaligen Drückjagden habe ich Vorstehhunde selten gesehen. Heute werden diese Rassevertreter als Vollgebrauchshunde ganz selbstverständlich zur Stöberjagd im Wald eingesetzt.

Pirsch: Sie hatten Hunde mit und ohne Papiere – wer ist nach Ihrer Erfahrung gesünder bzw. robuster?

Alexander Fichtner: Ich kann hier keinen Unterschied feststellen, alle meine Hunde blieben bis ins hohe Alter gesund. Das mag aber auch Glück sein. Hunde ohne Papiere werden ja nicht auf irgendwelche Erbkrankheiten untersucht, und ich bin schon beeindruckt, mit welcher Professionalität man in den Rassezuchtverbänden alles Mögliche unternimmt, Erbkrankheiten zu erkennen und zu bekämpfen. Wenn man diese Dinge nicht untersucht, heißt das ja nicht, dass es sie nicht gibt. Insgesamt sehe ich das Risiko, einen kranken Hund zu bekommen, in der Rassehundezucht sicherlich geringer als bei Mischlingen.

Pirsch: Könnten Sie sich vorstellen, noch mal einen HT auf der Jagd zu führen?

Alexander Fichtner: Ich kann mir das aktuell nicht mehr vorstellen.

Alexander Fichtner hatte sich lange dem Heideterrier verschrieben und zog sogar vier eigene Würfe.

Pirsch: War es also rückblickend ein Fehler, HT zu führen und zu züchten?

Alexander Fichtner: Nein, ich bereue das nicht. Alles hat seine Zeit, und ich erinnere mich gern an manche Erlebnisse zurück. Wie das Leben, so sind auch die Hunderassen, die man führt, einem dynamischen Prozess unterworfen und man sammelt jeden Tag an Erfahrung.

Pirsch: Können Sie die Entscheidung des Jagdgebrauchshundverbands (JGHV) nachvollziehen, sich von Verbandsrichtern zu trennen, die HT züchten bzw. im Jagdbetrieb führen?

Alexander Fichtner: Grundsätzlich kann ich das verstehen. Nach meinem Kenntnisstand hat der JGHV sich deshalb von weniger als zehn Verbandsrichtern getrennt. Ob man deswegen so eine riesen Welle machen muss, weiß ich nicht.

Pirsch: In manchen Bundesländern sind HT nicht zur Brauchbarkeitsprüfung zugelassen. Ist das sinnvoll?

Alexander Fichtner: Die Gesellschaft und die Bedeutung des Tierschutzgedankens haben sich in den letzten Jahrzehnten gravierend verändert. Vor diesem Hintergrund kann ich nachvollziehen, dass man Hunde, die nicht fährtenlaut jagen, auf Drückjagden genauso wenig einsetzen kann wie überscharfe Kreuzungsprodukte mit Listenhund-Vergangenheit. Es ist damit folgerichtig, dass man diese HT nicht zur Prüfung zulässt. Ich muss aber ehrlicherweise feststellen, dass es auch im Lager der anerkannten Jagdgebrauchshunderassen eine Fülle von ungeeigneten Hunden gibt. Hier liegt manches in puncto Wildschärfe, Laut, Sozialverträglichkeit und Orientierungssinn im Argen. Mir persönlich ist es inzwischen sehr wichtig, auch beim Jagdhund keine zeitraubenden Experimente zu machen und die Brauchbarkeit der eingesetzten Hunde bei allen Jagdformen dokumentiert zu wissen. Ich bin sicher, dass wir nur so eine Chance haben, auch in Zukunft mit unseren Hunden jagen zu können. Alles andere wird die Gesellschaft in zunehmender Form nicht tolerieren.

Zur Person

Alexander Fichtner

Revierleiter bei ForstBW (AöR), Jagdschein seit 1994. Führt Jagdhunde seit 1995. Züchtet Deutsch Drahthaar (Zwinger „von der Seemühle“).

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