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Am Futtertisch: Kühe aufs Podest

Wer oben steht, wird durch den Schieber nicht gestört, hat sauberere Klauen und frisst länger.

Auf den Punkt

  • Für eine optimale Futteraufnahme muss auch die Hygiene auf dem Futtertisch stimmen.
  • Damit kein Schieber stört oder Tiere im Kot stehen, haben sich Podeste am Futtertisch bewährt.
  • Es ist zu empfehlen, den Futtertisch mindestens 20 cm höher zu bauen als den Standplatz.

Damit frischlaktierende Kühe mit ausreichend Energie versorgt werden, muss die Futteraufnahme optimal sein. Dafür braucht es ein gutes Fütterungsmanagement, eine gute Futterhygiene und eine ungestörte Futteraufnahme. Ist die Futtertischoberfläche uneben, können sich dort Futterreste festsetzen und Keime vermehren. Das wird die maximale Futteraufnahme der Kühe mutmaßlich senken. Die praxisübliche ständige Futtervorlage bedeutet, dass Futtersäuren permanent auf die Oberfläche einwirken. Deshalb wird der Beton für einen Futtertisch in die Expositionsklasse XA3 eingestuft (chemisch stark angreifende Umgebung). Hier ist dann nicht nur die Mindestdruckfestigkeitsklasse C35/C45 Pflicht, sondern auch der Schutz des Betons. Dazu kommt die mechanische Beanspruchung der Oberfläche durch die Kuh, wenn sie mit ihrer Zunge das Futter aufnimmt.

Futtertisch sanieren

Nach Professor John Fetrow von der University of Minnesota (USA) genügt eine verhältnismäßig geringe zusätzliche Futteraufnahme, damit sich die Investition in einen neuen Futtertischbelag rechnet. Er kalkuliert bei 1 kg zusätzlicher Futteraufnahme (mit 50 Pro- zent Trockenmasse) eine Mehrleistung von 1,13 kg Milch, was trotz Abzug der Futterkosten ein Plus von rund 90 Euro je Kuh und Jahr ermöglicht. Sanierungsoptionen gibt es viele, die sich teilweise auch in Eigenleistung umsetzen lassen (siehe Grafik „Unterschiedliche Sanierungssysteme“). In jedem Fall muss der Untergrund gut vorbereitet sein. Auf einer verschmutzten oder feuchten Oberfläche wird kein Belag dauerhaft halten. Meist wird abschnittsweise vorgegangen. Im ersten Schritt werden Futterreste entfernt und der Belag um die künftige Schichtdicke abgeschliffen oder gefräst. Ein Überhöhen des Belags ist nicht sinnvoll. Die dabei entstehende Kante ist stark stoßgefährdet und beim Futternachschieben störend.

Für eine dauerhafte Lösung saniert man mindestens 1,2 bis 1,5 m Futtertischtiefe oder verbreitert die vorhandene Barrenschale entsprechend. Wenn der Beton vorher rau wie Waschbeton war, fällt das Nachschieben des Futters hinterher leichter, ganz gleich ob es manuell oder durch einen Roboter erfolgt.

Der meiste Kot ist im Fressbereich

Im Fressbereich ist mit einem Anteil von 70 Prozent der höchste Kotanfall zu verzeichnen. Je häufiger Kühe den Fressgang frequentieren, desto intensiver ist die mechanische, chemische und bakterielle Belastung der Klauen. Die Laufganghygiene ist im Fressgang einem Zielkonflikt unterworfen, denn einerseits ist in diesem Bereich regelmäßiges Reinigen notwendig und andererseits stört der Mistschieber bei der Futteraufnahme, wenn er innerhalb von zwei Stunden nach der Futtervorlage zum Einsatz kommt.

Der Futtertisch sollte immer 20 cm höher sein als die Standfläche. Dann ist, wie hier auf einer Hanglage, das Futter auch ohne Weideschritt gut erreichbar.

Dank verstellbarer Fressabtrennung lässt sich die Reichweite der fressenden Kühe nachjustieren.

Der Schieber stört beim Fressen und  taucht die Beine in ein Kot-Harn-Gemisch.

Bei dieser Umbaulösung wurde der Futtertisch verkleinert und ein Futterband eingebaut.

Erhöhte Fressstände lassen sich nachrüsten. So gibt es fertige Podeste aus Beton oder Kunststoff.

Wenn man den Fressbereich mit Trennbügeln strukturiert, schafft man definierte Fressplätze und vermindert damit gegenseitiges Verdrängen der Tiere. Eine Studie zeigt eindrücklich, dass eine erhöhte Standfläche in Verbindung mit abgetrennten Fressplätzen zu einem deutlich ruhigeren Fressverhalten führt. Die erhöhten Fressstände wurden dazu in einem Praxisbetrieb nachträglich eingebaut. Nach dem Umbau kamen die Tiere weniger oft zum Fressen, aber fraßen dafür länger (siehe Grafik unten „Weniger häufig, dafür länger“). Besonders rangniedere Tiere profitieren vom Stehkomfort am Fressplatz, da die Fressplatzteiler das Verdrängen enorm herabsetzen. Insgesamt erhöhte sich die Fressdauer in der Studie um 15 Prozent.

Der tierfreundliche Fressplatz schont auch gleichzeitig die Umwelt.

Prof. Dr. Barbara Benz

Podeste nachrüsten

Damit die Podeste sicher funktionieren, muss man beim Bau auf die Details achten. Wichtig ist die Länge. Sie hängt von der Fressabtrennung ab, weil damit die Position der Kuh gesteuert wird und bei einer optimalen Länge kein zusätzlicher Reinigungsaufwand entsteht (siehe auch Grafik unten „Fressplatz auf einem Podest“). Im Neubau haben sich 155 cm bewährt.

Erhöhte Fressplätze vereinbaren klauenfreundliches Stehen mit unbeeinträchtigter Futteraufnahme.

Wichtig sind auch Fressplatzteiler an mindestens jedem zweiten Platz oder bei flexibler Ausführung der Teiler an jedem Standplatz. Sie verhindern, dass Kühe sich beim Verlassen des Fressplatzes umdrehen und die Standfläche oder sogar den Futtertisch verkoten.

Erhöhte Fressstände lassen sich nachrüsten. Der Handel bietet fertige Podeste aus Beton und Kunststoff an. Manche Landwirte betonieren die Elemente auch selbst. In diesem Fall kann in die Schalung ein Bewässerungsschlauch eingebaut werden. So lassen sich die Laufgänge im Sommer feucht halten.

Aus Sicht der Klauengesundheit kommt dem Fressplatz eine Schlüsselrolle zu. Hier halten sich die Kühe, wenn sie nicht liegen, am längsten auf. Daher ist es so wichtig, für einen klauenfreundlichen Stehkomfort zu sorgen. Auch sollten erhöhte Fressplätze immer mit verformbarem Untergrund ausgestattet sein, damit die längeren Außenklauen einsinken können und entlastet werden.

Der tierfreundliche Fressplatz ist übrigens gleichzeitig besonders umweltschonend, denn er mindert Ammoniakemissionen fast 20 Prozent. Das gelingt nicht nur, weil weniger verschmutzte und damit emissionsaktive Flächen vorhanden sind, sondern auch weil der Fressgang häufiger gereinigt werden kann. Mehr Platz benötigt die Lösung grundsätzlich nicht, denn auch ohne erhöhtes Podest nehmen die fressenden Kühe den gleichen Raum ein. Ist der vorhandene Fressgang schmaler als 3,5 m, muss gegebenenfalls darüber nachgedacht werden, den Kühen einen Teil des Futtertischs verfügbar zu machen und die Fütterung zu automatisieren. (mp) 

Prof. Dr. Barbara Benz

Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen

E-Mail: barbara.benz@hfwu.de

Gut für Tier und Mensch

Familie Hammer hatte drei Schwerpunkte beim Stallbau: Tierwohl, Arbeitserleichterung und weniger Emissionen im Stall. Auch der Fressplatzbereich ist nach diesen Aspekten konzipiert.

Florian, Eberhard und Johannes Hammer (von links) in ihrem Milchviehstall in Egenhausen.

Florian, Johannes und Eberhard Hammer bewirtschaften ihren Betrieb in Egenhausen, im Landkreis Calw, Baden-Württemberg. Die beiden Söhne und ihr Vater haben sich 2019 dazu entschlossen, auszusiedeln und neu zu bauen.

Der Stall bietet 180 Liegeplätze und drei Melkroboter. Beim Neubau kam es den Betriebsleitern auf drei Schwerpunkte an: Tierwohl, weniger Arbeitsbelastung und weniger Emissionen im Stall. Der Stallaufbau ist ungewöhnlich: sechs Reihen Liegeboxen und Futtertische auf der rechten und linken Außenseite. An einer Stirnseite befinden sich die Melkroboter. Dahinter sind die Special-needs-Bereiche. Der Stützenstall hat insgesamt eine Länge von 67 m, ist 41 m breit und am First 12 m hoch.

Die Laufbreiten an den Futtertischen liegen bei 2,80 m. Dazu kommt ein um 14 cm erhöhter Fressplatz mit einer Länge von 1,60 m und einem Gefälle von 3 Prozent. Damit soll zum einen die emittierende Fläche im Stall verkleinert werden. Zum anderen sollen die speziellen Fressplätze rangniedere Tier davor schützen, verdrängt zu werden.

Dazu tragen auch die Trennbügel bei, die nach jedem zweiten Fressplatz montiert sind. Sie verhindern auch, dass sich Tiere quer auf den Fressplatz stellen oder legen können. „Wir hatten Bedenken, dass wir die Fressplätze zusätzlich reinigen müssten, aber hier fällt kaum Dreck an und der Bereich erfüllt seinen Zweck“, erläutert Florian Hammer. An den Fressgängen befinden sich über den Laufgängen Kuhduschen. Sie sollen im Sommer die Kühe kühlen, aber auch die Laufgänge befeuchten. Das Wasser für Düsen und Dusche kommt aus einer Regenwasserzisterne. Damit die Kühe ausreichend Wasser aufnehmen, gibt es vor den Melkrobotern und am breiten Zwischengang auf der gegenüberliegenden Seite jeweils eine 1,40 m lange Trogtränke. Darüberhinaus sind weitere sechs Doppeltrogtränken über den gesamten Stall verteilt.

Dass es beim Fressen stressfrei zugeht, liegt nicht nur am erhöhten Futtertisch, sondern auch am zusätzlichen Laufhof. Der 11 m lange Außenbereich schließt an das Stallgebäude an, hat 18 zusätzliche Steh-Liege-Boxen und weitere Fressplätze. Damit liegt das Tierfressplatzverhältnis im gesamten Stall bei 1:1,17. „Der Auslauf mindert die Gesamtemissionen zusätzlich. Er wird sehr gut angenommen und vor allem rangniedere Tiere halten sich in den Steh-Liege-Boxen auf“, erklärt Senior Eberhard Hammer. Die Futteraufnahme der gesamten Herde liegt im Schnitt bei rund 17 kg Trockenmasse am Tag. Ein Futteranschieberoboter sorgt sechsmal am Tag dafür, dass die Tiere auch ans Futter herankommen.

Mehrmals am Tag schiebt ein Automat das Futter im Stall an. Das motiviert die Tiere dazu, zum Futtertisch zu kommen.

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